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Ausgeweidet (German Edition)

Ausgeweidet (German Edition)

Titel: Ausgeweidet (German Edition)
Autoren: Brigitte Lamberts , Annette Reiter
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ungehalten: »Geht es vielleicht etwas genauer? Wir sind hier nicht in irgendeiner Rateshow. Wer ist denn nun dieser ›Blasse‹, Herr Hauptkommissar?«
    »Der ehemalige Hauptkommissar Jürgen Beyer«, antwortet Clemens und schaut Kreutz direkt in die Augen.
    »Otto, was kannst du uns über deinen ehemaligen Kollegen sagen?«
    Kreutz, der bisher gestanden hat, sinkt auf einen der Besucherstühle.
    »Du verdächtigst doch nicht etwa ihn?« Kreutz schüttelt den Kopf. »Das kann ich nicht glauben. Dass er früher psychische Probleme hatte, das wusste ich wohl, aber ihm gleich zwei bestialische Morde zu unterstellen, also wirklich.«
    »Näheres wissen wir erst, wenn wir bei ihm eine Hausdurchsuchung vorgenommen haben, denn es gibt einen begründeten Verdacht«, erwidert Clemens.
    Pia Cremer mischt sich ein. »Mal langsam. Wir alle wollen den Täter überführen und weitere Morde verhindern. Aber wir können nicht immer, sobald uns eine Person verdächtig erscheint, mal eben so eine Hausdurchsuchung vornehmen. Ich erinnere Sie in diesem Zusammenhang an den Reinfall mit Erika Wagner.«
    »Ich bestreite ja nicht, da vollkommen auf der falschen Spur gewesen zu sein. Aber dennoch halte ich an meinem Täterprofil fest. Und jetzt geht es mir darum, mehr über Jürgen Beyer in Erfahrung zu bringen«, hält Clemens dagegen und blickt Kreutz erneut an.
    Der Kriminalrat seufzt auf.
    »Der Beyer, der war damals ein richtig Guter. Wir haben seinerzeit eng zusammengearbeitet. Drei Ehen sind bei ihm den Bach runtergegangen. Die Arbeitszeiten, ihr wisst ja selbst. Und seine letzte Frau hatte sogar Verständnis für seinen Beruf. Trotzdem ging es dann auch mit dieser Ehe zu Ende. Irgendwann wurde er zum Dezernat Missbrauch versetzt. Viele von den Tätern hat er überführen können. Ich glaube, es ging ihm ziemlich an die Nieren, dass sie in den seltensten Fällen auch abgeurteilt wurden.«
    Kreutz schnäuzt sich und ringt um Fassung.
    »Jedenfalls bekam er zunehmend psychische Probleme und sah sich gezwungen, die Frührente einzureichen. Mehr weiß ich nicht. Der Kontakt ist dann auch etwas versandet.«
    »Haben andere Kollegen noch Kontakt zu ihm?«, fragt Maria.
    »Nein. Zwei, drei haben sich noch eine Zeitlang um Beyer bemüht, aber der wollte das nicht. ›Ich gehöre ja sowieso nicht mehr dazu‹, waren seine Worte. Und dann haben auch die anderen aufgegeben. Ab und zu kam er ins Büro in den letzten Jahren.«
    Christian auf der Heide kommt mit der Personalakte von Beyer aus dem Archiv. Der Hauptkommissar überfliegt sie rasch. Er blättert zurück an den Anfang, da ist Beyers Bewerbung abgeheftet, Jahrgang 1949, also gerade einmal sechzig Jahre, und – Clemens hält kurz die Luft an – Beruf der Eltern: Landwirte mit Viehhaltung.
    »Dann sollten wir uns mal seine Bleibe ansehen.« Clemens schaut Pia Cremer an. Die Oberstaatsanwältin hält seinem Blick stand.
    »Das sind wieder nur Vermutungen. Dass Beyer so durchgedreht ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht als Schuldeingeständnis gewertet werden. Hierfür mag es ganz andere Gründe geben.«
    Clemens hingegen ist von der Notwendigkeit einer Hausdurchsuchung bei Beyer fest überzeugt.
    »Wir suchen jemanden, der psychisch schwer angeschlagen ist, der über fünfzig Jahre alt ist, der sich mit Polizeiarbeit und Kriminaltechnik auskennt, der in irgendeinem Verhältnis zu Senta Hartmann steht, der es auf mutmaßliche Missbrauchstäter abgesehen hat und auf dieses Thema fixiert ist, der aller Wahrscheinlichkeit nach in seinem Beruf auf äußerste Detailgenauigkeit Wert legen muss, der zudem noch mit Waffen umgehen kann und auch etwas von der Schlachtung von Tieren versteht.«
    Clemens hat sich so in Rage gesprochen, dass seine Argumente ohne Punkt und Komma auf die Oberstaatsanwältin niederprasseln. Otto Kreutz mischt sich ein. »Auch wenn es uns allen schwerfällt, einem ehemaligen Kollegen so eine Tat zuzutrauen, die Summe an Übereinstimmungen mit dem Täterprofil lässt sich nicht leugnen. Wir sollten die Hausdurchsuchung sofort beantragen.«
    Pia Cremer überlegt kurz, dann nickt sie Clemens zu und verlässt den Raum. Kreutz erhebt sich schwerfällig, geht zum Telefon und ruft Schoeller an. Dann bittet er Clemens und Maria in sein Büro. Kaum hat er die Tür hinter sich zugezogen, fragt er unwirsch: »Wieso habt ihr Beyer nicht schon früher erkannt?«
    »Ich weiß es nicht. Dafür gibt es mehrere Ursachen. Die Fotos von den Verhandlungen haben den ›Blassen‹ nur
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