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Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin

Titel: Bernhard Gunther 01 - Feuer in Berlin
Autoren: Philip Kerr
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bearbeitet haben.»
    «Den wir jetzt», mischte sich der Oberst ein, «wohl besser den Fall Hermann Six nennen.» Er war vom selben Typ wie sein Vorgesetzter, nur daß er besser aussah, wenn er auch offensichtlich weniger intelligent war. Der General warf einen Blick in eine Akte, die aufgeschlagen vor ihm auf dem Tisch lag, vermutlich um anzudeuten, daß sie alles wußten, was man über mich und meine Aktivitäten wissen mußte.
    «Genau », murmelte er. Nach einer kurzen Weile sah er
    auf und sagte: «Warum haben Sie die Kripo verlassen?» «Wegen der Kohle», erwiderte ich.
    Er starrte mich verständnislos an. «Kohle?»
    «Ja doch, Sie wissen schon: Mäuse, Kies ... Geld. Da wir gerade davon reden, ich hatte vierzigtausend Mark in der Tasche, als ich in dieses Hotel einzog. Ich würde gern wissen, was aus dem Geld geworden ist. Und aus dem Mädchen, das für mich arbeitete. Name Inge Lorenz. Sie ist verschwunden.» Der General blickte den Oberst an, der den Kopf schüttelte.
    «Leider wissen wir nichts über dieses Mädchen, Herr Gunther», sagte der Oberst. <    «Danke. Ich möchte ja nicht undankbar erscheinen, aber ich hätte es lieber in einer Socke unter meiner Matratze.»
    Der General legte seine langen, dünnen Künstlerhände zusammen, als wolle er mit uns ein Gebet sprechen, und drückte die Fingerspitzen nachdenklich gegen die Lippen. «Sagen Sie mir, haben Sie jemals erwogen, zur Gestapo zu gehen?» fragte er.
    «Wissen Sie, das war kein übler Anzug, bevor man mich zwang, eine Woche darin zu schlafen. Er riecht vielleicht ein bißehen, aber so schlecht nun doch nicht.»
    Er rümpfte belustigt die Nase. «Die Fähigkeit, ebenso freche Sprüche zu klopfen wie Ihr literarisches Ebenbild ist eine Sache, Herr Gunther», sagte er. «Aber auch so zu handeln ist eine ganz andere. Ihre Bemerkungen zeigen entweder einen erstaunlichen Mangel an Urteilsvermögen, was den Ernst Ihrer Lage anbetrifft, oder wirklichen Mut.» Er hob die goldgelben, dünnen Augenbrauen und begann mit dem Deutschen Reiterabzeichen auf seiner linken Brusttasche zu spielen. «Ich bin von Natur aus ein Zyniker. Ich denke, das sind alle Polizisten, nicht wahr? Also würde ich normalerweise dazu neigen, Sie auf den ersten Blick für einen Prahlhans zu halten. In einem besonderen Fall erscheint es mir jedoch richtiger, an Ihre Charakterstärke zu glauben. Bitte enttäuschen Sie mich nicht, indem Sie etwas wirklich Dummes sagen.» Er hielt einen Augenblick inne. «Ich werde Sie in ein Konzentrationslager schicken.»
    Mein Fleisch wurde so kalt wie die Auslage eines Metzgers. Ich trank den Rest Schnaps und hörte mich sagen: «Hören Sie, falls es um die lausige Milchrechnung geht ... » Die beiden grinsten ausgiebig und ergötzten sich an meinem offensichtlichen Unbehagen.

    « Dacha u », sagte der Oberst. Ich drückte meine Zigarette aus und zündete mir eine neue an. Sie sahen, daß meine Hand zitterte, die das Streichholz hielt.
    « Machen Sie sich keine Sorgen», sagte der General. « Sie werden für mich arbeiten.»
    Er kam um den Tisch herum und setzte sich vor mich auf eine Ecke.
    « Und wer sind Sie? »
    « Ich bin Obergruppenführer Heydrich.» Er deutete auf den Oberst und kreuzte die Arme. « Und das ist Standartenführer Sohst vom Sonderkommando. »
    « Erfreut, Sie kennenzulernen. » Ich war es nicht. Sonderkommando, das waren die ausgesuchten Gestapo-Totschläger, von denen Marlene Sahm gesprochen hatte.
    « Ich habe seit einiger Zeit ein Auge auf Sie gehabt», sagte er. « Und nach dem unglücklichen kleinen Vorfall im Strandhaus am Wannsee ließ ich Sie rund um die Uhr überwachen in der Hoffnung, Sie würden uns zu gewissen Papieren führen. Ich bin sicher, daß Sie wissen, welche ich meine. Statt dessen lieferten Sie uns das Zweitbeste - den Mann, der ihren Diebstahl plante. Im Lauf der letzten Tage, während Sie unser Gast waren, haben wir Ihre Geschichte überprüft. Es war der Autobahnarbeiter, Bock, der uns sagte, wo wir nach diesem Mutschmann suchen mußten - dem Safeknacker, der jetzt die Papiere hat.»
    « Bock? » Ich schüttelte den Kopf. « Ich glaube es nicht. Er ist nicht der Typ, einen Freund zu verpfeifen.»
    « Er hat's getan, das versichere ich Ihnen. Oh, ich meine nicht, daß er uns genau gesagt hat, wo wir Mutschmann finden können, aber er brachte uns auf die
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