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Beherrscher der Zeit

Beherrscher der Zeit

Titel: Beherrscher der Zeit
Autoren: A. E. van Vogt
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Möglicherweise handelte es sich hier um eine geistige Kontrolle.
    Plötzlich wurde er sich wieder seiner persönlichen Lage bewußt. Was war der Zweck dieser Vorbereitungen, wie die Maschine es genannt hatte? Zeigten sie ihm diese abschreckende Szene, um seine Reaktion zu beobachten? Wilde Wut brandete in ihm hoch. Was erwarteten sie denn von einem Menschen, der im zwanzigsten Jahrhundert aufgewachsen war? Nichts hier hatte auch nur das geringste mit seiner intellektuellen Überzeugung zu tun, daß er in der Falle saß und deshalb alles mitmachen mußte. Aber viertausend Männer in einer Stunde! Aus einer einzigen Stadt! Das schlug ihm doch auf den Magen.
    »Und hier«, sagte Dr. Lell, und seine Stimme war dabei so ruhig und unbewegt wie ein stiller Weiher, »ist einer der mehreren hundert kleineren Räume, die in einem großen Kreis um die Hauptzeitmaschine angelegt sind. Sie werden feststellen, daß der Tumult und die Aufregung hier geringer sind.«
    Reine Untertreibung, dachte Garson. Hier herrschte überhaupt kein Tumult. Die Männer saßen in bequemen Sesseln oder auf weichen Sofas. Manche blätterten in Zeitschriften und Büchern. Andere unterhielten sich. Es sah aus, wie in einem Stummfilm: ihre Lippen bewegten sich, aber kein Laut drang durch die illusionäre Transparenz des Bodens.
    »Ich zeigte Ihnen das Zwischenstadium nicht«, sagte die ruhige, selbstbewußte Stimme, »die zu dieser klubähnlichen Atmosphäre führte. Tausend verängstigte Männer, die sich vor eine unbekannte Gefahr gestellt sehen, können leicht Schwierigkeiten machen. Aber wir sieben sie aus, psychologisch und physisch, bis wir einen Mann haben, der durch diese Tür am Ende des Zimmers geht – ah, einer ist gerade dabei. Wir wollen nicht versäumen, ihm zu folgen. Sehen Sie, in diesem Stadium hören wir auf, sie mit Glacéhandschuhen anzufassen, und zeigen ihnen statt dessen die nackte Wirklichkeit.«
    Die Wirklichkeit war ein metallener, heizungskesselähnlicher Behälter mit einer schweren Stahltür. Vier der tierischen Menschenwesen packten den überraschten, völlig unvorbereiteten Mann und stießen ihn durch die Tür.
    Der Mann mußte geschrien haben und Garson sah, daß sein Gesicht von Furcht verzerrt war und die Lippen sich wie die eines Idioten bewegten. Er empfand es geradezu wie einen Schlag in den Magen. Wie aus weiter Ferne hörte er Dr. Lell sagen:
    »In diesem Stadium ist es gut, den Geist des Patienten in Aufregung zu versetzen, denn das erhöht die Wirksamkeit der Entpersönlichungsmaschine.«
    Abrupt schwand die Gleichgültigkeit aus seinem Ton. Mit eisiger und barscher Stimme fuhr er fort:
    »Es ist sinnlos, diesen kleinen Anschauungsunterricht fortzusetzen. Nach meiner Meinung haben Ihre Reaktionen den Pessimismus der Beobachtungsmaschine voll bestätigt. Wir werden keine weitere Zeit vergeuden.«
    Die Drohung berührte Garson kaum. Er fühlte sich leer und ausgebrannt, ohne jede Hoffnung. Die erste Flamme wissenschaftlichen Eifers war nur noch ein stumpf glühender Funke. Nach dieser unbeschreiblichen Reihe von Schlägen akzeptierte er das Urteil, versagt zu haben.
     

 
6.
     
    Allmählich überwand er diese defätistische Stimmung. Verdammt, da war immer noch die Tatsache, daß er in dieser Welt festsaß. Er mußte härter werden. Er mußte seine Gefühle allein auf sich und Norma beschränken. Wenn diese Menschen und ihre Maschine einen aufgrund seiner Emotionen verurteilten, dann würde er ihnen eben zeigen, wie eiskalt sein Intellekt sein konnte. Wo, zum Teufel, war diese allwissende Maschine?
    Der Gang endete abrupt an einer einfachen schwarzen Tür, genau wie alle anderen Türen hier auch. Sie deutete nicht an, daß sich etwas Besonderes dahinter befand. Die anderen hatten zu verschiedenen Zimmern und weiteren Korridoren geführt.
    Diese öffnete sich auf die Straße!
    Eine Straße der Zukunftsstadt!
    Garson erstarrte. Sein Gehirn brauste in unendliche Höhen vor Erwartung, ohne auch nur an einen Gedanken an eine Gefahr für ihn. Und genauso plötzlich sauste es wieder herab. Verwirrt sah er sich um. Das Bild hier war so ganz anders, als seine Erwartung es ihm ausgemalt hatte. Auf unbestimmte Weise, da er dabei auch an die Folgen des Krieges dachte, hatte er sich eine zum Teil verwüstete, aber sonst prachtvolle futuristische Stadt vorgestellt.
    Wie sehr hatte er sich getäuscht!
    Vor ihm erstreckte sich eine bedrückend enge, häßliche Straße. Dunkle schmutzige Gebäude hoben sich in den Himmel und
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