Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Beast

Beast

Titel: Beast
Autoren: Ally Kennen
Vom Netzwerk:
Arbeitsplatte lag.
    »Das ist nicht meiner«, habe ich schnell gesagt und den Schein auf den Tisch fallen lassen. »Den hat mir Ihre Tochter gegeben.« Damals fiel mir der Name nicht gleich ein.
    »Ach ja?«, machte Verity. Sie hat in ihrem Portemonnaie nachgesehen und natürlich war der Schein nicht mehr drin.
    »Sie glaubt, dass er gefälscht ist. Sie ist grade hochgegangen und wollte einen Spezialstift holen.«
    Verity musterte mich von oben bis unten. Sie sah enttäuscht aus. Schließlich meinte sie: »Carol ist eben aus dem Haus gegangen. Sie kommt erst nachher wieder.« Sie nahm den Schein vom Tisch, faltete ihn zusammen und steckte ihn ins Portemonnaie.
    Ich hatte die Haustür zuschlagen gehört, aber ich wäre nie drauf gekommen, dass es Carol sein könnte.
    »Miststück!«, ist es mir rausgerutscht. Sie hatte mich |20| reingelegt. Mir gleich in den ersten zehn Minuten hier eins reingewürgt.
    »Wie bitte?«, fragte Verity.
    »Schon gut.« Ich habe die Augen zugemacht und mich geschlagen gegeben. Es hatte sowieso keinen Zweck. Verity hielt mich schon für einen Dieb. Man konnte es ihr nicht verdenken.
    Schließlich habe ich schon öfter was mitgehen lassen.

    So verliefen meine ersten zehn Minuten bei Familie Reynolds. Jetzt stehe ich hier mitten in der Nacht, vor mir Carols schmale Silhouette, und mir wird klar, dass ich geliefert bin.
    »Wusste ich doch, dass du das bist.« Sie klingt eingeschüchtert, aber auch neugierig. Sie späht über meine Schulter zum Schuppen hinüber. »Was machst du da?«
    Meine Gedanken überschlagen sich, ich suche verzweifelt nach einer Erklärung.
    »Mir ist eine Riesenspinne übers Kopfkissen gekrabbelt.« Carol ekelt sich vor Spinnen. »Ich hab sie rausgebracht und … und dabei hab ich mir an einem Nagel den Arm aufgerissen.«
    »Du lügst«, sagt sie. Ich sehe ihr an, dass sie am liebsten im Schuppen nachschauen würde, aber sie hat Schiss wegen dem Blut.
    »Ein Riesenvieh. Mit Haaren an den Beinen.«
    Carol lacht unsicher. »Du hast geritzt. Ich dachte, so was machen nur Mädchen.« Sie drängt sich an mir vorbei. »Hoffentlich hast du keins von unseren Küchenmessern genommen. Ich will kein Aids kriegen.«
    |21| »Nicht!«, versuche ich sie aufzuhalten. »Da drin ist eine Überraschung.«
    »Ich mag Überraschungen.« Sie geht weiter.
    Mir bleibt nichts anderes übrig, als sie zu überholen und mich vor die Tür zu stellen. »Sei so gut und geh wieder ins Bett, Carol.«
    »Das hättest du wohl gern.« Sie will mich wegschieben und bohrt mir die Fäuste in den Magen. Aber ich bin viel stärker als sie und sie erreicht damit überhaupt nichts.
    »Wenn du mich nicht durchlässt, hole ich Mum und Dad.«
    Jetzt wird sie sauer. Ihre Stimme wird quengelig und sie verpasst mir fiese kleine Boxhiebe. Dann lässt sie von mir ab und rennt um den Schuppen herum. Ehe ich sie daran hindern kann, leuchtet sie mit der Taschenlampe durchs Fenster. Starr vor Schreck erwarte ich einen Schwall von Fragen. Stattdessen herrscht Schweigen.
    Dann höre ich ein Wimmern. Die Taschenlampe geht aus und sie rennt zum Haus zurück.
    »Mum, Mummy!« An der Tür werden ihre Rufe lauter. »Hilfe!« Dann brüllt sie richtig los: »HILFE – MÖRDER!«
    Ich verdrehe die Augen und atme tief die kühle Nachtluft ein. Jetzt kann ich das Schwein nirgends mehr verstecken. Ich spüre den Wind über mein Gesicht streichen und lausche den gedämpften Geräuschen aus dem Haus. Ein Licht nach dem anderen geht an. Ob meine Karriere bei den Reynolds damit beendet ist? Vielleicht stehe ich ja in ein paar Stunden auf der Straße. Aber kriegen sie nicht Ärger mit dem Jugendamt, wenn sie mich einfach so rauswerfen? Schließlich ist es bloß ein totes |22| Tier. Ich habe ja kein Verbrechen begangen oder jemandem was angetan. Ich habe das Schwein noch nicht mal geklaut. Ich kriege Gummibeine, als hätte ich zu viel getrunken, und muss mich setzen. Von dem feuchten Gras bekomme ich einen nassen Hosenboden. Ich stütze den Kopf in die Hände und warte auf das unvermeidliche Donnerwetter. Manchmal ist es nicht besonders lustig, ich zu sein.
    Ich höre jemanden sagen: »Ich rufe die Polizei!«
    Es ist Verity. Sie klingt zu Tode erschrocken.
    »Carol ist doch gar nicht richtig wach. Bestimmt gibt es dafür eine ganz harmlose Erklärung.«
    Der gute alte Jimmy. Ihm liegt echt was dran, dass ich nicht so mies bin, wie er befürchtet. Die Lampe über der Hintertür geht an und der Garten zerfällt in helle und dunkle Flächen.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher