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Bei Tag und Nacht

Titel: Bei Tag und Nacht
Autoren: Kat Martin
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General Manfred Klammer eingesetzt war.
    Zwei Monate nach Eintreffen des Briefes war Karl tot.
    Sie hatten keine weitere Nachricht von ihm erhalten. Auch sonstige Anhaltspunkte gegen die betreffenden Männer fehlten.
    Elissa schwor sich zum soundsovielten Male, daß sie den Mord an ihrem Bruder rächen und unter allen Umständen verhindern wollte, daß auch ihr jüngerer Bruder Peter ein sinnloses Opfer der Politik würde.
    Elissa stand vor dem Kristallspiegel in ihrem Schlafzimmer, und betrachtete ihre sorgfältig gekleidete und frisierte Erscheinung. Heute würde es in Blauenhaus einen Empfang für die Diplomaten und Staatsmänner geben, die mit dem Kaiser nach Baden gekommen waren. Sie mußte auf jeden Fall die Rolle spielen, in der sie gekommen war, nämlich die der Gräfin von Langen, Witwe des wenig bekannten, aber einst reichen österreichischen Grafen. Als diese Person trat sie seit ihrer Ankunft in Wien auf.
    Die junge Dame glättete den schmalen Rock ihres elfenbeinfarbenen Seidenkleides, dessen Ausschnitt so viel tiefer war als bei den Kleidern, die sie zu Hause zu tragen pflegte. Das Kleid hatte früher ihrer besten Freundin Gabriella Warrington, der Tochter des Herzogs von Melbourne, gehört. Sie waren sich im Pensionat begegnet, und obwohl Gaby aus einem herzoglichen Palast außerhalb Londons und Elissa aus einem Landhaus in Cornwall stammte, waren sie schnell Freundinnen geworden.
    Gaby hatte ihr auch geholfen, ihre Reise nach Wien zu organisieren, hatte darauf bestanden, daß sie ihre Kleider übernahm, von denen sie behauptete, sie wären alt und müßten ohnehin ausrangiert werden; obendrein ließ sie sie für Elissas schlankere Figur umändern. Außer Gaby hatte sie nur die wenig begeisterte, aber doch notwendige Hilfe ihrer Mutter zu ihrer Vorbereitung gehabt.
    »Gibt es sonst noch etwas, Mylady?« Ihre Zofe, Sophie
    Hopkins, ein schmales, dunkelhaariges Mädchen, das ein paar Jahre jünger war als Elissa, stand neben ihr bereit. Elissa hatte sie in London zu ihrer Begleitung nach Wien angeheuert.
    »Ich glaube nicht, Sophie. Gib mir nur mein Täschchen, dann bin ich fertig.«
    Das Mädchen reichte ihr eine zum Kleid passende elfenbeinfarbene Tasche, gesäumt mit demselben golddurchwirkten Tüll, der auch die herrliche Robe zierte. »Ihr seht sehr schön aus, Mylady!«
    »Danke.« Sie hoffte, daß dem wirklich so war. Unbedingt mußte sie aussehen wie eine perfekte Lady aus der Oberschicht. Wenn ihre Mutter nicht gewesen wäre, hätte sie nicht die geringste Aussicht auf Erfolg gehabt. Aber nachdem Octavia Elissas Plan schließlich doch akzeptierte, hatte sie sich aufgerafft, ihre Tochter in der angestrebten Rolle zu unterrichten; denn ihre Mission wurde mit jedem Tag dringender, den Napoleon einem Krieg gegen Österreich näher kam.
    »Oje, beinah hätte ich vergessen ...« Sophies Hand hob sich zu einer ihrer lebhaften Gesten. Das Mädchen schien nicht reden zu können, ohne daß ihre Hände dabei durch die Luft fuhren. »Botschafter Pettigru hat einen Lakaien geschickt, um mitteilen zu lassen, daß er im Rubinsalon wartet; er will Euch zum Empfang begleiten.«
    Elissa nickte nur. Pettigru erwartete sie. Ihr Plan geriet ins Rollen. Sie straffte ihre Schultern und ging zur Tür.
    Der extravagante kleine Salon in Blauenhaus - der alles andere als klein war, dachte Adrian Kingsland - funkelte wie ein prächtiger Edelstein, mit dem er durchaus Ähnlichkeiten besaß. Unter einer üppigen Rokokodecke, einem wolkenerfüllten Himmel, tummelten sich Putten, spannen kristallene Leuchter ein Netz aus goldenem Licht über Österreichs Hochadel. Reiche Fürstlichkeiten begegneten den Führern mächtiger Armeen, Diplomaten und Staatsmännern.
    Adrians Regiment war vor über einem Monat in dieses Land gekommen, um die englischen Minister, Botschafter und Gesandten zu unterstützen, die auch weiterhin herbeireisten, in der Hoffnung auf ein Staatenbündnis - der fünfte derartige Versuch seit dem Beginn der napoleonischen Kriege.
    Der Colonel, der unter dem Befehl von General Artemis Ravenscroft stand, war vorübergehend als diplomatischer Verbindungsmann zu den Dritten Dragonern abkommandiert. Er nippte an einem Glas Champagner und beobachtete die elegant gekleideten Damen im glitzernden Salon, erforschte jedes Gesicht, ob er nicht das eine fände, dem er zufällig in der vergangenen Nacht begegnet war.
    Bis jetzt hatte er sie noch nicht entdeckt.
    »Vielleicht hat die Dame von deiner Ankunft erfahren und sich
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