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Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)

Titel: Auge um Auge - Moonbow #1 (German Edition)
Autoren: Stephanie Madea
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Sie hatte hart mit Piri trainiert. Ihr Personalroboter gab einen ausgezeichneten Blindenhund ab.
    »So, wir sind da. Setz dich bitte, View. Gleich geht’s los.«
    View lächelte. Sie brauchte die Schritte bis zum Labortrakt, in dem sie ständig untersucht wurde, nicht mehr zu zählen, um genau zu wissen, wann sie sich wo befanden. Es kam ihr vor, als würde sie sehen, obwohl es ihr sogar unmöglich war, hell oder dunkel durch die Speziallinsen zu erkennen. Obwohl sie die Linsen zum Schutze aller trug, mied man ihre Nähe. Sie spürte die Blicke im Nacken, die aus sicherer Entfernung auf ihr ruhten. Sie verübelte es niemandem. Keiner sollte je wieder durch sie das Augenlicht verlieren.
     
    Die letzte Untersuchung des Tages stand bevor. View gähnte mit vorgehaltener Hand. Die unruhige Nacht forderte ihren Tribut, und obwohl View mit den Füßen wippte, fühlte sie sich ausgelaugt und matt. Ihre Augen brannten unter den Linsen vom ständigen Einsetzen und Rausnehmen, vom ständigen Auf- und Zuklappen, vom ständigen irgendwo Durch- oder Reinsehen, von unzähligen Tropfen. Sogar Nadeln hatten sie heute malträtiert. Sie hatten ihr Blut abgenommen, ihren Urin und die Haare untersucht. View fühlte sich wie jedes Mal absolut durch die Mangel gedreht und als würde sie im Sitzen einschlafen können. Ihre Glieder hingen schwer hinunter und ihre Gedanken wateten in zähem Schlamm. Und doch drängte sich ihr der Traum von vergangener Nacht auf, der immer wiederkehrende. Tränen traten ihr in die wunden Augen und verschlimmerten das Ganze. Sie wollte niemanden verletzen.
    Piri hätte nun sanft mit ihr geschimpft. Sie wisse doch, dass Grübeln und Fragen in ihrem Fall nicht helfen.
    »View? Kommst du bitte?«
    Sie horchte auf. Die Stimme des Laborleiters. Es musste anderthalb Jahre her sein, dass sie sie gehört hatte, aber sie war sich fast sicher, dass er es war. Sie stand auf und begab sich zielbewusst durch eine Tür in einen engen Raum. Der letzte Raum eines jeden Untersuchungstages. Nun war sie überzeugt, dass es Max sein musste, denn die Wissenschaftler begleiteten und führten sie stets durch die Flure, als trauten sie ihr nicht zu, sich blind genauso sicher zu bewegen wie die Sehenden. Max nicht, er ließ sie ihren Weg allein gehen. Schließlich konnte man seine Umgebung doch fühlen. Man brauchte sie nicht zu sehen.
    »Die Haltegriffe sind direkt vor dir, View. Alles okay mit dir? Gleich bist du durch für heute.«
    Fast hätte sie geantwortet, doch es war natürlich keine wirkliche Frage von Max. Rhetorisch. Die Antwort lautete Nein und das sah man ihr wohl an. Dank Piri wusste sie, wie sie sich zu benehmen hatte. Doch eines brannte ihr wie sengende Kohle auf der Zunge. »Ist eine Besseru…?«
    »Du weißt ja, wie es abläuft«, unterbrach Max sie ungehalten, »folge präzise den Anweisungen, sobald ich den Raum verlassen habe.«
    Eine Tür rauschte auf und glitt kaum vernehmlich wieder zu. View ließ den Kopf auf die Brust sinken. Sie hätte nicht fragen sollen. Rasch stellte sie sich auf den schmalen Tritt und legte ihre Arme rechts und links auf die Lehnen. Ihr Kinn schob sie in eine dafür vorgesehene Mulde. Dieser Stehplatz war auf ihre Größe positioniert. Eine Apparatur senkte sich mit leisem Summen auf ihren Kopf herab und umschloss ihn. Das fühlte sich unangenehm an, weil die Halterungen einen leichten Druck ausübten, aber es war auszuhalten.
    Ein Lautsprecher begann, für ein normales Gehör kaum wahrnehmbar, zu rauschen. »Bitte nimm die Kontaktlinsen heraus.«
    View runzelte die Stirn. »Beide?«
    »Ja, beide. Bitte.«
    Es war das erste Mal, dass sie beide gleichzeitig herausnehmen sollte . Sie tat, wie ihr geheißen. Die Linsen ließ sie in ein bereitgestelltes Gefäß direkt vor der Kinnmulde fallen. Sie blinzelte stark, weil die Helligkeit im Raum ihr in den feuchten Augen brannte. Lichtblitze tanzten ihr vor dem Gesicht herum. Heute war es besonders schlimm. Sie schloss die Lider, vermisste aber die samtene und heilende Dunkelheit, die ihr die Linsen verschafften. Flink wickelte sie ein bereitliegendes, breites Tuch um den Kopf, legte es über ihre Stirn und band es im Nacken stramm zusammen. Es würde als Sichtschutz dienen, damit sie, ohne jemanden zu gefährden, in ihr Quartier gelangte. Linsen brauchte sie für heute zum Glück nicht nochmals einzusetzen, denn bald durfte sie endlich zurück in ihr geliebtes Zimmer.
    »Es geht los, View.«
    View zuckte zusammen und stellte sich auf, wie
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