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Balla Balla

Balla Balla

Titel: Balla Balla
Autoren: Sobo Swobodnik
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verändert.
    Arno steckte das Mobiltelefon in die Tasche und sagte: »Ich bin jetzt in der Fußballbranche tätig, gell, da schaust!«
    Dann zeigte er auf Agnes.
    »Und wer ist das?«, fragte er mit erstaunter Miene, als ob er die attraktiv aussehende Frau neben Plotek und Plotek nicht zusammenbringen könnte.
    »Agnes«, sagte Agnes, legte ihre Hand auf Ploteks und drückte sie ein wenig. Was soll das denn, dachte Plotek, während Arno jetzt nach Agnes’ Hand griff, sie zum Mund führte und einen Handkuss andeutete.
    »Sehr reizend, das hätte ich dir gar nicht zugetraut.«
    Schleimer, dachte Plotek, offenbar hat sich da auch nichts verändert. Er wusste, dass Agnes ihn jeden Augenblick verbal in mundgerechte Stücke filetieren würde, weil Agnes widerliche Speichellecker genauso wenig ausstehen konnte wie Plotek. Agnes aber konnte ihre Abneigung im Gegensatz zu Plotek eindrucksvoll äußern. Agnes hatte den schwarzen Gürtel im sprachlichen Augenauskratzen, im rhetorischen Bauchaufschlitzen. Plotek nicht. Plotek hatte in solchen Dingen nicht mal eine Hose an. Bei dem Gedanken an den zerschnetzelten Arno musste er grinsen. Die Angst vor dem Absturz schrumpfte zum ersten Mal auf ein erträgliches Maß zusammen. Aber vergiss es. Agnes zeigte ein unnatürliches breites Grinsen, das sich mit dem von Arno messen lassen konnte, als hätte sie nicht das Preisausschreiben eines Dosensuppenherstellers gewonnen, sondern den Grimme-Preis für eine Reportage über den bayerischen Politiksumpf erhalten oder sechs Richtige im Lotto erwischt. Was ist denn in die gefahren, wunderte sich Plotek ein bisschen verärgert. Lässt sich von diesem drittklassigen Charmeur mit einem lächerlichen Handkuss um den Finger wickeln.
    »Fliegen Sie auch nach Hamburg?«, fragte Agnes mit ihrer harmoniesüchtigen Gute-Laune-Stimme, die zwar auch in ihr Repertoire gehörte, die sie aber nur ganz selten auspackte. Jetzt schon.
    Blöde Stimme, blöde Frage, dachte Plotek, wohin soll er denn sonst fliegen. Allein daran konnte Plotek schon erkennen, dass Agnes nicht ganz bei der Sache war. So eine blöde Frage hatte sie noch nie gestellt. Das schien Arno aber egal zu sein. Der quasselte los, als ob Agnes ein Mikro in der Hand hätte und er selbst einer dieser verschwitzten Spieler wäre, die nach neunzig Minuten Rasenfight im Regen Sätze von sich geben wie »Ich wollte den Ball treffen, aber der Ball war nicht da«.
    Aber Arno war da und sagte jetzt: »Ja, geschäftlich. Ich kümmere mich seit einiger Zeit um den deutschen Fußballnachwuchs.«
    Jetzt musste Plotek dann doch wieder ein wenig schmunzeln. Arno und Fußball! Das ist wie Fußball und ein Rhetorikseminar oder einfach: Andi Brehme, der wo Weltmeister geworden ist. Oder kurz: Die Brasilianer sind ja auch alle technisch serviert.
    Na dann, Mahlzeit!, dachte Plotek. Der weiß doch nicht mal, wie viele Spieler beim Anpfiff auf dem Platz stehen.
    »Ich bin als Spielervermittler tätig.«
    Ah, daher weht der Wind, dachte Plotek. Fußball oder Immobilien, ganz egal. Dem Arno geht es ums Geld. Damals schon und heute offenbar noch immer.
    »Interessant«, schleimte Agnes, »erzählen Sie doch ein bisschen.«
    Bloß nicht, dachte Plotek. Aber schon zu spät. Arno referierte über den deutschen Fußball, als hätte er ein Seminar beim DFB besucht.
    Ob das bei Agnes die journalistische Neugier oder vielmehr weibliche Sympathie war – keine Ahnung. Auf jeden Fall hörte sie aufmerksam zu und lachte, wenn es von weit her nach Witz roch. Plotek lachte nicht. Plotek schaute hinaus in die graue Wabermasse und dachte, das hätte ich nicht gedacht, von der Agnes. Aber so kann man sich eben täuschen. Da glaubt man, man kennt jemanden, und dann verwandelt sich Dr. Jeckyll vor den eigenen Augen in Mr. Hyde. In diesem Moment verwandelte sich die Agnes in eine Estrogen gesteuerte Tusse. Apropos: Vielleicht gibt es da tatsächlich etwas zwischen Mann und Frau, ganz unterbewusst und genetisch angelegt, was in manchen Momenten ans Tageslicht kommt, ob Mann oder Frau will oder nicht – Arterhaltung, Reproduktion, biologische Uhr, Hormone und Enzyme, Chemie und reine Natur und alles. Da bleibt der Intellekt schon mal auf der Strecke, zwischen München und Hamburg, in luftiger Höhe. Anders ist das nicht zu erklären, dachte Plotek, anders ergibt das keinen Sinn, dass die hochintelligente, witzige und auch sensible Dr. Agnes Behrendt vom Bayerischen Rundfunk auf so einen zweitklassigen, plumpen und durchschaubaren
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