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Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)

Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)

Titel: Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
Autoren: Sarwat Chadda
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glücklich, und warum auch nicht? Sie war unter ihresgleichen. Auch er sehnte sich nach bestimmten Leuten und er war erschöpft.
    »Ich gehe heim«, sagte er.

Kapitel 58
    Völlig erschöpft sitzt Ashoka auf seinem Pferd. Schwerer Schnee fällt und auf seinen Wimpern hat sich eine Eisschicht gebildet. Große weiße Wolken steigen aus den Nüstern des Pferdes, während es gleichmäßig über den schneebedeckten Weg stapft.
    Er ist der Herrscher Ashoka. Sein Name bedeutet »ohne Reue«. Er würde darüber lachen, doch seine Brust schmerzt ihn. Ohne Reue. Es gibt so vieles, das er bereut. Selbst jetzt, Monate später, plagen ihn Albträume. Albträume voller toter Kreaturen, die fauchen, grapschen und versuchen, ihn in finstere Reiche zu zerren. Sie tragen die Gesichter von Freunden und Verbündeten, doch in ihren Augen lodert das Höllenfeuer. Sie kriechen aus jedem Schatten, lebend, und doch tot. Es war ein harter und verlustreicher Kampf, doch schließlich haben sie alle Monster vernichtet, ihre Leichen zu einem hohen Scheiterhaufen aufgetürmt und ihre Asche in alle Winde verstreut.
    Als er das Klimpern von Zaumzeug hört, dreht er sich um und sieht müde zu, wie Parvati ihr Ross antreibt, bis sie neben ihm reitet. Sie späht den Berghang hinauf. »Dort. Schaut.«
    Durch den Vorhang aus Schnee erhascht Ashoka einen Blick auf einen Tempel. Der Pfad wird von Kriegerstatuen bewacht und auf dem Kuppeldach ragt das dreizackige Symbol Shivas auf. Dahinter erheben sich die Kristallgipfel des Berges Kailash, der Heimat der Götter.
    »Weiter kann ich nicht«, sagt Parvati.
    Ashoka hält an, Furcht legt sich auf ihn. »Nein, geleite mich noch bis zum Eingang. Ich flehe dich an.«
    Parvati entgegnet nichts, doch sie bleibt, wo sie ist.
    Wie kann er dorthin gehen? Er schaut die grauenvollen Statuen an und spürt ihren kalten, strafenden Blick auf sich. Sie verurteilen ihn für seine Taten. Nacht für Nacht suchen die Geister der Toten ihn heim – und es sind so viele. Männer, Frauen, Kinder. Einige von Schwertwunden entstellt, andere schwarz und noch immer in Flammen stehend, wieder andere mit zertrümmerten Schädeln.
    Ein Priester taucht aus dem Weiß auf. Er trägt einen dünnen orangefarbenen Stoff um die Lenden, ist den Elementen ansonsten jedoch schutzlos ausgeliefert. Ashoka friert trotz seiner zahlreichen Felle erbärmlich. Doch dieser Mann schreitet barfuß durch die Schneewehen. Er hat einen Bambusstab bei sich und einen Stoffbeutel, den er über eine seiner knochigen Schultern geworfen hat.
    Ashoka steigt von seinem Pferd.
    Dann wirft er, ein Herrscher, sich vor einem spindeldürren alten Mann in Lumpen zu Boden.
    »Steht auf, Ashoka«, sagt der Priester.
    Der Herrscher blickt in seelenvolle, strahlend blaue Augen voller Wärme und Weisheit. Die grauen verfilzten Haarsträhnen des Alten sind auf seinem Kopf zu einem hohen Turm aufgerollt. Während er die Perlen aus Sandelholz um seinen Hals berührt, lächelt er Ashoka an. »Wir sind erfreut, dass ihr die Pilgerreise auf Euch genommen habt.«
    »Ich habe für vieles Buße zu tun, Guru.«
    »Nennt mich Rishi.«
    Ashoka kramt in seiner Tasche und zieht den Diamanten hervor. Eifrig hält er ihn von sich. »Ein Geschenk. Bitte, er gehört Euch.«
    Rishis Augen verengen sich zu schmalen Schlitzen, als könnte er die Gefahr spüren, die von dem makellosen Stein ausgeht. Ashoka hält den Atem an. Was, wenn der Alte ihn nicht annimmt? Was, wenn er dieses verfluchte Ding weiter mit sich herumtragen muss? Wie viel mehr Schrecken hält es für ihn bereit? Doch Rishi nickt und kurz darauf ist das Juwel sicher in seinem Beutel verstaut. »Kommt, mein Gebieter. Vor uns liegt viel Arbeit.«
    Herrscher und heiliger Mann verschwinden in den wirbelnden Schneewehen.
    Ash knipste seine Nachttischlampe an. Vier Uhr morgens. Er fuhr sich durchs Haar. Himmel, war er müde. Selbst wenn er Träume hatte, die ganz okay waren, forderten die unterbrochenen Nächte ihren Tribut.
    Seit drei Wochen war er nun wieder in London. Und so froh er auch darüber war, wieder bei seinen Eltern und Lucky zu sein, so schwer war ihm die Rückkehr gefallen. Nach seinem ersten Abenteuer in Indien war es ihm leichter gefallen, alles hinter sich zu lassen. Diesmal lauerte der Schrecken vor seiner eigenen Türschwelle. Und die Folgen und Erinnerungen holten ihn überall ein. Anfangs war er auf dem Weg zur Schule hin und wieder an ihrem Haus vorbeigelaufen. Dann war er langsamer geworden, hatte manchmal sogar
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