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Back to Blood

Back to Blood

Titel: Back to Blood
Autoren: Tom Wolfe
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Rang unter ihnen stand. Er hatte nichts gegen Minderheiten … gegen americanos … Schwarze … Haitianer … Nicas, wie Nicaraguaner genannt wurden. Er hielt sich für sehr aufgeschlossen, für einen großmütig toleranten jungen Mann seiner Zeit. Americano war das Wort, das Kubaner benutzten, wenn sie unter sich waren. In der Öffentlichkeit sagte man Anglo. Seltsames Wort, Anglo . Es war irgendwie … daneben . Es bezog sich auf Weiße mit europäischen Vorfahren. Klang das vielleicht ein bisschen defensiv? Es war noch gar nicht so lange her, dass die … Anglos … die Welt in vier Farben unterteilten, weiß, schwarz, gelb und — für alle anderen — braun. Allen Latinos verpassten sie die Marke »braun«! — dabei waren, in Miami sowieso, die meisten Latinos, oder ein hoher Prozentsatz, auf jeden Fall eine Menge, so weiß wie jeder x-beliebige Anglo, abgesehen von den blonden Haaren … Daran dachten Mexikaner, wenn sie das Wort gringo benutzten: an die Leute mit den blonden Haaren. Kubaner benutzten das Wort manchmal im Spaß. Ein Wagen voller kubanischer Jungs sieht auf dem Gehweg in Hialeah ein hübsches blondes Mädchen, und einer von ihnen ruft, »¡Ayyyyy, la gringa!«
    Latino … das Wort war auch irgendwie daneben. Es existierte nur in den Vereinigten Staaten. Genauso Hispanic. Wer sonst nannte Menschen Hispanics? Warum war das so? Allmählich tat ihm der Kopf —
    McCorkles Stimme! riss ihn zurück ins Hier und Jetzt. Der sandfarbene Sergeant McCorkle sagte etwas zu seinem blonden Stellvertreter Kite:
    »Hört sich für mich nicht nach einem« KLATSCH »Illegalen an. Von einem Illegalen auf einem Boot mit einem« KLATSCH »Mast hab ich noch nie gehört. Die sind zu langsam, viel zu auffällig … Außerdem, denk doch mal nach. In Haiti … oder« KLATSCH »Kuba, da gibt’s doch gar keine Boote mit Masten mehr.« Er drehte den Kopf nach hinten. »Richtig, Nestor?« Nes- ter . »Die haben nicht mal« KLATSCH »Masten in Kuba. Richtig? Sag ›Richtig‹, Nestor.« Nes- ter .
    Das ärgerte Nestor — nein, es brachte ihn zur Weißglut . Sein Name war Nestor, nicht Nes- ter, so wie die americanos ihn aussprachen. Nes- ter … hörte sich an, als hockte er mit in die Höhe gerecktem Hals und weit aufgerissenem Maul in einem Nest und wartete darauf, dass Mama nach Hause geflogen kam und einen Wurm in seinen Schlund fallen ließ. Diese Schwachköpfe hatten offensichtlich noch nie von König Nestor gehört, dem Helden des Trojanischen Krieges. Trotzdem findet dieser bescheuerte Sergeant es lustig, ihn wie einen ahnungslosen Sechsjährigen zu behandeln mit seinem Richtig? Sag »Richtig « , Nestor. Gleichzeitig unterstellte der miese Witz, dass er, ein in den Vereinigten Staaten geborener Kubaner der zweiten Generation, sich so mit Kuba beschäftigte, dass er sich tatsächlich auf irgendeine alberne Art den Kopf darüber zerbrechen könnte, ob kubanische Boote Masten hatten oder keine Masten hatten. Es zeigte, was sie wirklich über Kubaner dachten . ::::::Sie denken immer noch, dass wir Fremde sind. Nach all den Jahren haben sie es immer noch nicht kapiert. Wenn es überhaupt Fremde in Miami gibt, dann sind sie es. Ihr blonden Schwachköpfe — mit eurem Nes- ter! ::::::
    »Woher soll ich das wissen?«, hört er sich sagen. »Ich habe nie« KLATSCH »einen Fuß auf Kuba gesetzt. Ich habe Kuba« KLATSCH »nie gesehen .«
    Moment! Bango — er weiß sofort, dass das falsch rüberkam, weiß es, bevor er es rational begreift, weiß, dass das »Woher soll ich das wissen?« in der Luft hängt wie fauliges Gas. Die Art, wie er das »ich« betont hat … und das »Fuß« und das »gesehen«. So verächtlich! Was für eine Zurechtweisung! Unverschämt hoch drei! Hätte ihm auch gleich ins Gesicht sagen können, dass er ein dummer blonder Schwachkopf ist! Hat nicht mal versucht, seinen Zorn zu verbergen! Wenn er wenigstens noch »Sarge« hinzugefügt hätte! »Woher soll ich das wissen, Sarge? « — dann hätte er noch eine Chance gehabt. McCorkle gehört einer Minderheit an, aber er ist immer noch Sergeant! Ein negativer Report von ihm — dann ist die Probezeit versaut und Nestor Camacho sitzt wieder auf dem Trockenen! Häng jetzt sofort das Sarge dran! Oder besser zwei — Sarge und Sarge ! Aber es ist aussichtslos — zu spät — drei oder vier endlose Sekunden sind verstrichen. Er kann sich jetzt nur noch an den Griff klammern und den Atem anhalten —
    Kein Ton von den beiden blonden americanos . Schrecklich
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