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Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)

Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)

Titel: Ash Mistry und der Zorn der Kobra (German Edition)
Autoren: Sarwat Chadda
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sich selbst hasste, dafür dass er alle enttäuscht hatte, nur weil er sich für etwas Besseres gehalten hatte. Dass er so blöd gewesen war, Savage zu vertrauen. Dass er sie vermisste.
    Ash beugte sich vor und nahm ihre Hand, spürte, wie kalt und dünn die Haut war, die sich um ihre schmalen Finger runzelte. Er strich ein paar verirrte Haarsträhnen aus ihrem Gesicht. Sie waren so trocken, dass sie abbrachen.
    Gemma kam ihm gar nicht vor wie jemand, der einmal geatmet und gelacht hatte. Sie fühlte sich ungeheuer fremd an, so kalt wie der Erdboden. Was es auch war, das ihre Menschlichkeit ausgemacht hatte – ihr Leben, ihre Seele –, es war fort.
    Doch Ash konnte noch immer ihr Parfüm riechen. Es hüllte ihre Haut ein, das zarte Aroma von Blumen und der Hauch von Sommerregen auf Gras.
    »Rishi hat gesagt, dass wir immer wiederkommen«, erzählte Ash ihr. »Ich glaube ihm, auch wenn es das nicht wirklich leichter macht. Es tut weh, Gemma, und das ist auch gut so. Es bedeutet, dass du einen Teil von mir mit dir genommen hast, als du gestorben bist. Ich wünschte, ich könnte dir mehr geben, aber ich hoffe, damit bist du auch zufrieden.«
    Ash nahm den Koh-i-Noor aus der Tasche und legte ihn behutsam zwischen die getrockneten Rosenblätter, die ihre Brust bedeckten. Das Glitzern des Diamanten tauchte Gemma in ein zartes Silberlicht und eine Sekunde lang, eine verrückte, verzweifelte Sekunde lang, dachte Ash, sie würde gleich die Augen aufschlagen. Doch sie war tot, das Silberlicht war nur der Mond, der hinter der Wolke hervorgekommen war.
    »Mach’s gut, Gemma. Ruhe in Frieden.«
    Ash legte den Deckel zurück an seinen Platz und drückte ihn fest.
    Als er endlich die letzte Schaufel Erde festklopfte, brannten seine Arme und sein Rücken ächzte unter Qualen. Inzwischen fiel der Schnee wesentlich stärker, sodass er das Grab bald vollständig bedecken und alle Spuren von Ashs Aktion verbergen würde. Ash richtete die Blumen am Grabstein und kletterte schließlich über den hohen Eisenzaun, der den West Norwood Cemetery umgab.

Kapitel 60
    So gründlich wie möglich klopfte Ash sich die Erde von seinem Sportanzug und warf einen Blick auf die Uhr. Kurz nach halb sieben. Mum und Dad waren inzwischen sicher schon wach. Er würde ins Haus schleichen, sich umziehen und zur Schule aufbrechen.
    Er vergrub die Hände in seinen Taschen und zog sich die Kapuze tief in die Stirn. Schnee bedeckte die Hauptstraße, in der ein Lieferwagen gerade frisches Brot für den kleinen Supermarkt entlud. Die Geschäfte hatten ihre Fenster und Fronten bereits weihnachtlich geschmückt und vor der Kirche prangte ein zehn Meter hoher Christbaum, in dessen grünen Nadeln Lichter funkelten.
    Ash holte tief Luft und warf einen letzten Blick zurück zum Friedhof. Er konnte kaum noch etwas erkennen, weil der Schneefall inzwischen so heftig war. Dicke Flocken wirbelten durch die eisig kalte Luft. Er konnte Gemmas Grab nicht sehen.
    Ein neuer Anfang. Genau das brauchte er jetzt. Genug die Welt gerettet, er wollte einfach wieder ein normaler Vierzehnjähriger sein. Das war an sich schon schwierig genug.
    WIR RETTEN DIE WELT.
    Die Worte standen, gigantisch und dramatisch, auf einer großen Anzeigetafel, die das gesamte Dach des Supermarkts einnahm. Ash grinste. Ist ja super, wenn das zur Abwechslung jemand anderes übernimmt. Er rückte seine Kapuze zurecht und –
    Blieb wie angewurzelt stehen und starrte auf das Schild.
    Auf der linken Seite war ein kleines Mädchen aus Afrika abgebildet, unterernährt, weinend und das Gesicht voller Fliegen, während es in den Armen seiner Mutter lag und von einem Arzt eine Spritze bekam. Auf der rechten Seite war dasselbe Kind zu sehen, lachend und gesund – in einem leuchtenden Weizenfeld. Seine Augen strahlten und es trug ein wunderschönes Kleid. WIR RETTEN DIE WELT. EIN KIND NACH DEM ANDEREN – so lautete der vollständige Schriftzug.
    Was Ash das Blut in den Adern gefrieren ließ, war das Logo in der unteren Ecke: Mohnblumen und zwei gekreuzte Schwerter.
    Savages Familienwappen.
    Sicherlich hatte das nichts weiter zu bedeuten. Die Savage-Stiftung war ein großes, multinationales Unternehmen – früher oder später musste Ash ja darüber stolpern. Tausende Arbeiter waren dort beschäftigt, und das weltweit. Menschen, die rein gar nichts mit Lord Alexander Savage persönlich zu tun hatten.
    Doch als Ash seinen Heimweg fortsetzte, wurde er das Gefühl nicht los, dass etwas nicht stimmte. Warum war ihm
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