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Aussicht auf Sternschnuppen

Aussicht auf Sternschnuppen

Titel: Aussicht auf Sternschnuppen
Autoren: Katrin Koppold
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Mann mischte sich erneut ein. „Ja, aber erst nachdem ich ein Auto bekommen habe. Sie haben sich vorgedrängelt.“
    „Nein. Ich habe Sie bloß überholt. Oder?“ Hilfesuchend blickte ich die Frau an.
    Doch deren Miene blieb unbewegt. „Ich kann nicht sagen, wer von Ihnen zuerst da war. Machen Sie das unter sich aus! Ich habe auf jeden Fall nur noch einen Mietwagen.“
    Ich schenkte dem Mann einen flehenden Augenaufschlag. Doch er erwiderte meinen Blick ungerührt und kramte in seiner Lederjacke eine Schachtel Zigaretten hervor.
    „Entschuldigen Sie. Aber hier drinnen ist das Rauchen verboten. Bitte gehen Sie …“, warf die Frau von der Autovermietung ein, nun ziemlich genervt.
    „Es zählt nicht, wer zuerst das Geschäft betreten hat, sondern wer zuerst am Schreibtisch gestanden hat. Und das war ich“, unterbrach ich sie.
    Auch mein Gegenüber beachtete sie nicht, sondern steckte sich ungeachtet ihres Verbots eine Zigarette in den Mund. „Das sehe ich ein wenig anders.“ Er zückte ein Feuerzeug.
    „Ich habe Ihnen gerade gesagt, dass Sie hier drinnen nicht rauchen dürfen.“ Die sauertöpfische Dame stand auf und geleitete uns unsanft vor die Tür. „Kommen Sie wieder herein, wenn Sie sich entschieden haben, wer zuerst da war.“
    Mein Gott, wie kindisch! Ich stritt mich mit dem Fremden herum, als wären wir Kleinkinder. Ich war erster! Nein, ich war erster! Das ist mein Auto! Nein, meins! Aber es half nichts. In dieser Autovermietung schien es den letzten Mietwagen von München zu geben und ich musste ihn bekommen. Kostete es, was es wolle.
    Ich wedelte mit meiner Visakarte vor der Nase meines Kontrahenten herum. „Wenn Sie mir das Auto überlassen, bezahle ich Ihnen, soviel Sie wollen. Das hier ist ein Notfall!“
    „Wer stirbt?“
    „Niemand. Was soll das?“
    „Sie sprachen von einem Notfall. Brauchen Sie eine neue Niere?“
    „Nein.“
    „Na dann.“ Er verzog seine Lippen zu einem herablassenden Lächeln und musterte mich betont langsam von Kopf bis zu den Füßen.
    „Es ist trotzdem ein Notfall“, beharrte ich ungeduldig.
    „Dann ist Ihr Notfall aber kaum größer als meiner. Ich habe einen wichtigen Termin in Italien. Und Sie?“
    „Sie müssen nach Italien!“, rief ich aufgeregt. „Genau wie ich. Wohin wollen Sie?“
    Er zündete sich die Zigarette an und atmete den Rauch tief ein, bevor er antwortete. „Nach Vinci.“
    „Nach Vinci? Das ist ganz in der Nähe von Lucca. Dorthin muss ich nämlich. Lassen Sie uns den Wagen gemeinsam mieten.“ Ich versuchte, ein begeistertes Gesicht zu machen, auch wenn sich mein Innerstes zusammenkrampfte. 700 Kilometer, zusammen mit diesem Ekel in einem Auto. Und dann auch noch in einem Smart! Aber wenn es die einzige Möglichkeit war, endlich Gewissheit zu bekommen, so würde ich das Opfer auf mich nehmen. Der Zweck heiligt ja bekanntlich fast alle Mittel.
    Anscheinend hegte er ähnlich unerfreuliche Gedanken mir gegenüber wie ich ihm, denn er verzog das Gesicht beinah schmerzhaft, als würde er innerlich mit sich kämpfen. Erst nach zwei weiteren Zügen an der Zigarette schien er sich zu einer Entscheidung durchgerungen zu haben.
    „Gut, teilen wir uns das Auto!“ Seine Stimme ließ jegliche Begeisterung vermissen.
    „Super! Vielen Dank!“ Ich überlegte, ob ich ihm um den Hals fallen sollte, unterließ es aber und tätschelte nur kurz seinen Arm. „Aber ich möchte als zweiter Fahrer eingetragen werden.“
    Er seufzte. „Meinetwegen. Bevor wir losfahren, muss ich allerdings noch etwas essen.“
    „Das geht nicht.“ Ich zog ihn in Richtung Autovermietung. „Ich muss sofort los.“
    „Und ich muss etwas essen. Wenn Sie wollen, dass ich Sie mitnehme, werden Sie noch einen kleinen Moment warten müssen.“ Er warf die Zigarette auf den Boden und trat heftig auf ihr herum. Bestimmt stellte er sich gerade mein Gesicht auf dem weißen Papier vor!
    „Wir könnten später an einer Autobahnraststätte anhalten. Ich spendiere Ihnen ein Sandwich.“
    „Ich habe aber jetzt Hunger. Und wenn Ihnen das nicht passt, dann müssen Sie sich eine andere Mitfahrgelegenheit suchen.“ Seine Augenbrauen wanderten unheilvoll zusammen.
    Ich überlegte kurz, ob ich ihm zu verstehen geben sollte, dass ich das Geschäft als erstes betreten hätte und der Mietwagen somit vorrangig mir zustand, entschied mich aber dann dazu, mich zumindest in dieser Angelegenheit geschlagen zu geben. „Na gut, aber beeilen Sie sich!“
    Als wir die Autovermietung erneut
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