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Babylon: Thriller

Babylon: Thriller

Titel: Babylon: Thriller
Autoren: D. J. McIntosh
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solche Stürme, wenn sie erst einmal ihre volle Kraft entfaltet haben, bis zu fünfzig Tage lang dauern können.
    Sie stürmten los und wussten gleichzeitig, dass es nahezu unmöglich war, dieser Sandwalze rennend zu entkommen. Der kleinere Mann stolperte und stürzte auf einen scharfkantigen, aus dem Sand ragenden Felsen. Ein brennender Schmerz schoss durch sein Bein. Er kämpfte sich hoch, umklammerte mit den Händen sein verletztes Knie und stolperte weiter. Die beiden anderen hatten den ramponierten GM -Pick-up bereits erreicht. Sie rissen die Türen auf und stiegen ein. Der Motor sprang an.
    »Wartet!«, rief der kleinere Mann. »Was habt ihr vor?«
    Die Wagentüren wurden geschlossen. Die Reifen wühlten den sandigen Untergrund auf. Der Fahrer setzte zurück. Die Räder fanden Widerstand und der Lastwagen wandte sich nach Süden. Der kleinere Mann zwang sich zu einer schnelleren Gangart und ignorierte die bohrenden Schmerzen. Er streckte die Arme vor wie ein Bettler, der um eine milde Gabe bat. Die Scheinwerfer des Trucks flammten auf und blendeten den Mann für einen kurzen Moment. Seine letzten Worte wurden vom Aufheulen des Motors und dem aufkommenden Sturm verschluckt.
    Hanna, die kurz davorstand, das Bewusstsein zu verlieren, spürte flüchtig einen neuen Wind in ihrem Gesicht und gleichzeitig das Prickeln scharfkantiger Sandkörner auf ihrer Haut. Sie hing am Pfahl wie eine kraftlose Puppe, während ihr Kopftuch hochflatterte wie ein Vorbote des heranrasenden Sturms.

Erster Teil
    Das Spiel

    »Denn wisset wohl: Ich will gegen Babylon ein großes Völkerheer aufbieten und aus dem Nordland heranziehen lassen; die sollen sich gegen die Stadt aufstellen: Von dort her wird sie erobert werden. Ihre Pfeile sind wie die eines tüchtigen Kriegshelden, der nie mit leeren Händen heimkehrt.
    So wird denn das Chaldäerland ausgeraubt werden: Alle, die es plündern, sollen satt werden!« – so lautet der Ausspruch des Herrn.
    Jeremia 50,9–10

Eins
    Samstag, 2. August 2003, 22:30 Uhr
    In den Wochen seit dem Unfall bin ich dem Zusammentreffen mit Freunden, die meinen Bruder gekannt und geliebt haben, aus dem Weg gegangen. Wenn unsere Wege sich trotzdem zufälligerweise kreuzten, sagten sie meistens: »Es ist ein Wunder, dass du das überlebt hast, John«, allerdings in einem Tonfall, der das Gegenteil meinte.
    Ich trug diesen einen dunklen Moment auf der Schnellstraße wie ein leuchtend rotes Kainsmal auf der Stirn.
    Um weitere zufällige Begegnungen zu vermeiden, kam ich mit Absicht erst sehr spät zu Hal Vanderlins Party in seinem New Yorker Haus in der 20. Straße West, in der Hoffnung, dass die meisten Gäste sich bis dahin bereits verabschiedet hatten. Ich hatte mir eigentlich gar nicht die Mühe machen wollen, hinzugehen, aber Hal hatte sich in letzter Zeit rargemacht und weder meine Anrufe noch meine E-Mails beantwortet. Er schuldete mir noch immer einen ansehnlichen Geldbetrag, und diese Party war meine einzige sichere Chance, mit ihm zu reden.
    Als Kind hatte ich Stunden damit verbracht, das Stadthaus der Vanderlins mit der Nummer 342 zu erforschen, war durch das düstere Labyrinth seiner Flure gewandert und hatte Türen zu schweigenden Räumen geöffnet. Die meisten enthielten Möbel aus einer längst versunkenen Zeit – Polstersessel mit burgunderroten Damastbezügen und mit reichhaltigen Schnitzereien verzierten Nussbaumrahmen, auf den Arm- und Kopflehnen Schutzdecken aus handgeklöppelter weißer Spitze. Kleiderschränke, Bücherregale und Schreibtische rochen nach Kampfer und altem Mahagoni. Das reinste Geisterhaus. So war es mir damals vorgekommen.
    Von allen Räumen war mir jener der liebste, den ich das Ewigkeitszimmer nannte. Er hatte einen rechteckigen Grundriss, befand sich im obersten Stockwerk und kam einem kleinen Jungen wie mir riesig vor. Zwei große Spiegel hingen an gegenüberliegenden Wänden. Wenn ich mich genau in die Mitte zwischen sie stellte, konnte ich miterleben, wie ich mich in einer endlosen Folge in nichts auflöste. Wenn ich die Lust an solchen einsamen Spielen verlor, rannte ich durch die Küche in den Garten hinter dem Haus, einem wahren Dschungel aus Bäumen und wild wuchernden Büschen. Ich spitzte Stöcke an, bastelte mir mit Nylonfäden Flitzebögen und legte mich auf die Lauer und wartete darauf, dass Zyklopen aus den Büschen herauskamen oder Riesen sich von Baum zu Baum schwangen.
    Selbst diese unschuldigen Erinnerungen erhielten durch Samuels Tod einen bitteren
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