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Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)

Titel: Bekenntnisse eines friedfertigen Terroristen (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
Autoren: Alex Gilvarry
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Rechten gesehen, versucht aber, dieses Image abzustreifen.
    »Haben Sie mit ihr geredet?«
    »Ich bin zu verbittert, um Michelle dieses Stück je zu verzeihen.«
    Mit der Fernbedienung wählte er einen Song von Chloë aus, der Schauspielerin/Sängerin/Songwriterin, die die Hauptrolle in der Broadwayproduktion von Im Bett mit dem Feind spielte. Eine Weile sahen wir nur zu, wie der Text ihrerHit-Single »Chas-titty« nach und nach auf dem Bildschirm erschien, hinterlegt von einer Slideshow von Bildern aus aller Welt: London, Bangkok, Amsterdam, Helsinki.
    »Ich kann immer noch nicht begreifen, was alles passiert ist«, sagte Boy.
    »Es tut mir leid.« Mehr fiel mir nicht ein.
    »Ich habe ein Bekenntnis«, erklärte er.
    Mir wurde unwohl. Ich hatte Angst, dass er gegen die Schweigeklausel verstoßen würde und das Pentagon irgendwie dahinterkäme, selbst wenn ich nicht darüber schrieb. »Sie müssen überhaupt nichts sagen, Boy. Ich bin als Freund hier, nicht als Journalist.«
    Er lachte. »Nein, das würde ich Ihnen doch nicht antun, Mann!«
    Ich erfuhr nun überhaupt erst von dem Dokument, das Boy für seinen FBI-Vernehmer geschrieben hatte. Catallano hatte Druck auf das Pentagon ausgeübt, die Aufzeichnungen an Boy zu übergeben, und zeigte sich auch deshalb optimistisch, weil sie bei Boys Tribunal als Beweis verwendet wurden und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden mussten.
    »Könnten Sie das Ganze für mich lesen?«, bat er. »Wenn es geht, würde ich gern Ihre Meinung hören, ob es sich veröffentlichen ließe. Mir ist wichtig, dass sich jemand darum kümmert, den ich kenne … und der mich schon vor der ganzen Sache kannte.«
    Boy erklärte, dass das Bekenntnis sein Leben in Amerika bis zu seiner Verschleppung beschrieb. Mich überraschte sehr, dass es außerdem ein Porträt des Inselgefängnisses in seiner brisantesten Zeit war.
    Ich willigte ein.
    Wieder redete Boy über Brewbakers Theaterstück. Er hielt es nicht aus, dass es das einzige schriftliche Dokument über seine Zeit als »Fashion Terrorist« war. Wenn er sein Bekenntnis nun veröffentlichen könnte, wäre die Zeit im Gefängnis nicht völlig umsonst gewesen. So wollte Boy die Zügel wieder selbst in die Hand nehmen, sich die Macht zurücknehmen, die seine Verschlepper immer noch über ihn hatten. Wenn seine Worte die Kraft gehabt hatten, den Chef der Militärkommission in Washington von seiner Unschuld zu überzeugen, dann könnten sie womöglich auch sein Exil beenden. Für Boy war die Veröffentlichung seines Bekenntnisses der erste Schritt zu seiner Rückkehr nach Amerika.
    Es klopfte, und Von Trump gesellte sich zu uns. Sie trug immer noch das rote Pailletten-Schlauchkleid und die blonde Perücke von ihrem Auftritt. Nachdem sie sich mir vorgestellt hatte, setzte sie sich neben Boy auf das Plüschsofa und legte ihm die Hände aufs Bein. Wir unterhielten uns wieder über Mode. Er wollte Von Trump erklären, wie groß er in New York gewesen war, dass sein Name in aller Munde war und seine Kleider die Modeseiten aller großen Zeitschriften geziert hatten. Sie sollte hören, wie sehr die anderen Designer ihn schätzten, wie sehr ich ihn schätzte, und er konnte nicht verbergen, wie wichtig es ihm war, all das auch selbst wieder zu hören. In seinem manischen Schwung wirkte es, als würde er wie ein Flummi zwischen den rot ausgepolsterten Wänden des kleinen Raums hin und her springen. Von Trump sagte, so habe sie ihn noch nie erlebt. Er legte mir den Arm um die Schulter und fragte mich: »Gil, wie hieß noch mal der Artikel, den Sie über mich geschrieben haben? Sagen Sie es ihr, ich hab’s vergessen.«
    »Er hieß: ›Herbst 2006 – The Fall of Boy‹.«
    Natürlich hatte er es nicht vergessen. Nie im Leben. Aber er musste sich versichern, dass sich außer ihm noch jemand daran erinnerte. Dann blickte er in die Ferne, als würde er durch mich hindurchschauen, und stellte sich jeden einzelnen Menschen vor, dem sein Name je ein Begriff gewesen war.

...
    DANKSAGUNG
    ...
    Mein tiefster Dank gilt dem Hunter College, der überaus großzügigen Hertog Fellowship und der Norman Mailer Writer’s Colony. Ich danke von ganzem Herzen meinem Agenten, Seth Fishman, für seinen Grips und seine Hingabe sowie meiner Lektorin Liz Van Hoose, einer Hüterin der Wörter. Ein Dankeschön an meine Freunde und Kollegen für ihre unermüdliche Unterstützung und an Dr. Juan und Selfa Peralta und Ashley Mears.
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