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Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)

Titel: Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)
Autoren: Philipp Mattheis
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Pancake Trail angekommen. Der Kontakt zu den Einheimischen beschränkt sich auf Kellner, Taxifahrer und bettelnde Kinder. («You have five rupees, mister?»)
    Es gibt einen Unterschied zwischen Auslandsaufenthalten und Reisen. Ein Erasmus-Jahr macht sich gut im Lebenslauf und nebenbei Spaß. Praktika im Ausland sind nützliche Trophäen für eine Bewerbung. Ein Jahr Arbeit im Ausland kann zu einem Karrieresprung führen. Reisen aber ist Selbstzweck, und im Fortgehen steckt ein Rest Verweigerungshaltung, der ganz untypisch für die Nullergeneration und ihre frühe Eichung auf Karriere ist. Wer auf eine lange Reise geht, hat keine Lust auf Konkurrenz und Karriere. Er sucht Hedonismus und sich selbst. Es funktioniert, weil das Preisgefälle zwischen der Ersten und der Dritten Welt noch immer enorm ist. Eine Nudelsuppe in Vietnam kostet 50 Cent, und um ein Jahr durch Indien reisen zu können, genügen 5000 Euro. Neben dem Besuch von Ruinen, stickigen Metropolen und Stränden bleibt genug Zeit, über sich selbst, die Welt und deren Sinn zu grübeln. Backpacker sind die Glückskinder des Westens auf ihrer Stippvisite in die Armut. Die wenigsten von ihnen verlassen den komfortablen Pfannkuchen-Pfad. Sie führen das Leben eines Stars und lösen endlich das Versprechen der weltweit ausgestrahlten Superstar-Shows ein: «Du stehst im Rampenlicht, du kannst es, du hast es verdient.»
    Im Nachtzug lernst du John kennen: «Where are you from? How long are you travelling? Where have you been?» Smalltalk auf Reisen bleibt Smalltalk, aber anders als daheim interessieren dich die Antworten wirklich. Eine Mischung aus Einsamkeit und Offenheit treibt dich dazu, jeden Menschen anzusprechen, der deine Aufmerksamkeit erregt. Nie triffst du auf Ablehnung. John kommt aus Australien, ist seit drei Jahren unterwegs und schwärmt für den Mondkalender der Mayas. Kaum eine Seite seines Passes, auf der nicht der Stempel eines Landes prangt. Er erzählt dir von den Ruinen von Tikal, den Wellen von Bali und den Frauen in Kolumbien.
    Zwei Wochen reist ihr zusammen, teilt euch Hotelzimmer und Bambushütte, schlaft im selben Bett, um Geld zu sparen. Dass seine Dreads genauso riechen wie die trüben Kanäle Bangkoks, findest du nicht eklig. Du fragst ihn, wovon er lebt. Er sagt: Einmal im Jahr fliege er nach Australien, um dort für zwei Monate Mangos zu pflücken. Auf Reisen bastelt er aus Muscheln und Metall Schmuck, der dich an den Inhalt von Kaugummiautomaten erinnert. Aber John verkauft ihn an andere Reisende. Das Geld genügt, um das restliche Jahr unterwegs zu sein. Am Ende eurer Zeit tauscht ihr E-Mail-Adressen aus und addet euch auf Facebook. Zwei-, dreimal schreibt ihr euch noch, dann habt ihr euch nichts mehr zu sagen. Du hast ohnehin schon so viele E-Mail-Adressen: von Ari aus Israel, die mit ihrem Entlassungsgeld aus der Armee durch Indien reist, von Hans aus Hamburg, der gerade sein Studium beendet hat und noch nicht arbeiten will, oder von Miguel, dem Spanier, der den ganzen Tag bekifft ist. Wahrscheinlich wirst du sie alle nie wiedersehen. Doch sie haben sich wie Kindheitserinnerungen in dein Gehirn gebrannt. Sie erinnern dich an ein Leben, von dem daheim keiner glaubt, dass es möglich ist.
    Seit fünf Monaten bist du jetzt unterwegs. Deine Haare sind lang und von der Sonne gebleicht, an deinem Handgelenk baumeln kleine Bänder und Kettchen, und du trägst eine Hose, die eher einem Sack ähnelt, dafür aber auch bei 40 Grad im Schatten nicht an der Haut klebt. Wenn du dich langweilst, packst du deine Sachen und fährst an den nächsten Ort. Nichts und niemand hindert dich daran, dich wohl zu fühlen. Du hast dich an die Aufmerksamkeit gewöhnt, die man dir schenkt: Junge Asiatinnen sind der Meinung, du würdest Brad Pitt unglaublich ähnlich sehen. Die indischen Taxifahrer und Hotelbesitzer behandeln dich wie einen Kolonialherrn. Die übrigen Rucksacktouristen halten dich für eine faszinierende Person – weil du der Einzige bist, mit dem sie auf Englisch eine Konversation führen können, die über den Dialog «You want Motorbike?» – «No, thanks» hinausgeht. Du lebst das Leben eines Stars, für 20 Euro am Tag. Du würdest nicht zurückwollen, würdest du nicht deine Freunde vermissen.
    Es kann zur Sucht werden. Es gibt sie, die Leute, die nicht mehr zurückkehren. Fast alle tranken sie zu viel, waren zwar freundlich, aber irgendwie unfähig, längere Bindungen aufzubauen. Und obwohl sie witzige Geschichten aus Bali,
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