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Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 2) (German Edition)

Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 2) (German Edition)

Titel: Beim ersten Sonnenstrahl (Teil 2) (German Edition)
Autoren: Inka Loreen Minden
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wissen.
    »Ich hab es nie gelernt. An dem Tag hab ich wohl gefehlt.«
    »Du hast deine Ausbildung geschwänzt?«
    »Ich war kein gelehriger Schüler.« Zahar blickte über seine Schulter und grinste verschmitzt. Seine Fangzähne glänzten im matten Licht. Das erinnerte David an den Beinahe-Kuss. Könnte Zahar ihn mit den scharfen Zähnen verletzen?
    »Wir Gargoyles sind allgemein keine guten Schwimmer. Die Schwingen behindern uns.«
    »Tatsächlich?« David erinnerte sich an die Abbildung des Drac hen un d der Frau in Vaters Notizbuch. »Stimmen die Geschichten, die uns Magiern beigebracht werden? Ihr stammt von Drachen ab?«
    »Hm«, brummte Zahar. »Noch heute leben wir von den Schätzen, die unsere Drachenväter gehortet haben.«
    »Wie könnt ihr von den Schätzen leben, wenn ihr euch niemandem zeigen dürft?«
    »Wir haben sehr wenige Mittelsmänner unter den Menschen, die unsere Reichtümer gegen andere Gegenstände eintauschen, die wir zum Leben brauchen«, sagte Zahar. »Meist sind es Menschen wie du. Magier, Hexen, Lichtelfen.«
    David ließ den Kopf sinken. »Ich bin kein richtiger Magier.«
    »Möchtest du denn einer sein?«, fragte Zahar.
    Schulterzuckend erwiderte er: »Ich weiß nicht. Ich glaube, ich habe im Schreiben meine Leidenschaft gefunden. Schreiben und Lesen, das macht mir Spaß.«
    »Und neugierige Fragen stellen«, sagte Zahar.
    David schaute in sein Gesicht. Zahars Lächeln wärmte sein Herz. »Du interessierst mich eben. Alles an dir ist geheimnisvoll und faszinierend.« Sein Freund stammte also von Drachen ab. David besaß ein Buch über diese Wesen. Als Kind hatte er es geliebt. Darin standen allerhand Berichte und Fakten. Drachen lebten in Höhlen und hielten sich manchmal einen Hofstaat aus menschlichen Dienern. Nicht selten war es vorgekommen, dass sich ein Drache und eine Menschenfrau, die dem Ungetüm geopfert werden sollte, verliebten. Und da sich manche Drachen auch in Menschen und andere Wesen verwandeln konnten, hatten sich die Arten wohl vermischt. In Davids Buch gab es Geschichten über Liebe zwischen Frauen und Drachenmännern.
    Menschen, Drachen, geopferte Jungfrauen, Evolution … Zahar besaß Hörnerstummel, Schwingen, Klauen, aber einen aufrechten Gang, glatte Haut, keine Schuppen und den Körperbau eines Menschen.
    Charles Darwin und sei ne Beiträge zur Evolutionstheorie kamen David in den Sinn. Somit war Zahar eine Mischung aus Mensch und Drache. Ein Drachenmensch. Nur eines passte nicht in dieses Schema: »Wenn ihr von Drachen abstammt, warum werdet ihr dann zu Stein? Das erschließt sich mir nicht.«
    »Wir wurden verflucht. «
    Granny hatte dasselbe erzählt!
    »Was weißt du über den Fluch? Wer hat euch das angetan?« Davids Puls klopfte so hart, dass er ihn am Hals spürte.
    »Die Legenden erwähnen nicht viel. Es sollen Schlangenpriester gewesen sein, die unser Volk vor Tausenden von Jahren verwü nschten.«
    »Sie müssen sehr mächtig gewesen sein, um solch einen Zauber zu wirken.« Und einen guten Grund gehabt haben.
    Ob Vater mehr herausgefunden hatte? Wenn er doch endlich den Code hätte! David hatte bereits mehrere Wörter ausprobiert, aber keines hatte gepasst. Falls Vater überhaupt die klassische Verschlüsselung gewählt hatte, indem man ein Codewort wählte, das keine doppelten Lettern enthielt. Das stellte man voran und führte das Alphabet mit den fehlenden Buchstaben fort. Darunter schrieb man das Alphabet in der richtigen Reihenfolge und schon hatte man den Schlüssel.
    »Einmal die Welt bei Sonnenschein sehen … Was würde ich dafür geben«, sagte Zahar und es klang bedrückt.
    Davids Herz wurde schwer. »Ich würde den Fluch von dir nehmen, wenn es in meiner Macht stünde. Glaube mir.« Ob Vater den Fluch hatte brechen können? Wohl kaum, denn so ein uralter, Jahrtausende währender Zauber war mächtig. Sehr mächtig. Außerdem müsste er dazu wissen, welche Magie damals gewirkt wurde, oder es könnte übel für denjenigen enden, der versuchte, den Fluch zu brechen. Bestimmt hätte das auch enorme Auswirkungen auf das Leben der Gargoyles. Seit Jahrhunderten wurde der Fluch weitervererbt, ihre Körper hatten sich daran angepasst, brauchten den Steinschlaf. Vielleicht würden sie sogar sterben …
    »Wir sind da.« Zahar blieb stehen und hielt ihn zurück. Beinahe wäre er die Uferböschung hinuntergefallen. Zahars Arm lag um seiner Taille. Leicht lehnte sich David an ihn. Wie wunderschön es hier war. Mondlicht überzog die stille Oberfläche
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