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Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Babel Gesamtausgabe - Band 1-3

Titel: Babel Gesamtausgabe - Band 1-3
Autoren: Cay Winter
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Albträume? Bist du schon einmal nachts durch mein Zimmer geflogen, und ich bin keuchend aufgewacht? Hast du dich daran erfreut, wenn ich im Dunkeln gelegen und in den Schatten Monster vermutet habe, wo doch nichts anderes lag als altes Spielzeug und das dreckige Turnzeug vom Vortag? Freut dich mein Schmerz?
    Dann komm!
    Ein zweiter Schnitt folgte und dann ein dritter. In dicken Tropfen fiel das Blut in den Bannkreis. Wie im Fieber zitterte Babel am ganzen Leib.
    Der Dämon konnte sich nicht zurückhalten, er kroch näher.
    Es ist ganz einfach. Du musst es nur wollen. Sieh! Da ist ein Körper für dich. Warmes Fleisch …
    Sie zog den Dämon zu sich herüber, die Gegenwehr war schwach. Zu verlockend war für ihn der pochende Herzschlag des Papageis. Babels Energien griffen nach dem Dämon und leiteten ihn hinüber in die stoffliche Welt. Banden ihn an den Vogel, der wild mit den Flügeln schlug.
    Es sollte nicht so einfach sein , hörte sie die Stimme ihrer Mutter flüstern, aber das war nur Einbildung.
    Es war einfach. Sie hörte das Keuchen der anderen, Rufe und umstürzende Stühle, als jemand panisch aufsprang, aber das interessierte sie nicht mehr.
    Was ist, war es nicht das, was ihr wolltet? Echte Magie. Wer hat euch nur erzählt, sie hätte keinen Preis?
    Das Blut tropfte noch immer auf die Dielen, aber der Dämon war bereits in das Tier gefahren, und sein Kreischen erfüllte den Raum. Hoch, als würde Metall über Metall schrammen.
    Geschafft , dachte sie, und eine Welle der Euphorie überrollte sie. Rasender Herzschlag und Blutrauschen in den Ohren, wie die Musik im Club, wenn sie mit Sam tanzte. Auch das hier war ein Tanz, und sie drehte sich immer schneller. Es war geschafft, und die aufgestaute Energie in ihrem Innern suchte sich einen Weg nach draußen.
    Ihre Hand durchstieß den Bannkreis und wurde sofort ergriffen. Das Grau hüllte sie ein, und sie schmeckte Sams Süße auf ihrer Zunge, als er sie küsste. Seine Hände packten sie, drückten sie auf die Dielen, er biss ihr in die Schulter, und sie verschränkten die Finger ineinander, sodass sich das Blut von ihrer Hand auf seine übertrug. Mit den Fingerspitzen fuhr er über ihren Mund und hinterließ blutige Abdrücke auf ihren Lippen, als wolle er sie kennzeichnen. Unter ihren Händen brannte seine Haut. Auch ihn hatte das Fieber gepackt, und auf einmal war es ihr gleichgültig, was um sie herum passierte. Sie hörte entsetzte Rufe, aber das interessierte sie nicht. Sie vergaß alles außer Samuel, während im Hintergrund noch der Dämon schrie …
    Lange bevor sie die Augen aufschlug, war Babel schon wach. Die Morgensonne brannte ihr auf den Lidern, und in der Luft hing der Geruch rohen Fleischs. Sie fürchtete sich davor, die Augen zu öffnen, denn in ihrem Kopf fanden sich nur noch Bruchstücke der vorangegangenen Nacht.
    Es gab Hinweise auf das, was geschehen war: die Nachwehen der Krämpfe in den Oberschenkeln und der Schmerz in den Handflächen, dort, wo sie mit dem Messer angesetzt hatte. Ihr Magen schien sich von innen nach außen gedreht zu haben, und der bloße Gedanke an Essen jagte Wellen der Übelkeit durch ihren Körper. Obwohl sie sich wie zerschlagen fühlte, war ihr Geist unruhig und rückte den ersehnten Schlaf in weite Ferne. Sie wusste, dass sie nicht ewig hier liegen bleiben konnte. Irgendwann musste sie die Augen öffnen und sich dem stellen, was zweifellos um sie herum zu finden war.
    Irgendwo neben ihr waren Würggeräusche zu hören, jemand stürzte aus dem Zimmer. Das war kein gutes Zeichen. Langsam schlug sie die Augen auf und blinzelte ins Zwielicht. Das Erste, was sie sah, war ein umgestürzter Stuhl, der in den Scherben einer Bierflasche lag. Als sie sich umschaute, entdeckte sie weitere umgekippte Möbel, Essensreste, Bierflecken, Zigarettenkippen, und über allem lag eine feine Mehlschicht. Doch das war es nicht, was das Szenario von anderen Morgen nach Partys unterschied.
    Nein, der Unterschied, der ihr den Magen umdrehte, war das getrocknete Blut auf dem Fußboden, dessen Geruch wie Schweiß an ihrer Haut klebte.
    Langsam richtete sie sich auf. Nicht weit von ihr entfernt lag Sam, halb nackt und mit ihren blutigen Handabdrücken beschmiert. Im Licht der Sonne, die durch die halb geschlossenen Jalousien fiel, glänzte sein Körper noch immer wie Stein, doch die graue Farbe hatte einem hellen Bernsteingelb Platz gemacht. Er war so schön, dass es ihr den Atem verschlug. Ein Ziehen machte sich in ihrer Brust breit, und
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