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Bankster

Bankster

Titel: Bankster
Autoren: Gudmundson
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Tischchen. Die Leute lehnten sich zur Seite und vermieden es, mir in die Augen zu sehen. Ich versuchte, mich so langsam wie möglich anzuziehen, knöpfte sogar den Mantel zu und knotete die Mütze unterm Kinn. Auf dem Weg nach draußen fühlte sich das Tuscheln hinter meinem Rücken wie Jubel an. Ich schloss sorgfältig die Tür und lief die Straße hinauf. Meine Finger schmerzten, und ich nahm Schnee von einer Mülltonne, um die Verbrennungen zu kühlen. Erst am alten Gefängnis fing ich an zu rennen, nachdem ich plötzlich unangenehm zu zittern begonnen hatte.

31/3 – Dienstag

    Als ich eine wochenalte Tageszeitung durchgeblättert habe, bin ich bei den Kleinanzeigen hängen geblieben, bei einer Anzeige auf rosa Hintergrund: »Größerer Penis, besserer Penis«. Gewissenhaft habe ich alles über dieses Produkt gelesen, das nun endlich auf dem Markt sei und mir dauerhafte Vergrößerung garantiere, sowohl in der Länge als auch im Umfang. Darunter war mehr ein flehender Aufruf als eine Anzeige vom Hilfswerk der Kirche, Wasser zu spenden, ohne nähere Erläuterung, und daneben, in der Rubrik »Kaufgesuche«, eine schwarz-weiße Anzeige von jemandem, der gegen Bargeld »Gemälde von anerkannten Künstlern und hochwertiges Mobiliar« kaufen wollte. Ich hielt inne, sah mich im Wohnzimmer um und zählte vier, fünf anerkannte Künstler an den Wänden und lauter Möbel, die alle in der oberen Liga spielten. Im meinem Kopf war plötzlich alles klar und ich hatte das Gefühl, einen gangbaren Weg in die nahe Zukunft zu sehen, rief aber erst an, nachdem ich wie bei einer Gemäldeausstellung durchs Wohnzimmer geschritten war, mir übers Kinn gestrichen und alle Bilder so gründlich wie seit dem Kauf nicht mehr angesehen hatte.
    Es ging niemand dran. Ich ließ es lange klingeln, war immer kurz davor, aufzulegen, wartete aber doch immer noch ein Klingeln ab, bis die Verbindung von allein beendet wurde. Bei einem Glas Cola fühlte ich, wie bereit ich innerlich dazu war, mich von diesen Bildern an der Wand und am liebsten auch von ein paar Möbeln zu trennen. Als ich das zweite Colaglas leerte, klingelte das Telefon: unterdrückte Nummer. Ein Mann mit schwächlicher Stimme, die nicht auf das Alter schließen ließ, fragte unumwunden, ob ich etwas zu verkaufen hätte. Ich erwiderte, dass ich etwas besäße, das ich gerne gegen Bargeld eintauschen würde. Er sagte, dass er bar bezahle, und bat mich, die Namen zu nennen. Ich verstand nicht. »Welche Maler hast du?« Um sicher zu sein, ging ich ins Wohnzimmer, las aus allen Ecken vor. Er fragte, wo ich wohne, und ich antwortete ihm ganz korrekt. Er könne in einer Stunde bei mir sein, um sich die Bilder anzusehen, wenn das in Ordnung sei. »Gerne.«
    Ich beschloss, die Wohnung aufzuräumen, bevor er kommen würde, zumindest das Puzzle, das Zierobst und die Kristallsplitter aufzuheben und vielleicht auch Staub zu saugen, das Wohnzimmer ein bisschen ordentlicher zu machen und den Dekokram zu ordnen. Es dauerte, die Puzzleteile und das Zierobst mit Besen und Kehrblech einzufangen, aber die Kristallscherben lagen fast auf einem Haufen unterm Esszimmertisch. Als ich alles in den Mülleimer entsorgt hatte, fand ich es mehr als ausreichend ordentlich für einen unbekannten Mann, der schöne Bilder von anerkannten Künstlern für wenig Geld bei mir abholen wollte, und beschloss, zu duschen und mich in Ruhe umzuziehen.
    Kaum eine Minute nachdem ich den Türöffner an der Gegensprechanlage gedrückt hatte, klopfte es an der Wohnungstür. Müde Augen sahen mich aus einem schmalen Gesicht an, das in einem Pelzkapuzenkragen steckte. Wir begrüßten uns, ohne unsere Namen zu sagen. Die Hand war kalt und knochig, und die Jacke durchs viele Tragen ausgeblichen. Erst als ich die Tür geschlossen hatte, nahm der Mann seine Kopfbedeckung ab. Da kamen eine stumpfe Glatze und ein Haarkranz zum Vorschein, der wie ein vertrockneter Lorbeerkranz aussah. Er drohte gleich, die Schuhe auszuziehen, legte schon die Schuhspitze des einen an die Ferse des anderen Schuhs, aber ich bat ihn, sie auf jeden Fall anzubehalten, sagte, dass unglaublich lange nicht mehr geputzt worden sei, und malte mir aus, was für Stinkefüße er wohl aus diesen alten Wanderschuhen ziehen würde. Er sagte nichts, machte nur die Jacke auf und wartete auf ein Zeichen. Auf seinem rotkarierten Hemd entdeckte ich eine weiße Feder, und ich fand es wahrscheinlicher, dass er Tauben züchtet, als dass seine Jacke Federn ließ. Ich dirigierte
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