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Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit

Titel: Auszeit - Die groeßte Katastrophe der Menschheit
Autoren: Wolfgang Doll
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Breuer, schob dies auf den relativ hohen Blutverlust, den Eda erlitten hatte sowie auf einen vermutlich ohnehin nicht besonders starken Kreislauf. Er sah sich die zer- quetschte Hand genau an und auch ihm war klar, dass sie wohl kaum an einer Amputation vorbeikommen würden. Trotzdem ordnete er eine Röntgenuntersuchung an, zum einen, um wirklich sicher zu sein, zum anderen, um zu sehen, wie weit die Verletzungen in den Unterarm hineinreichten.
     
    Jede Nacht, wenn er Dienst tat, war es das gleiche: Unfälle, Unfälle und nochmals Unfälle. Am häufigsten waren die Autounfälle. Dann kamen Verletzungen, die von irgendwelchen Schlägereien herrührten, und an dritter Stelle lagen die Unfälle im Haushalt, aber die waren  schon seltener. Jedenfalls um diese Uhrzeit. Tagsüber sah das schon anders aus. Einen Arbeitsunfall, noch dazu während der Nacht, hatte er schon ewig nicht mehr gehabt. Wer arbeitet auch schon nachts! Außer den Ärzten lediglich ein paar weitere armselige Würstchen, auf deren Dienst die Menschen selbst nach dem in den meisten deutschen Unternehmen üblichen Arbeitsende nicht verzichten konnten.
    Armer Kerl, dachte er, hat Nachtschicht geschoben, damit die anderen am Morgen gemütlich beim Kaffee ihre Zeitung lesen können.
     
    “Doktor, Doktor!“ Die Schwester kam hereingestürmt. “Kommen Sie schnell! Der Kreislauf sinkt immer weiter ab!“
     
    "Verdammt! Wer hat heute Nachtdienst in der Chirurgie?“
     
    “Ich glaube Doktor Mackens.“
     
    “Rufen Sie ihn sofort an. Er soll eine Notoperation vorbereiten. Wir müssen amputieren! Ich komme gleich zu ihm rüber. Ich besorge nur die Röntgenaufnahmen."
     
    Während die Schwester zu Doktor Mackens losrannte und ihn kurz aufklärte, damit dieser die erforderlichen Vorbereitungen treffen konnte, eilte Breuer in die Röntgologie, um die Aufnahmen zu holen.
     
    “Warum dauert das denn heute wieder so lange?“, fuhr er die Röntgenschwester an. “Los, schnell, ich brauche die Bilder von dem zerquetschten Arm, den wir gerade hereinbekommen haben!“
     
    “Es geht eben einfach nicht schneller, Wir müssen nun einmal erst entwickeln und fixieren“, antwortete die Schwester mit leicht beleidigtem Unterton.
     
    “Na und, wie weit sind sie jetzt?“, drängte Breuer unbeirrt weiter.
     
    “Die Aufnahmen sind gerade im Fixierbad. Eine Minute müssen Sie schon noch warten.“
     
    Breuer hasste warten. Ganz gleichgültig worauf. Das ganze Leben bestand aus Warten. Und vor allem, wenn es schnell gehen sollte, gerade dann wartete man natürlich besonders lange. Vor zwei Wochen musste er bei einem Patienten mit einer Schädelfraktur warten, weil der Chirurg noch mit einer anderen Operation beschäftigt war. Als es dann endlich so weit war, starb der Patient, bevor er den Operationssaal erreicht hatte. Es war eben einfach viel zu wenig Personal im Krankenhaus, was vor allem nachts zu einem echten Problem werden konnte, weil dann ohnehin nur eine Schmalspurbesetzung Dienst tat. Jeder wusste das, aber keiner unternahm etwas dagegen. Man hörte immer nur, dass keine Leute zu bekommen seien, obwohl gerade jetzt eine Ärtzeschwämme noch nie da gewesenen Ausmaßes das Land überflutete. In Wirklichkeit wollten alle nur sparen und möglichst viel Profit aus dem Geschäft mit der Krankheit schlagen.
    Nach einer Minute Wartezeit wurde es Breuer zu dumm. Er ging selbst zum Fixierbad und nahm die Aufnahmen heraus.
     
    “Halt, die müssen doch noch ins Wasserbad!“, protestierte die Schwester.
     
    “Scheiß aufs Wasserbad. Wenn ich wieder Zeit habe, komme ich zurück, und dann können wir zusammen ein Wasserbad nehmen, wenn Sie unbedingt so scharf darauf sind.“
     
    Die Schwester staunte ihm mit offenem Mund nach und war sich nicht sicher, ob sie sich ärgern oder geschmeichelt fühlen sollte. Als Breuer in den OP-Saal kam, war schon alles für die Operation vorbereitet.
    Mackens, der die Operation durchführen sollte, war ein sehr ruhiger und zuverlässiger Chirurg. Sie studierten zusammen die Röntgenbilder und kamen dabei zu der Auffassung, dass man den Arm kurz unterhalb des Ellbogengelenks abtrennen müsste. Breuer selbst übernahm nur eine assistierende Funktion. Er war kein Chirurg, sondern Internist und als solcher auf die Gerätemedizin spezialisiert. Den Dienst in der Notaufnahme schob er nur deshalb, um Geld hinzuzuverdienen und dadurch möglichst schnell die Schulden abzutragen, die durch den Kauf einer Eigentumswohnung entstanden
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