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Auge um Auge (German Edition)

Auge um Auge (German Edition)

Titel: Auge um Auge (German Edition)
Autoren: Jenny Han , Siobhan Vivian
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einen Arm um die Schulter. »Beeil dich, Mom. Wir müssen bald los.« Er hat Rasierwasser aufgetragen, merke ich. Das macht er normalerweise nicht. Es duftet aber angenehm, nach Holz und Lavendel.
    Mrs. Lind schießt ein Bild nach dem anderen. Lange kann ich mein Lächeln nicht mehr halten. Ich wünschte, wir wären schon auf dem Ball und ich hätte meinen Auftrag erfüllt.

35 KAT  Ich stehe etwas abseits, neben dem Bereich mit Tischen und Stühlen, und sehe zu, wie Lillia am Stand zwei Becher mit Punsch füllt. Sie greift in ihre schwarze Handtasche, trägt rasch etwas Lippenstift auf und hält dann ganz beiläufig das Glasröhrchen über einen der Becher. So schnell und unauffällig ging das, dass ich es nur gesehen habe, weil ich sie mit Adleraugen beobachte.
    Lillia geht zurück zu ihrem Tisch und tut so, als suchte sie Rennie, die aber eben zur Toilette gegangen ist. »Wo ist deine Freundin?«, fragt sie Reeve, der allein am Tisch sitzt. »Ich sollte ihr einen Punsch holen.«
    Reeve sieht überrascht aus. »Rennie ist nicht meine Freundin.«
    »Ich glaube, das sieht sie anders. Du solltest ihr nichts vormachen.«
    »Das musst du gerade sagen.« Reeve mustert Lillia von Kopf bis Fuß, auch wenn er immer wieder kurz zur Seite blickt. »Rennie und ich sind Kumpel. Das ist alles.«
    »Alex und PJ sind deine Kumpel. Knutschst du mit denen auch rum?« Sie hält noch immer beide Becher in der Hand, die Clutch klemmt unter ihrem Arm. Ich weiß nicht, wieso sie immer noch dasteht und mit ihm quatscht, sie sollte ihm doch nur den Punsch anbieten.
    »Hör mal, da haben wir Flaschendrehen gespielt!«
    »Davon rede ich nicht. Auch nicht von dem Abend vor dem Bow Tie. Ich rede von gestern Abend.«
    »Wieso ist dir das so wichtig?«, fragt er grinsend.
    »Sie ist meine beste Freundin«, sagt Lillia spontan.
    Ich wünschte, sie würde zu mir herübersehen, dann könnte ich ihr ein Zeichen geben. Sie sollte sich beeilen, diese Unterhaltung dauert schon viel zu lange. Langsam frage ich mich, ob sie vielleicht doch noch kneift. Ich geb’s nur ungern zu, aber irgendwo in mir wäre ich sogar erleichtert. Nur ein winziges bisschen. Ich kenne Reeve so lange wie alle anderen hier. Jeder an unserer Schule weiß, wie dringend er so ein Footballstipendium will. Wie dringend er wegwill von der Insel. Sogar genauso dringend wie ich.
    Ich merke, wie ich die Luft anhalte, während ich Lillia weiter beobachte. Am anderen Ende des Saals kommt gerade Mary herein. Wie schön sie aussieht in einem langen rosa Kleid und den offenen, leicht gewellten blonden Haaren.
    Anscheinend hat Lillia Mary im selben Moment gesehen, denn jetzt endlich hält sie Reeve den Becher hin und sagt: »Prost. Und viel Glück bei der Wahl zum Homecoming-King.«
    Reeve sieht überrascht aus, vielleicht sogar erfreut. Er nimmt den Becher, stößt mit Lillia an und kippt den Punsch in einem Zug herunter. Dann leckt er sich die Lippen und sagt: »Dir auch viel Glück, Cho.«
    Ich drehe mich um. Hoffentlich hat Mary es auch gesehen. Sie zwinkert mir zu.
    Lillia antwortet Reeve nicht. Sie sieht nervös aus und nippt noch einmal an ihrem Punsch.
    Nachdem dieser Teil unseres Plans nun erledigt ist, gehe ich erst einmal zur Toilette. Ich hatte bestimmt schon drei Becher von diesem Punsch.
    Als ich die Tür aufmache, sehe ich Rennie vor dem Spiegel stehen, in diesem albernen Paillettenkleid, das ihr kaum über den Hintern reicht. Sie betrachtet sich im Spiegel, macht einen Kussmund, reißt die Augen weit auf. Wie gut ich dieses Spiegelgesicht kenne! Bestimmt tausendmal habe ich gesehen, wie sie das macht. Vielleicht zwei Sekunden lang überkommt mich ein Gefühl von Nostalgie, und wir sind wieder in meinem Zimmer, mischen Lippenstiftfarben, um das perfekte Rot hinzubekommen, und üben uns darin, wie wir unsere Augenbrauen richtig zupfen.
    Auf einmal entdeckt sie mich im Spiegel, und der Moment ist vorüber. »Oh, wow«, sagt sie. »Ich glaub’s ja nicht. Du bist tatsächlich gekommen. Allein.«
    »Na ja, es ist schließlich unser letztes Schuljahr«, sage ich. Mehr nicht.
    Sie wirft mir einen irritierten Blick zu, dann geht sie hinaus. Vermutlich hat sie erwartet, dass ich wieder auf sie losgehe. Vielleicht eine Neuauflage vom Zickenkrieg? Keine Sorge, Rennie, der Schlag kommt schon noch. Und zwar der finale.
    Ich bin gerade dabei, mir noch einen Becher Punsch einzugießen – der ist wirklich verflucht gut –, als ich eine Hand auf der Schulter spüre. Ich nehme an, es ist
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