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Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Aufgebügelt: Roman (German Edition)

Titel: Aufgebügelt: Roman (German Edition)
Autoren: Susanne Fröhlich
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melde mich später!«, verspreche ich. »Ich muss jetzt ganz schnell zu meiner Mama!«
    »Gute Besserung für sie und bis später!«, verabschiedet er sich.
    »Brauchst du eine Mitfahrgelegenheit?«, fragt er noch.
    »Nein, ich habe mein Auto hier. Alles gut! Danke für das Angebot!«
    Ja, er ist Fußpfleger, aber was soll’s. Er macht einen wirklich guten Eindruck. Er ist aufmerksam, und er scheint mich gut zu finden. Zwei Dinge, die sehr für ihn sprechen. Ich freue mich, ihn bald wiederzusehen. Da haben wir es: Eine Tür geht zu und eine andere auf …

    Ich entschließe mich, direkt ins Krankenhaus zu fahren. Von unterwegs rufe ich Christoph an. Anrufbeantworter.
    »Bin in einer halben Stunde da!«, spreche ich drauf.
    Ich hoffe so sehr, dass es meiner Mutter, den Umständen entsprechend, gutgeht. Wieso ausgerechnet meine Mutter als Nichtraucherin und aktive Person einen Schlaganfall bekommt, ist mir rätselhaft. Aber Krankheiten und Schicksalsschläge fragen nicht nach Gerechtigkeit. Sie sind nicht fair.
    Innerhalb von zwanzig Minuten bin ich am Höchster Klinikum und parke. Auf welcher Station meine Mutter liegt, weiß ich nicht. Wird wohl die Neurologie sein. Ich haste zum Empfang.
    »Ich will zu meiner Mama!«, sprudelt es aus mir heraus.
    »Isch aach am liebste!«, antwortet der Pförtner und lächelt mich an. »Wie heißt denn die Mama? Das muss ich wissen, sind ja ein paar hier bei uns!«
    Nachdem wir die Personalien geklärt haben, schickt er mich zur Stroke Unit, einer speziellen Station zur Erstbehandlung von Schlaganfällen.
    »Des ham net alle Kliniken!«, betont er voller Stolz. »Un gute Besserung för die Mama!«
    Ein wenig Nettigkeit macht das Leben wirklich leichter. Mit bangem Herzen fahre ich mit dem Fahrstuhl in die zweite Etage. Zimmer 203. Ich klopfe.
    »Herein!«, höre ich die Stimme meiner Schwester. »Andrea! Gut, dass du da bist!«, begrüßt sie mich so freundlich wie lange nicht.
    Meine Mama sieht elend aus. Schwach und zart. Viel zarter, als ich sie in Erinnerung habe. Blass und geschwächt.
    »Mama! O mein Gott, was für ein Schrecken!«, sage ich und beuge mich zu ihr.
    »Hallo, mein Schatz!«, sagt sie und nuschelt dabei ein wenig. Auch ihre Stimme ist viel zarter, viel weniger bestimmt als sonst. Fast sehne ich mich danach, dass sie mir eben mal, auf ihre übliche ruppige Art, sagt, wo es langgeht.
    »Wo ist denn Papa?«, frage ich und drücke ihr einen Kuss auf die Stirn.
    »Der redet mit dem Arzt. Kurt und Christoph sind bei ihm.«
    »Es geht mir schon besser«, beruhigt mich meine Mutter, obwohl es doch umgekehrt sein sollte.
    Ich könnte allein bei ihrem Anblick direkt losheulen.
    »Es sieht bisher alles ganz gut aus. Das haben wir Christoph zu verdanken – der hat darauf bestanden, dass sie hierher kommt, in eine Klinik mit Stroke Unit. Der hat erkannt, dass es sich um einen Schlaganfall handelt. Ich bin echt froh, dass Christoph da war!«, seufzt meine Schwester.
    »Isch auch!«, nickt meine Mutter. Die Ch-Laute hören sich irgendwie verwischt an, klingen wie Sch. Wenn das alles ist, denke ich, Rudi redet immer so.
    »Papa wollte gar keinen Krankenwagen oder Notarzt rufen, der dachte, es wäre ein kleiner Schwächeanfall nach dem Golfspielen, von der Hitze.«
    Ich denke, Männer wollen einfach nicht, dass ihre starken Frauen krank sind. Die ignorieren das. Für sie ist es die Rolle der Frauen, sich zu sorgen und zu kümmern.
    »Wie fühlst du dich, Mama?«, frage ich und setze mich auf die Bettkante.
    »Es geht. Ich bin noch ganz verwirrt, alles ging so schnell!«, antwortet sie langsam. Sie spricht auch ein bisschen verzögert. »Das Reden ist doof, und isch kann meinen Arm nicht rischtig bewegen – das ist komisch«, bemerkt sie noch.
    Sie ist so gar nicht jammerig, muss ich bewundernd feststellen.
    »Sie muss wahrscheinlich in die Reha und zur Krankengymnastik, aber weil sie so schnell hier war, wird das alles wieder, meinen jedenfalls die Ärzte«, erklärt mir Birgit. »Und jetzt erzähle du mal! Wo warst du, in Istanbul? Echt jetzt?«, will Birgit dann wissen.
    »Ischtanbul?«, wiederholt meine Mutter, und ich muss fast gleichzeitig weinen und lachen.
    »Ja, ich war zwei Tage in Istanbul, mit Bekannten.«
    Das ist ja nicht gelogen. Bekannte sind es ja jetzt.
    »Wieso denn das?«, hakt meine neugierige Schwester nach.
    »Einfach mal so – da muss man ja keinen speziellen Grund haben. Ich wollte mal raus, und da hat sich die Gelegenheit ergeben, und da bin ich
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