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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
Autoren: Cay Winter
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es war fast schmerzhaft, ihn anzusehen und zu wissen, dass in ihm dieses Ding steckte, das sich erst dann lebendig fühlte, wenn es inmitten des Schreckens stand.
    Als wäre er unter ihrem Blick erwacht, drehte er sich plötzlich um und sah sie unter träge gesenkten Wimpern an.
    Küss mich! dachte sie, und vielleicht sprach sie es auch aus, denn er kroch auf sie zu, und das Grinsen zupfte schon wieder an seinen Mundwinkeln. Langsam beugte er sich zu ihr herab und küsste sie. Dann sagte er: »He«, und setzte sich im Schneidersitz vor sie hin. Unter dem Tisch angelte er eine Packung Zigaretten und das Feuerzeug hervor und zündete sich eine Kippe an. Dabei spannten sich seine Muskeln wie bei einer Katze, die sich streckte.
    Als Babel schwieg, zogen sich seine Brauen irritiert zusammen. »Hat’s dir die Sprache verschlagen, Prinzessin?«
    Sie deutete auf das Chaos um sie herum. »Was ist passiert?«
    »Was schon? Wir haben deinen Geburtstag gefeiert.«
    »Sam, ich mein’s ernst.«
    »Es war großartig, sag ich dir.« Bewundernd sah er sie an, doch unter diesem Blick kroch das schlechte Gewissen über sie wie eine Spinne, deren lange Beine sie auf ihrer Haut fühlen konnte.
    »Was ist mit dem Dämon?«
    »Es war doch nur ein kleiner.«
    »Was ist mit ihm?«
    Gelangweilt zeigte er in eine Ecke, in der der Käfig mit dem Papagei stand. Ein Papagei, der sich selbst die Federn am Bauch ausgerissen hatte, der gelbe Augen besaß und in dem eindeutig ein Dämon steckte. Babel fühlte die dämonische Energie, die in Wellen von dem Käfig fortrollte. Entsetzt starrte sie das Tier an.
    »Keine Bange, es ist nur ein ganz kleiner Dämon.«
    »Wieso habe ich ihn nicht wieder zurückgeschickt?«
    »Dafür hat das Blut nicht gereicht. Der Dämon war wohl stärker, als du dachtest.«
    Deshalb hatte sie auch die Kontrolle über das Ritual verloren. Sie konnte froh sein, dass kein anderer Dämon den Übergang zwischen den Ebenen genutzt hatte, um in sie zu fahren.
    Ich Idiotin , dachte sie.
    Ihr Blick flackerte zu den getrockneten Blutlachen, und Übelkeit stieg in ihr hoch, aber Sam zuckte nur mit den Schultern. Seine Gleichgültigkeit beunruhigte sie, und sie erschrak über sich selbst. Vor wildfremden Menschen hatte sie ihre Magie benutzt. Wenn das ihre Mutter erfuhr, würde sie ihr den Kopf abreißen. Wie hatte sie nur so unvorsichtig werden können? War es der Alkohol gewesen?
    »Wo sind die anderen?«
    »Ein paar haben die Flucht ergriffen, als der Dämon aus dem Papagei gesprochen hat. Er hat sie ziemlich unflätig beschimpft. Manche auch schon vorher, als sie gesehen haben, wie du dir die Hände aufgeschlitzt hast. Alles Feiglinge, wenn du mich fragst. Da tönen sie groß rum, dass sie mal was erleben wollen, haben Dracula im Schrank stehen und wollen von Werwölfen gebissen werden, und wenn man ihnen dann echte Magie und einen Dämon präsentiert, machen sie sich in die Hose.« Sein Gesicht zeigte Abscheu. Wenn er etwas hasste, dann Feiglinge, und auf einmal kam ihr der Gedanke, dass er sie nur benutzt hatte, um den anderen eins auszuwischen.
    Und sie hatte es zugelassen. Sie war wirklich sein Mädchen, seine Marionette, deren Fäden er zog.
    »Wir müssen den Dämon loswerden, Sam.«
    »Dafür ist es zu spät.« Er deutete mit der Hand auf den Käfig, die Zigarette noch zwischen den Fingern. »Der Dämon hat sich schon mit dem Tier verbunden. Er steckt jetzt in seinem Körper. Wenn du den Dämon loswerden willst, musst du dem Vogel den Hals umdrehen.«
    Empört schnappte sie nach Luft. »Ich kann doch nicht den Papagei umbringen!«
    »Ich kann’s tun, wenn du willst.« Er stand auf, aber sie griff nach seinem Knöchel.
    »Nein! Lass ihn.«
    »Warum hast du dich so? Ist doch nicht das erste Tier, das du tötest.«
    Nein, aber sie wollte es nicht. Sie hatte geglaubt, ihr Blut würde ausreichen, aber wie sich herausstellte, gab es gute Gründe, warum bei Blutritualen Tiere verwendet wurden.
    Fieberhaft suchte sie nach einer Lösung. Der Dämon konnte in dem Körper des Papageis nicht viel anfangen, er würde den Bewohnern der Wohnung jedoch nach und nach die Lebensfreude aussaugen, bis sie sich immerfort müde und schwach fühlten. Sie würden glauben, es läge an Allergien, und vielleicht zu dem Schluss kommen, dass in dem Haus schädliche Baustoffe verwendet wurden. Dabei hatten sie sich einen Dämon eingefangen, der von ihren Energien lebte.
    »Wir nehmen ihn mit«, sagte sie bestimmt. »Ich behalte ihn. Wenn ich einen
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