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Babel 3 - Geisterliebe

Babel 3 - Geisterliebe

Titel: Babel 3 - Geisterliebe
Autoren: Cay Winter
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aufpassen.
    Das hast du von Karl auch gedacht. Er hat dir sogar seine Pistole gezeigt, nicht wahr?
    Genützt hatte sie ihm allerdings nichts. Das musste Babel einsehen, als sie endlich eine Stationsärztin über Karls Zustand informierte. Er war noch am Leben, aber nur gerade so. Er hatte einen Lungenriss, der von einer Stichwunde mit einem Messer herrührte, weshalb der Notarzt auch die Polizei informiert hatte, da alles nach einem Überfall aussah. Karls Glück war Mo gewesen, der ihn so schnell gefunden hatte, sonst wäre er verblutet.
    Auf dem Fußboden unseres Büros, während Dolly ihre Songs schmettert …
    Doch das Hauptproblem bei seinen Verletzungen lag an anderer Stelle, denn er hatte außerdem einen schweren Schlag gegen den Kopf erhalten. Die Ärzte waren gezwungen gewesen, ihn in ein künstliches Koma zu versetzen. Wie lange sie diesen Zustand aufrecht halten würden, konnte niemand voraussagen. Einen Tag, zwei, länger. Doch je länger es andauerte, desto wahrscheinlicher war, dass Karl bleibende Schäden davontragen würde.
    Einen Moment lang standen sie alle wie betäubt im Gang, niemand sagte ein Wort, es gab keines, das diesen plötzlichen Schmerz ausdrücken konnte, der sie alle erfasst hatte.
    Du hättest besser auf ihn aufpassen müssen. Du weißt doch, wozu Hexen fähig sind.
    Ja, aber er hat mir immer wieder versichert, dass er ein harter Bursche ist – und irgendwann habe ich ihm das wohl auch geglaubt.
    Aber Hexen sind nun mal keine gewöhnlichen Schläger, sie sind viel gefährlicher.
    Die Stationsärztin bat darum, dass nur ein Besucher zu Karl hineinging, und so betrat Babel die Intensivstation allein, während Mo auf einem Stuhl im Wartesaal zusammenrutschte und das Gesicht in den Händen vergrub. Sie versuchte, sich gegen den Anblick zu wappnen, der sie erwartete, aber das gelang ihr nur schlecht. Mit zögerlichen Schritten ging sie auf das Bett zu, als fürchte sie, Karls Anblick könnte das Schlimme in ihrem Kopf real werden lassen.
    Als sie endlich neben ihm stand, erkannte sie ihn kaum wieder. Er sah nicht mehr aus wie er selbst, nur wie eine ausgeblichene Kopie, eine verwaschene Skizze des Mannes, der er war. Sein blondes Haar schien genauso grau wie seine Haut, und auf den Handrücken zeigten sich deutlich die blauen Adern.
    Er sah aus wie ein alter Mann.
    Durch einen Schlauch in der Nase bekam er Sauerstoff und auch in seinem Arm steckte eine Flexüle. An der Seite verlief unter der Bettdecke der Dränageschlauch, in dem sich Wundsekret und Blut sammelten, und Babel betrachtete fassungslos, wie das Leben aus ihm herausfloss. Es war ein furchtbarer Anblick, denn er zeigte, wie zerbrechlich das Leben war.
    Eine Weile stand sie einfach so da und streichelte mit den Fingerspitzen sanft Karls Hand und lauschte dem Piepen des Monitors. Sein Herzschlag war gleichmäßig, aber langsam. Babel konnte spüren, dass Karl am Ende war.
    Aber das darf nicht sein.
    Zum ersten Mal überwog die Wut die Angst um ihn. Sie konnte den Zorn auf die Angreifer auf ihrer Zunge schmecken, bitter und brennend, deshalb konzentrierte sie sich auf das, was nun geschehen musste. Vorsichtig sah sie sich um, aber die Schwester hatte das Zimmer längst verlassen, außer einem Mann in einem Bett am anderen Ende des Raumes war niemand hier. Sie nahm die kleine Tüte Holzasche aus der Jackentasche, die sie stets bei sich trug, und pustete eine Prise davon in die Luft. Ihre Magie aktivierte sich und färbte die Asche, die sich auf allem verteilte, bunt. Babel konnte die Aura des Raums und seiner Gegenstände genauso erkennen wie die Aura, die Karl und sie umgab. Ihre eigene war blau, doch wo Karls Aura üblicherweise ein leuchtendes Rot aufwies, zeigte sich jetzt nur noch ein blasses Rosa; er atmete flach und besaß kaum noch Energie.
    Entschlossen legte sie die Hand auf seinen Unterarm und konzentrierte sich darauf, ihre Magie auf ihn zu übertragen. Sie stellte sich vor, wie sich seine beschädigten Zellen regenerierten, die Knochen, die Haut und die Nähte sich zusammenfügten. Wie sich alles wieder verband, was auseinandergerissen worden war. Ihre Kraft ging auf ihn über, doch ihm fehlte so viel Energie, dass es damit nicht getan war. Er würde nicht aufwachen, auch wenn die körperlichen Schäden behoben wurden. Ohne darüber nachzudenken, drehte sie den Ring mit der Eisenspitze nach unten und stach sich damit in die Handinnenfläche, bis Blut zu sehen war.
    Bist du sicher, dass du diese Magie einsetzen
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