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Aufstand der Maenner

Titel: Aufstand der Maenner
Autoren: Johannes Tralow
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gewaltiger Krieger und noch so erfahren sein, gut durchgehämmert von Stürmen, feindlichen Kugeln und Handspaken, so ist er dennoch nach seiner menschlichen Beschaffenheit nicht unwandelbar, wie der Baron es nicht war, mochte er auch in die Kajüte geplatzt sein gleich einem Hai, der in einen Makrelenschwarm stößt. Als er aber erst drin war, sagte er vorerst kein Wort. Voll Verwirrung und Groll schielte er nur bald nach der Duena, die schleunigst dem Halbdunkel einer Ecke den Vorzug gab, bald blickte der Herr Kapitän weniger zornig, aber deswegen nur um so verwirrter auf Donna Beatrix, wobei ganz ferne Erinnerungen von Besuchen in Straßburg und Tanzstunden in seiner hartgefrorenen Seele auftauten. Dabei konnte die junge Dame kaum über zwanzig zählen, was von einem so erprobten Kapitän unmöglich hoch anzuschlagen war. Ihre blaue Atlasrobe hatte zudem bei der Gefangennahme allerhand abbekommen. Und trotzdem geschah das Erstaunliche, daß sich der Baron zu guter Letzt vor Robe und Mädchen wie vor der Gemahlin eines Pairs auf einem Hofball verneigte.
    Und als er sich dann wieder aufrichtete, mußte sein Blick zum Überfluß auch noch in den Spiegel fallen. War er wirk-lich schon so alt? Mit dem angegrauten Kopf und dem straffen, dunkelgegerbten Gesicht? Die fette Person könnte sich ihre Leute auch genauer ansehen, che sie Männer in den besten Jahren »alt« nenne. Wenigstens der braune Samt mit den flandrischen Spitzen stehe ihm gut oder nicht?
    Die Dame war weit sachlicher.
    Ob er wegen des Lösegeldes komme, wollte sie wissen.
    Doch der Baron erwähnte mit keiner Silbe, daß von Lösegeld nach seiner eigenen, eben gefällten Entscheidung überhaupt nicht mehr die Rede sein konnte, vielmehr hielt er sich so, daß Donna Beatrix schließlich lachend zugeben mußte, die Flibustier seien am Ende doch ganz leidliche Menschen, was man bei ihr zu Hause nie so recht habe wahrhaben wollen.
    Sie seien eben eine neue amerikanische Rasse aus europäischer Männersaat, meinte der Baron; im übrigen klärte er sie aber so gründlich über seinen christlichen Glauben und seine kavaliermäßige Natur auf, daß ihm einfach keine Zeit blieb, auch noch von Fluteste zu sprechen. Das sparte er sich für den nächsten Tag auf.
    Als der Baron dann endlich gegangen war, machte die fette Duena noch viele Kreuze hinter ihm her und gelobte der Mutter Gottes von Guadalupe eine armdicke Kerze aus reinstem Wachs für den Fall ihrer und des Fräuleins Rettung aus dieser Not des Leibes und der Seele. Der Dicken erschienen die sechzig Kanonen der Räuberfregatte weit weniger gefährlich als der Kapitän, dieser Hexer und Seeräuberhauptmann in einer Person! Wie habe es sich sonst ereignen können, daß ihre junge Dame sie ausgelacht habe?
    »Den nennst du alt, du dumme Rosa?« hatte Donna Beatrix gesagt und war auf die schmale Heckgalerie gegangen.
    Und nun stand sie draußen und starrte versonnen in die Wirbel des Steuerruders und auf die im Mondschein weithin leuchtende Schaumspur.
    Und der Baron? Weder am nächsten Tag noch an den folgenden erwähnte er das geringste von Fluteste oder dem Spruch des Gerichts.
    Er konnte sich nicht entschließen.
    Doch: Spruch ist Spruch.
    Es hatte ihm freigestanden, ganz nach seinem Belieben das
    Urteil zu fällen; jetzt aber war er mehr daran gebunden als irgendein anderer. Und er wußte auch, daß sich die Leute von der Gattenwahl einen großen Spaß versprachen, mit jedem Tag schnellten die Wetten in die Höhe; nichts aber konnte die Männer leichter aufsässig machen als Langeweile und Enttäuschung.
    Welchen Zweck sollte es auch haben, das Unabwendbare länger hinauszuschieben? Daß womöglich noch ein junges Ding einen Mann von Verdienst auslache? Nein, besser eine sofortige Entscheidung, und dann schnell zurück! In Port Royal warten andere Aufgaben auf den Baron. Dort sei dann alles vorbei.
    Aber gesagt hatte er noch immer nichts zu Beatrix, als er eines Nachmittags seinen Stuhl so unter ein Sonnensegel stellen ließ, daß Schlagschatten auf sein Gesicht fielen. Sogar die Verhandlung trat er seinem Leutnant ab.
    Es war ein großer Tag auf der »Saint-Esprit«. Wer nur abkommen konnte, war an Deck, und da die schöne Gefangene inzwischen Gelegenheit gehabt hatte, ihre Kleiderschäden auszubessern, hinderte sie nichts, wie eine Fürstin durch die Gefahr zu schreiten.
    Links und rechts vom Gerichtstisch waren der narbige Labrasse und der kecke Fluteste aufgebaut.
    Beatrix erinnerte sich ihrer sehr
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