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Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)

Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)

Titel: Bei Tränen Mord: Roman (German Edition)
Autoren: Angelika Lauriel
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alle im Umkreis von
mindestens fünf Metern mithören können, meinen Besuch bei Facebook getadelt hat.
»Wenn ich Sie noch mal erwische, bekommen Sie ernsthafte Probleme, Frau Schober.«
    Eine gefühlte
Ewigkeit später gibt Maurice mir ein Zeichen, dass der Chef endlich in seinem Glaskasten
verschwunden ist, ich zerre das Headset von meinem Kopf und renne damit zur Toilette.
In meiner Tasche habe ich für alle Fälle desinfizierende Tücher dabei und bin heilfroh
darüber. Sonst benutze ich sie immer für die Klobrille, aber dieser Notfall hier
scheint mir noch deutlich dringender als die Hygiene auf der Damentoilette. Im Spiegel
suche ich mein Gesicht nach Pickeln oder Pusteln ab und nehme erst nach und nach
wahr, dass zwei Frauen sich hinter mir über die Toilettenwände hinweg unterhalten.
    »Ehrlich?
Das is jo der Hammer.«
    »Jo, ich
hab’s genau gehört, ich sitz doch direkt neben dem Dürri seinem Büro.«
    Dürri …
Ich beschließe spontan, diese Abkürzung in meinen Wortschatz zu übernehmen, sie
ruft so ein passendes Bild unseres mickrigen, vertrockneten Chefs hervor.
    »Den Schaaf
han se vorgestern überfahren. In der verkehrsberuhigten Zone, stell dir das bloß
mal vor.«
    »Der Schaaf
… Mit dem hatt’ ich schon zu tun, aber das war vor Ewigkeiten. In den letzten Monaten
drückt der Dürri die saarländischen Horrorkunden immer dem Lucy aufs Auge.«
    »Stimmt,
is mir auch aufgefallen.« Eine Klospülung rauscht. Achtung, gleich wird die Erste
nach draußen kommen. Doch offenbar zieht sie sich erst noch an, ich höre das Knistern
der Nylonstrumpfhose.
    »Das Arme.
Weshalb hat er das bloß so auf ’m Kieker?«
    Die Zweite
lacht trocken. »Anscheinend wär er ihm gern mal an die Wäsche gangen, aber es Lucy
hat ’ne nit rangelassen.«
    »Hätt ich
allerdings auch nit.« Ich höre, dass sie ihren Rock glatt streicht, und weiß nun
auch, wessen Stimme es ist. Eine meiner älteren Kolleginnen, Herta, die ich sehr
mag. Ich bezweifle, dass Dürri ihr an den Speck gewollt hätte, aber das tut jetzt
natürlich nichts zur Sache. Erschreckend, welche Gerüchte hier so brodeln. Mit Erleichterung
registriere ich allerdings, dass die Mädels mir gegenüber wohlwollend sind.
    Die zweite
Klospülung läuft, gleichzeitig öffnet Herta ihre Tür und tritt in den Flur, bleibt
wie angewurzelt vor mir stehen und läuft puterrot an. Ich lächle nonchalant und
lasse sie vorbei zum Waschbecken. Die andere hat offenbar nicht mitgekriegt, dass
die Lage sich geändert hat, sie spricht munter weiter, während sie unter leisem
Ächzen ihre Hose zuzuknöpfen scheint.
    »Na ja,
manchmal is es Lucy ja schon e’ bisschen kess. Vielleicht is die Horrorliste dem
Dürri seine Quittung.« Jetzt entriegelt sie das Schloss, während sie weiterspricht:
»Der Malermeister hat jo auch auf der Liste gestand…« Bei den letzten Worten öffnet
sie die Tür und steht vor mir. Auch Chrissi läuft rot an und verstummt schlagartig.
    Im Grunde
kann ich ihnen keinen Vorwurf machen. Sie haben nichts Negatives über mich gesagt.
Aber was ist da los mit dem Schaaf und dem Malermeister? Ich weiß natürlich, wen
sie meinen. Der Malermeister hat vor ein paar Wochen die Villa meiner Eltern neu
gestrichen. Dass er einer der Horrorkunden war, fand ich nur zufällig heraus, als
ich ihn im Namen meiner Mutter anrufen musste, um eine Terminabsprache zu treffen,
weil sie selbst zwei Tage weg war und mein Vater eine lange Schicht im Krankenhaus
hatte (sagte er). Nachdem ich mich mit meinem vollen Namen gemeldet hatte, hörte
ich am anderen Ende der Leitung ein Keuchen, dann stammelte er: »Lucinda Schober
von der Mediaboutique?«
    Mir schwante
gleich nichts Gutes, aber ich rechnete einfach nicht damit, im Zusammenhang mit
meinen Eltern auf einen der schlimmsten Proleten von der Arbeit zu treffen. Also
sagte ich arglos: »Ja, die bin ich.«
    Er stieß
eines dieser grässlichen Stöhnen aus, das er mir immer entgegenblies, wenn ich ihn
vom Callcenter aus anrufen musste, was ich weiß Gott vermieden hätte, wenn mir nicht
der Dürri im Nacken gesessen hätte.
    »Gut zu
wissen.«
    Ich schluckte.
»Ääh, ja, es geht um den morgigen Termin am Haus meiner Eltern …«
    »Moment«.
Er gab sein Handy an einen Mitarbeiter weiter, mit dem ich das klären konnte. Anschließend
vergaß ich die Angelegenheit. Bis ich erfuhr, dass der Meister höchstselbst kurz
vor Fertigstellung der Villa vom Gerüst stürzte. Ausgerechnet an dem Tag, an dem
ich – vergessen oder
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