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Benny und Omar

Benny und Omar

Titel: Benny und Omar
Autoren: Eoin Colfer
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lächelte ihnen aufmunternd zu.
    »Der Anfangsvertrag eures Vaters läuft über zwölf Monate.«
    »Ein Jahr!« Jemand drehte den Hahn wieder an.
    »Ein Jahr, Dad! In irgendeinem …«
    Benny steuerte auf einen Kraftausdruck zu. Das wäre der erste in Anwesenheit seiner Eltern. Aber er hatte das Gefühl, das sei der Situation angemessen. Als er sich jedoch endlich für einen entschieden hatte, verließ ihn der Mut. Jessica stürzte sich auf ihren verzweifelten Jüngsten und tröstete ihn. Dad rieb sich die Stirn und strich immer wieder seinen ererbten Wirbel platt.

Eine höllische Woche
    Die größte seelische Pein, die Benny Shaw je erdulden musste, war die siegreiche Heimkehr Wexfords, seiner Mannschaft, vom Endspiel in Leinster. Er konnte sich nicht entscheiden, ob er überglücklich sein oder spontan platzen sollte. Wochenlang ging jeder Gedanke an Tunesien in einem Taumel hysterischer Gefühle unter: Wexford könnte in das Endspiel um die irische Meisterschaft kommen. Das war einfach das Größte!
    Pat Shaw, der wegen des Umzugs ohnehin ein schlechtes Gewissen hatte, konnte leicht dazu gebracht werden, zwei Karten für das Halbfinale zu besorgen. Und so saßen an jenem historischen Augustwochenende Vater und Sohn zusammen im Croke-Park-Stadion. Sie kippten lauwarme Fanta hinunter und mampften zerkrümelte Kartoffelchips, während sie aus der Sicherheit des purpur-goldenen Blocks der Wexford-Fans dem Gegner aus Offaly harmlose Beschimpfungen entgegenschleuderten. Nach dem Schlusspfiff des Schiedsrichters schließlich fielen sie wildfremden Menschen und sogar einander in die Arme. So ein Tag war das. Wexford stand im Endspiel um die irische Meisterschaft! Der Traum jedes Wexford-Fans war wahr geworden. Pat Shaw zog seinen Sohn eng an sich und bedauerte, dass dieser Sommer fast vorbei war. In seinem Herzen hielt er das Bild fest und bewahrte sich den kostbaren Augenblick für alle Zeit. Irgendwie kletterte Benny an ihm hinauf und schwang sich wie ein Affe auf seine Schultern. Pat Shaw packte die Knöchel seines Sohnes und stimmte in das Gebrüll der Menge ein: »Wexford vor!«
    Aber kein Sommer ohne Mücken: Das Endspiel war auf Anfang September angesetzt. Und sie zogen Mitte August nach Tunesien um. Dann war der Knabe vielleicht nicht mehr so wild darauf, ihn zu umarmen.
     
    Familienversammlung. Dad hatte dieses Wort aus der Cosby-Show oder so.
    »Gut, Jungs. Wir rekapitulieren: In zwei Tagen geht’s los. Am Samstag, den vierundzwanzigsten. Zwei Flüge: Dublin – Heathrow. London – Tunis. Dann per Geländewagen runter nach Sfax. Noch Fragen?«
    »Ich verpasse das Finale.«
    »Das ist keine Frage, Benny.«
    »Aber es ist wichtig.«
    »Ich verstehe dich, mein Junge. Wir alle verpassen es. Dieses Opfer müssen wir für die Familie bringen. Für die ganze Familie.«
    »Ja, sicher. Georgie ist am Boden zerstört.«
    »Und was ist mit mir?« Pat Shaw artikulierte seine Worte sehr deutlich. »Ich warte auf dieses Spiel schon länger, als du überhaupt auf der Welt bist.«
    »Genau«, stimmte Benny zu. »Es ist unfair, dass ausgerechnet du es verpassen sollst. Wir könnten Mam und dem Schlei… George einfach nachfolgen.«
    »Benny, du machst es uns nicht gerade leicht.«
    »Ja, gut …«
    »Wir alle bringen Opfer, Bernard«, mischte sich Jessica ein. »Ich verpasse das Opernfestival. Es ist das kulturelle Ereignis des Jahres.«
    »Oh, wie grauenvoll.«
    Pat und Jessica wechselten besorgte Blicke. Beide wollten sie Bennys Spott nicht einfach niederwalzen. Seine Psyche musste sich schließlich noch entwickeln. Aber andererseits war das Maß an Egoismus, das sie ertragen konnten, begrenzt.
    »Ich verpasse das wichtigste Ereignis meines jungen Lebens«, fuhr Benny ungerührt fort. »Und George entgeht die Chance, sich wie eine Tunte rauszuputzen. Eine Tragödie für die freie Welt.«
    Pat Shaw hatte die Nase voll. Nur die Hand seiner Frau auf seinem Knie hielt ihn davon ab, sich auf seinen Sohn zu stürzen. Jessica Shaw kam zu dem Ergebnis, dass die Zeit der netten Worte vorüber sei.
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Benny«, sagte sie mit einem gefährlichen Lächeln. Benny hörte zu. Mam hatte ihn Benny genannt. Außerdem war ihr Akzent kaum noch wahrzunehmen.
    »Was fällt dir eigentlich ein, so zu tun, als sei dein Leben wichtiger als unseres! Was fällt dir ein, ein blödes Ballspiel über das Wohlergehen dieser Familie zu stellen! Glaubst du etwa, einen Einzigen von uns zieht es in so ein verdammtes afrikanisches
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