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Ballade der Liebe

Ballade der Liebe

Titel: Ballade der Liebe
Autoren: DIANE GASTON
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Lehrerin nicht geeignet. Sie brannte darauf, als Sängerin auf der Bühne zu stehen.
    Wie ihre Mutter.
    Ihre liebsten Erinnerungen waren die, als sie am Krankenbett ihrer Mutter saß und gespannt deren Erzählungen von den Londoner Bühnen lauschte, von den erhebenden Momenten, ein großes Orchester spielen zu hören, dem Lichterglanz, dem tosenden Applaus, und von ihrem größten Glück, als sie in King’s Theatre aufgetreten war. Die sieben Jahre als Internatsschülerin und weitere vier Jahre als Musiklehrerin hatten nicht ausgereicht, das Feuer zu löschen, das in Rose seit ihren Kindertagen loderte. Ihr innigster Herzenswunsch war es, in die Fußstapfen ihrer Mutter zu treten. Rose hatte jeden Penny zur Seite gelegt, bis sie genügend Geld gespart hatte, um die Reise nach London anzutreten.
    Ihr Traum vom glücklichen Wiedersehen mit ihrem Vater platzte bereits in den ersten Minuten nach seinen Umarmungen und Küssen. Letty Dawes stand plötzlich im Zimmer und begann, nachdem sie sich von ihrem ersten Schreck erholt hatte, darüber zu lamentieren, dass sie es sich nur unter größten Entbehrungen leisten konnten, Rose bei sich aufzunehmen und zu verköstigen. Und über Roses Wunsch, auf einer Londoner Bühne zu singen, hatte sie nur schrill gelacht. Welches Theater schon ein unbedarftes irisches Mädchen engagieren würde, hatte Letty abfällig bemerkt.
    Rose war zunächst der Meinung, ihr Vater sei mit Letty verheiratet, doch er hatte ihr erklärt, Theaterleute und Künstler lebten nach anderen Regeln der Moral, als sie es in der Schule gelernt hatte. Er und Letty mussten nicht verheiratet sein, um miteinander zu leben. Schließlich bot er Rose an, ihr die Rückreise nach Irland zu bezahlen, worauf Letty einen Wutanfall bekam und kreischte, diese Ausgabe würde sie ins Elend stürzen. Zwischen dem Paar entbrannte ein erbitterter Streit, in dessen Verlauf Rose völlig verwirrt aus dem Haus stürzte und sich schwere Vorwürfe machte, ihrem Vater zur Last zu fallen. Seither war einige Zeit vergangen, und mittlerweile war sie froh, Hals über Kopf davongerannt zu sein. Andernfalls hätte sie Miss Hart nie kennengelernt.
    Denn Miss Hart war es, die sie nach Vauxhall Gardens gebracht hatte, an jenem denkwürdigen Abend, als Rose ihren Vater wiedersah und es zu einer tränenreichen Versöhnung kam. Anschließend stellte ihr Vater sie Mr. Hook vor, dem Musikdirektor des Vergnügungsparks, der sie vorsingen ließ.Und zu ihrer großen Freude erklärte er sich bereit, sie auftreten zu lassen, wenn der Vater seine Einwilligung gab, da Rose noch nicht einundzwanzig war. Als die Zeit kam, Miss Harts Haus zu verlassen, kehrte Rose zu ihrem Vater und Letty zurück, die in ihr plötzlich eine lohnende Einnahmequelle sah. Um in Vauxhall singen zu dürfen, hätte Rose jede Strapaze auf sich genommen, also fügte sie sich auch in ein Zusammenleben mit Letty.
    Bald musste sie auch das ungestüme Werben ihrer Bewunderer ertragen, die ihren Vater bedrängten, sie kennenzulernen. Das gehörte nun einmal zu ihrem Beruf, wie O’Keefe meinte.
    Nun blickte er durch den Spalt im Vorhang.„Vielleicht ist diesmal ein adeliger Herr dabei. Dem musst du schöne Augen machen, wenn du vorwärtskommen willst.“
    „Ja, genau“, fügte Letty hinzu und legte in heuchlerischer Vertraulichkeit den Arm um Roses Schulter. „Ein vornehmer adeliger Herr wäre ein Glücksfall. Du ahnst ja nicht, wie sehr du von einer solchen Bekanntschaft profitieren kannst, Rose. Manche Gönner kaufen sogar Häuser für ihre …“
    Rose entwand sich der aufdringlichen Geste. Immerhin war sie nicht mehr so naiv wie bei ihrer Ankunft. In Miss Harts Haus hatte sie gelernt, wie Männer Frauen einschätzten, die es zur Bühne zog. Wo aber blieb die Liebe? Wo die Romantik?
    „Diese Herren erwarten Gegenleistungen für ihre noblen Geschenke, zu denen ich nicht bereit bin“, erklärte Rose herablassend.
    Letty lachte schrill. „Wen interessiert, wozu du bereit bist? Männer nehmen sich, was sie wollen, das war schon immer so. Und eine Frau ist gut beraten, auf ihren Vorteil zu achten, sonst ist sie verloren.“
    Ihr Vater tätschelte seiner Tochter zärtlich die Wange.„Lass gut sein, Mary Rose“, sagte er leise. „Ich sorge dafür, dass du eines Tages das Leben einer feinen Dame führst. Ich gebe meine kleine Prinzessin keinem armen Schlucker, verlass dich darauf.“
    Mit diesen Worten verschwand er nach draußen, und sie hörte ihn rufen: „Geben Sie mir Ihre
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