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Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir

Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir

Titel: Barakuda der Wächter 04 - Die Gipfel von Banyadir
Autoren: Gisbert Haefs
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Mittag werde ich dort sein.«
    »Wie weit ist es von Cadhras bis Banyadir?« sagte Kisiji an plötzlich.
    »Sehr weit. Fast so weit wie von hier bis Cadhras. Warum?«
    Sie zögerte. »Ach, es ist nichts. Nur ein dummer Traum.«
    »Du träumst?« T’unga hob die Brauen.
    Sie winkte ab. »Keine Sorge. Nein, einer meiner bisheri gen Mitsklaven. Er hat vor zwei Jahren, bevor jemand etwas wußte, geträumt, daß böse Dinge aus Gashiri über uns kommen würden. Vor einigen Nächten nun träumte er von einer malmenden Lawine aus Banyadir. Jedenfalls war es ein hohes Bergland, und dort stand in seinem Traum die Sonne mittags links von ihm. Er hatte einen Felsen betrach tet, hinter dem sie morgens aufgegangen war.«
    »Also Norden«, murmelte Barakuda.
    »Ja. Ein hohes Bergland im Norden.«
     
    »Das war aber eine jähe und lakonische Romanze.« Töröc sik regulierte die Projektorleistung eines schief schwebenden Medikrobots. Sie passierten die letzten Häuser der Stadt. »Und wenn Sie uns nicht so getreten hätten, daß wir ein biß chen Shilgu lernen, hätte ich nichts davon mitgekriegt.«
    Barakuda lächelte zerstreut; er dachte an Saravyis kryptische Äußerungen über etwas unter Banyadir und an den Traum des Sklaven; er nahm sich vor, den alten Mann auszuquetschen. Soweit Saravyi sich ausquetschen ließ.
    Talsilaq, der wieder voranging, drehte sich halb um und grinste. »Es gibt eine nette alte Geschichte; aus Golazna, glaube ich. Unter den Passagieren einer Fähre sind auch eine junge Frau und ein junger Mann. Sie haben einander nie gesehen; die Überfahrt dauert vielleicht fünf Minuten, und während dieser Zeit sitzen sie einander gegenüber. Der Mann betrachtet die Frau. Sie ist anregend. Sie trägt Kleidung aus P’aodhu-Leder; der Schnitt ähnelt dem, der bei einem bestimmten Banyashil-Stamm nahe Vagaván üblich ist, und dem entsprechen auch gewisse Ornamente. Aber die Taschen der Jacke sind nicht verschließbar; es handelt sich also um das nachempfundene Produkt eines Schneiders, nicht um Kleidung, wie man sie trägt, wenn man zu Pferd zu reisen pflegt. In der Stadt gibt es nur drei Schneider, die P’aodhu-Leder so kunstvoll verarbeiten können, und alle drei sind sehr teuer. Die Frau hat feine, aber kräftige Finger mit kurzen Nägeln; die Nägel der Zeigefinger sind rötlich verfärbt, ebenso die beiden Fingerspitzen. Sie trägt hochhackige Stiefel mit sehr dicken Sohlen, fast eine Handbreit dick, und die Sohlen und Absätze sind nicht verfärbt. Vermutlich, denkt sich der Mann, arbeitet sie als Aufseherin in der Quetsche.«
    »Wo?« Bogai blickte ihn fragend an.
    »Ach so, das können Sie nicht wissen. In Golazna werden Purpurquallen verarbeitet; sie sind selten und finden sich vor allem vor der Golzain-Mündung. Sie werden mit bloßen Füßen zertreten, deshalb Quetsche. Aufseher tragen dort hohe Schuhe; sie prüfen die Qualität der gewonnenen Farbe, indem sie Schwämme in eine Purpurlache tauchen und dann mit dem Zeigefinger ausdrücken. – Die Lederkleidung ist makellos; also ist die Aufseherin vermutlich unverheiratet. Erstens wegen der Eitelkeit, zweitens wegen des Geldes. Eine Aufseherin verdient genug, um sich vieles zu leisten; wenn sie aber einen Mann und vielleicht Kinder hätte, trüge sie kaum für den simplen Heimweg Extrakleidung und un gefärbte Extraschuhe, die nur deshalb so hoch sind, weil sie sich an flache nicht mehr gewöhnen kann.«
    »Mach das kürzer«, sagte Barakuda. Er kannte die Geschichte und wußte, daß sie so, wie Talsilaq begonnen hatte, bis zum nächsten Nachmittag dauern würde.
    Talsilaq zwinkerte. »Na gut. Also, durch bloßes Hinschauen und Nachdenken ermittelt der Mann, daß diese hübsche junge Frau reich, unabhängig, ledig und leichtlebig ist, daß sie vermutlich in einer bestimmten Hafenstraße wohnt, in einem Haus, dessen Garten zum Strand abfällt und seitlich an einen Bootsschuppen stößt. Der Schuppen gehört einem Freund von ihm, und dieser Freund will den Schup pen verkaufen.
    Inzwischen hat die junge Frau den Mann betrachtet. Er gefällt ihr, sieht gut aus, trägt am Kragen seiner Arbeitsjacke einen Streifen Polarfell, und so weiter und so weiter. Sie ermittelt durch denken, daß er nicht gerade arm ist, eine bestimmte Sorte begehrter und teurer Fässer aus Spezialholz herstellt und längst ins Geschäft mit Fischerbooten und Fisch einsteigen will, um sich auszudehnen. Zu expandieren – sagt man das? Ah ja. Expandieren ist aber schwierig, weil in der
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