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Bedroht

Bedroht

Titel: Bedroht
Autoren: Hans Koppel
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Journalist Calle Collin verantwortlich, und er lieferte eine ausgewogene Mischung aus Sentimentalität und Optimismus. Die Leserbefragungen waren sehr erfreulich ausgefallen.
    »Gut«, meinte Anna.
    »Die letzten beiden waren fast schon ein bisschen zu alt, wenn ihr mich fragt.«
    »Als sie starben, meinst du?«
    »Ja. Und beide sind an Krebs gestorben. Krebs hat heute fast schon den Stellenwert von einer Grippe. Gibt es keine spannenderen Krankheiten?«
    »Ich bespreche das mit Calle.«
    »Überhaupt, es müssen ja gar nicht unbedingt Krankheiten sein«, fuhr Sissela fort. »Unfälle eignen sich genauso. Oder Naturkatastrophen. Hauptsache, ein früher Tod, vorzugsweise unter dramatischen Umständen.«
    »Okay.«
    »Aber Calle trifft den Ton schon verdammt gut. Hätte er keine Lust auf Promi-Porträts?«
    »Das letzte Mal, als ich mit ihm gesprochen habe, nicht, aber ich kann ja noch mal nachhaken.«
    »Gut, tu das. Wie sieht es mit den Schicksalsschlägen aus …?«
    Um vier Uhr nachmittags waren sie fertig. Trude ging auf ihr Zimmer, um sich auszuruhen, Sissela erklärte, sie wolle sich in die Badewanne legen, und Anna ging spazieren.
    Sie folgte der menschenleeren Wohnstraße in Richtung des in der Dunkelheit kaum zu erkennenden Bergmassivs. Ab Ende August standen die meisten Häuser leer. In einigen Fenstern brannte trotzdem Licht. Anna tippte auf Zeitschaltuhren, was die Jugendlichen aus der Gegend, die es auf Spirituosen abgesehen hatten, aber sicher nicht davon abhielt, in der Sommerresidenz des einen oder anderen reichen Stockholmers einzusteigen und sich aus den Barfächern zu bedienen.
    Anna fand, dass sie weit genug spaziert war, und machte kehrt. Der Wind, den sie bisher im Rücken gehabt hatte, war von vorne ungemütlich kalt, und sie schloss ihren Mantel am Hals. Als sie im Hotel ankam, war sie richtig durchgefroren. Sie machte den Fernseher an, um Gesellschaft zu haben, und nahm eine heiße Dusche.

4
    Nachdem sie ihr weder besonders herausragendes noch sättigendes Abendessen beendet hatten, ging Sissela nach draußen, um eine Zigarette zu rauchen. Trude und Anna begaben sich in die Bar und bestellten Irish Coffee. Zwei in die Jahre gekommene Männer in Golfkleidung betraten fröhlich lamentierend und angetrunken den Raum. Trude warf ihnen einen verstohlenen Rehblick über ihr Glas hinweg zu, was die beiden sichtlich in Verlegenheit brachte. Was wurde von ihnen erwartet? Einen kleinen Flirt in Ehren, da sagten sie doch nicht Nein.
    Der Köder war ausgeworfen. Trude tat unschuldig.
    »Nicht schon wieder«, sagte Anna.
    »Was?«
    »Du weißt genau, was ich meine.«
    »Ach was.«
    Sissela gesellte sich zu ihnen. Sie stank nach Zigarettenrauch.
    »Worum geht’s?«
    »Trude«, meinte Anna resigniert. »Sie ist schon wieder auf der Pirsch.«
    »Hier ist doch niemand?«, erwiderte Sissela, sah sich um und entdeckte die Männer, die gerade ihr weiteres Vorgehen besprachen. Trude war zu gut aussehend, das ließ sie zögern. Sissela betrachtete ihre Arbeitskollegin.
    »Der mit den Haaren gehört mir«, sagte sie und signalisierte dem Barkeeper, dass sie etwas bestellen wollte.
    Anna war fassungslos, aber Sissela zuckte nur mit den Schultern.
    »Ich fühle mich von meinem Mann vernachlässigt. Ein Glas Rotwein, bitte.«
    Sissela legte Anna die Hand auf die Schulter und lachte laut.
    »Du solltest dich mal sehen. Wir nehmen dich doch nur auf den Arm. Achtung, sie kommen.«
    Sie verstummten und taten beschäftigt. Wie Teenager.
    »Hallo, dürfen wir uns dazusetzen?«
    »Natürlich.«
    »Ich heiße Sven, und das ist Olof.«
    »Hallo.«
    Alle gaben sich die Hand, und die Frauen stellten sich ebenfalls vor.
    »Und?«, fuhr Sven fort. »Auch mit der Firma hier?«
    »Jahresplanung. Dazu fahren wir meist hierher.«
    »Jahresplanung?«
    »Wir arbeiten beim Familienjournal .«
    »Die Zeitschrift?«
    Sissela nickte.
    »Gutes Blatt«, sagte Sven spontan.
    »Danke«, sagte Sissela, als sei die Zeitschrift ihr persönliches Werk.
    »Genau die richtige Mischung, viel spannende Themen. Meine Mutter hatte sie früher abonniert.«
    Sissela war enttäuscht, was Sven nicht entging.
    »Ich habe sogar überlegt, sie selbst zu abonnieren, aber meine Frau liest nur Zeitschriften über Mode und Einrichtung. Schade, ich finde das Familienjournal zehnmal interessanter.«
    Er wirkte aufrichtig.
    »Viele Frauen finden das Journal altbacken«, meinte Sissela.
    »Aber Sie haben doch wohl auch männliche Leser?«
    Sissela zuckte mit den
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