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Bergrichters Erdenwallen

Bergrichters Erdenwallen

Titel: Bergrichters Erdenwallen
Autoren: Arthur Achleitner
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Bianca ihre Sprößlinge, und die Überraschung war so groß, daß die Richterin im Schrecken die Butterdose fallen ließ.
    Die Mädchen benutzten die momentane Verwirrung, um in rasenden Sprüngen sich nach außen in Sicherheit zu bringen; Bianca stand allein vor der Bescheerung, fassungslos für den Augenblick, doch fand sie sogleich die Sprache wieder, als Herr Ehrenstraßer eintrat und in seiner ruhigen Weise der Gattin einen „Guten Abend“ wünschte.
    Ein Wortschwall ergoß sich über den Richter, welcher verwundert den Scherbenhaufen betrachtete und sich ein spöttisches Lächeln nicht versagen konnte. „Eine schöne Bescheerung das! Die Mädels treiben es bunt!“
    Sofort nahm Frau Ehrenstraßer Ihre Kinder in Schutz; schuld an den skandalösen Verhältnissen im Hause seien die Dienstboten und Emmy, die sich so viel wie gar nicht nach Recht und Pflicht um das Hauswesen kümmere.
    Ein ernster Blick traf die Gattin und ebenso ernst klang die Erwiderung. „Das Hauswesen und die Führung des Haushaltes ischt doch wohl deine Sache als Frau und Mutter! Und Emmy ischt wohl deine Stieftochter, keinesfalls aber dein Dienstmädchen! Ich hoffe, du wirst dir das merken! Im übrigen dürfte Emmy die längste Zeit im Hause gewesen sein!“
    „Come?“ rief überrascht die Gattin.
    „Emmy war heute zu ganz ungewöhnlicher Zeit bei mir in der Kanzlei und gestand, daß der Sohn des Cementfabrikanten Ratschiller sie um ihre Hand gebeten habe!“
    „Welche Neuigkeit! Und was haben du gesagt, carissimo?“
    „Die Sache muß denn doch erst geprüft und überlegt werden!“
    „Ha! Emmy sein also sposa felice, ich gratulieren! Gleich ich wollen der Braut wünschen Glück!“ Mit dem Feuer ihres südländischen Temperaments wollte Frau Bianca forteilen, die Stieftochter, welche ein Zimmer im oberen Stockwerk bewohnt, aufzusuchen.
    Doch der Richter hielt die Gattin zurück. „Keine Übereilung, Liebste! Wir sind noch nicht so weit und“ — Ehrenstraßer hielt inne, er wollte es nicht aussprechen, daß ihn die übergroße Freude der Gattin über den Weggang Emmys aus dem Hause wenig angenehm berühre.
    Aber Frau Bianca war Feuer und Flamme für das Heiratsprojekt und riß sich los.
    „Bleib'! Und sorge dafür, daß die Bescheerung da weggeschafft wird! Man müßte sich ja schämen, wenn ein Besuch diese Wirtschaft erblickte!“
    „Sollen Domestiken ausputzen! Ich müssen zu Emmy!“ Und fort rauschte die Gattin.
    Herr Ehrenstraßer begab sich seufzend in seine Stube, die sein Tuskulum im sonst so lärmerfüllten Hause ist, wo er sich einigermaßen ungestört den Studien seines Faches hingeben kann in den wenigen ihm verbleibenden freien Stunden. Diesmal sollte dem fleißigen Manne freilich nur ein Halbstündchen Ruhe beschieden sein, denn die Mädchen hatten es bald los, daß Mama im obern Stockwerk bei Emmy weilt, und sogleich ward ein Kriegsspiel insceniert, dessen Lärm häuserweit zu hören war.
    Der seelensgute Vater legte seufzend das juristische Litteraturblatt aus der Hand und begab sich in den Flur zum Schauplatz des Damenkrieges, um Ruhe zu gebieten.
    Im drolligsten Kauderwelsch erklärten die Mädchen, daß sie ja nur ein Indianerspiel vollführten und Papa möge sie nicht stören.
    „Kinder, gebt Ruhe! Der Lärm ischt zu groß! Mädchen sollen überhaupt ruhig spielen. Nehmt euere Puppen! Indianerspiele treiben nur wilde Buben!“
    „Wir sein anche Bubi! Juih!“ lärmten die Racker und balgten sich wie toll.
    „Herr meines Lebens! So kann es nicht weiter gehen! Ruhig, Kinder! Oder es setzt Hiebe ab!“
    „Papa uns nit slag!“ lachten die Mädchen und wirbelten die Treppe hinunter, um im Garten weiter zu spielen.
    „Eine heillose Wirtschaft!“ seufzte Ehrenstraßer und zog sich in seine Stube zurück.
    Ärgerlich kam Frau Bianca von Emmy herunter. Die stürmischen Glückwünsche zur Verlobung hat die Stieftochter höflich, doch kühl entgegengenommen und dafür gedankt mit der Einschränkung, daß Papa seine Genehmigung noch nicht gegeben habe, daher die Angelegenheit noch nicht spruchreif sei. Allem weiteren Drängen auf Mitteilung, wo sich das Paar kennen und lieben gelernt, setzte Emmy Schweigen gegenüber und bat schließlich, ihr die Antwort erlassen zu wollen. So sah denn die Stiefmama ihre Neugierde unbefriedigt und verletzt zog sie andere Saiten auf, indem sie scharfen Tones Emmy ersuchte, unten im Wohnzimmer gefälligst Ordnung zu schaffen.
    „Ich komme gleich!“ hatte Emmy erwidert, als
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