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Attentage

Attentage

Titel: Attentage
Autoren: W Bartl
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sie ihm völlig hörig ist und sich mit ihm eine neue Existenz aufbauen wollte. Sie hatte es darauf angelegt, von ihm schwanger zu werden, und gehofft, dass er sich wegen des Jungen später zu ihr bekennt. Den Namen Claude hat übrigens er ausgesucht.“
    „Sie hat einfach auf mich geschossen!“ Das ist alles, was Purront sagen kann.
    „Die Waffe hat sie von ihm bekommen, damit sie sich verteidigen kann. Sie sagt, dass sie alles nur für ihren Sohn getan hat.“
    „Ich verstehe das nicht. Sie hat Waffen und Gewalt verabscheut. Alles, was sie wollte, war ein luxuriöses, bequemes Leben. Warum hat sie mich nicht einfach verlassen?“
    „Er wollte das nicht, denn durch sie kam er an Informationen.“
    Purront starrt auf die Zimmerdecke, während die Infusion langsam in seine Venen tropft und es ihm immer bewusster wird, dass er schon lange belogen und betrogen wurde. Er ist unrasiert und sieht elend aus.
    Der Commissaire hat noch einen schwachen Trost parat. „Banihammad al-Mihdar wurde gestern Abend in einem Privathaus in Nottingham verhaftet. Da es ein illegales Nobelbordell ist, dachte er zuerst, er wäre zufällig in eine Razzia geraten, und hat wenig Probleme gemacht. Mittlerweile weiß er, worum es geht, aber er verweigert jede Aussage. Sein Anwalt wollte ihn auf Kaution rausholen, aber der Staatsanwalt hat abgelehnt. Nicole hat ihn schwer belastet, obwohl sie laut ärztlicher Anordnung nur eine halbe Stunde vernehmungsfähig war. Das kann das Gericht vielleicht etwas milder stimmen. Dazu die Schwangerschaft und die Erpressung – wahrscheinlich kommt sie mit acht bis zehn Jahren davon.“
    Leconte erinnert sich daran, dass Purront eigentlich noch keinen Besuch empfangen darf. „Wir sehen uns dann im Büro, wenn du in einigen Wochen wieder auf den Beinen bist und deine Suspendierung aufgehoben wurde.“
    Purront sieht ihn verwundert an. „Es gibt eine Chance, dass ich meinen Job behalten darf?“
    „Mein Stellvertreter wird Lucien“, sagt Leconte, „aber ich werde mich dafür einsetzen, dass du in der Abteilung bleiben kannst.“
    Leconte steht auf, um zu gehen, und versucht Purront nicht anzusehen, da dessen Augen verdächtig nass geworden sind. Als er schon bei der Tür ist, sagt Purront: „Danke, aber das musst du nicht für mich tun. Ich will nicht den Rest meines Lebens in deiner Schuld stehen.“
    Leconte dreht sich um und sagt in unaufgeregtem Tonfall: „Du hast mir das Leben gerettet.“ Er öffnet die Tür behutsam und schließt sie leise hinter sich, als ob er Angst hätte, mit zu viel Lärm seine Worte zu verscheuchen.

MITTWOCH, 9. MAI, 10.30 UHR | PARIS, POLIZEIZENTRALE
    Das schrille Läuten des Telefons durchdringt die beinahe gespenstische Stille im Büro. Leconte hat alle außer Lucien in den Urlaub geschickt. Sein neuer Assistent zögert, abzuheben, aber da der Commissaire keine Anstalten macht, das Gespräch anzunehmen und das Klingeln nicht aufhört, entscheidet er sich dann doch dafür.
    „Es ist für Sie“, sagt er, als ob das nicht zu erwarten gewesen wäre. „Erik Hofmeester von …“
    Leconte hat den Hörer bereits an sein Ohr gedrückt. „Ja?“
    „Er hat heute morgen wieder geschrieben. Aber diesmal nur an die französische Botschaft in Sanaa“, sagt Erik und seine Stimme klingt gehetzt, „und das E-Mail kam nicht aus dem Jemen, sondern aus einem Internetcafé in Paris.“ Die FISA ist von Leconte bereits über alle Details der Ereignisse und die Bedrohung informiert worden und hat verlangt, dass der Commissaire Personenschutz akzeptiert. Es war chancenlos, ihn von der Notwendigkeit zu überzeugen. Nach langen Diskussionen erlaubt er zumindest, dass zwei Beamte in Zivil nachts bei seiner Wohnung positioniert sind. Es sei lächerlich, wenn Polizisten einen Polizisten bewachten, hatte Leconte wutschnaubend erklärt.
    „Haben Sie verstanden?“, fragt Erik.
    „Ich bin nicht taub“, antwortet Leconte.
    „Er will sich mit Ihnen treffen.“
    „Wo?“
    „Das erfahren Sie nur, wenn Sie in alle Sicherheitsvorkehrungen einwilligen. Scharfschützen auf den Dächern, Sondereinheiten in Zivil, die wir am Treffpunkt positionieren, eine kugelsichere Weste für Sie, Sprengstoffhunde im Vorfeld, und Sie tragen ebenfalls eine Waffe! Das volle Programm also!“
    „Wo?“
    „Ist das ein Ja?“
    Leconte knurrt etwas, das bei gutem Willen als Zustimmung verstanden werden kann.
    „Eine Nachricht im Cardinal Lemoine um 12 Uhr. Wenn der Franzose allein ist, dann müssen keine
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