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Bartstoppelkuesse

Bartstoppelkuesse

Titel: Bartstoppelkuesse
Autoren: Rena Larf
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mir und warf mir den Fön vor die Füße. Als er ging, war mein halber CD-Ständer leer, die Espressomaschine fehlte und meine Zahnpastatube. Dafür musste ich mich dann eine Woche lang im Badezimmer immer recken, um mir die Haare zu kämmen, bis ich es endlich schaffte, den Spiegel auf Augenhöhe für eine Frau von 1,75 cm wieder hinzukriegen!

Andreas
     
    Danach litt ich tagelang an nasaler Inkontinenz. Banale Infektionskrankheiten sind nicht wirklich mein Ding und eine Sommergrippe schon gar nicht. Kurz: Mir ging’s beschissen.
    Unter Aufbringung sämtlicher schauspielerischer Fähigkeiten hatte ich gerade mal so eben den Job geschafft. Ich war erkältet, sentimental und merkte, dass ich alt wurde. So stand ich ganz allein vor meinem Badezimmerspiegel und rupfte mir drei neue graue Haare aus. Ich wirkte mit meinem blassen Gesicht und der kühlen Mimik wie eine Untote. Nur der knallrote Lippenstift war ein indezentes Zeichen dafür, dass ich noch am Leben war.
    Meine Ausflüge ins Internet gab ich auf, nachdem ich vier Tage lang mit einem Mann gechattet hatte, der sich dann als Weib entpuppte.
    Bei akuter Seelengewitterlage wurde ich immer noch schlampiger als ich sowieso schon war. Mein statistischer Wachwerdwert lag bei eineinhalb Stunden. Von mir im aufwendigen Selbstversuch ausgetestet und durch analysiert. Nach dem ersten Kaffee musste ich mich dann erst mal als Mensch verkleiden und zum Einkaufen düsen. Dazwischen immer wieder das Putzen meiner triefenden Nase.
    Schnäuzt man eigentlich besser nacheinander durch jedes Nasenloch einzeln oder durch beide gleichzeitig? Mittlerweile hatte ich zwecks Zeitersparnis die zweite Variante adoptiert.
    Der Grat zwischen spielerischem Spaß und unmanierlichem Angriffsverhalten bei Aldi war manchmal ein recht dünner. Mein Begegnungsbedarf war momentan ziemlich gedeckt und deswegen muffelte ich im Jogginganzug an der Kühltheke längs und konnte mich nicht zwischen Pizza und Hühnerschenkeln entscheiden.
    Kochen für eine Person war etwas, was ich absolut hasste . Davon abgesehen hatte Einkaufen bei Aldi ohnehin etwas Masochistisches. Ständig fuhr einem irgendjemand in die Nike-Hacken oder rupfte einem die letzte Packung der Vollkorn-Bratlinge der Lachenden Köchin vor der Nase weg. Ich hatte wirklich einen an der Pfanne, hier einkaufen zu gehen!
    Da stand ER vollkommen mutlos und niedergebeugt vor mir an der Kühltruhe und schien dem Weltuntergang nahe.
    Ganz schneewittchenlike fragte ich ihn, ob ich ihm behilflich sein könnte.
    „Scheiße, keine Lachsfilets.“
    Ich wagte meinen Augenbrauenhochziehtrick und sah ihn fragend an.
    „Ich wollte heute Lachs mit Tortiglioni-Nudeln in Safran-Sahnesoße kochen. Und nun ist alles alle!“
    Er sah verzweifelt aus.
    Irgendwie juckte der Jogginganzug an meinen Beinen und ich musste mit aller Konzentration ein Kratzen unterdrücken. Dann beugte ich mich vor und sah in meinen Einkaufswagen. Komisch, war mir gar nicht bewusst gewesen, dass ich offensichtlich das letzte Paket Lachsfilets eingepackt hatte.
    Nun denn, mit einem reizenden Lächeln reichte ich ihm demonstrativ das Paket herüber und er nahm es wortlos mit seinen schönen Händen entgegen.
    „Ach, das kann ich doch nicht annehmen...“
     
    Abends saßen Andreas, so war der Name des Lachsfängers, und ich dann in seiner Wohnung bei einem vorzüglichen Dinner. Es stellte sich heraus, dass Andreas das Paket Lachsfilets in meinen Einkaufswagen gepackt hatte.
    Männer sind Schweine , aber zugegebenermaßen erfindungsreich. Seine Wohnung war schick, bescheiden aber sehr hell, mit vielen schönen Bleistiftzeichnungen an den Wänden, die von ihm persönlich stammten. Es war immer von Vorteil, wenn Frau das Terrain des Gegners vorher inspizierte.
    „Ich habe fast geglaubt, dass ich den Lachs selbst in den Wagen gelegt habe“, sagte ich zwinkernd.
    „Ich wusste gar nicht, dass du noch an den Weihnachtsmann und an den Osterhasen glaubst!“, grinste Andreas. Sein Humor war ansteckend. Für den rosa Osterhasen hatte ich letzte Woche gerade einen neuen Jingle produziert. Dovacell Power Check vom Feinsten! Mir fehlte auf dem Gebiet nur noch ein Stall berühmt-berüchtigter Batterie-Hühner, vielleicht mit halterlosen Strümpfen.
    Ich vermied es mit ihm zu schlafen, weil Mädels so etwas am ersten Abend nicht machen sollten. Fiel mir schwer, aber wenn ich an den Darm einer Weißwurst mit süßem Senf dachte, ging’s.
    Als ich ging, fragte ich, ob ich mir seine Hornhautcreme
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