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Aschenputtel: Thriller (German Edition)

Aschenputtel: Thriller (German Edition)

Titel: Aschenputtel: Thriller (German Edition)
Autoren: Kristina Ohlsson
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sie dann ihrem Vater davon erzählen könnte, der ihre Mutter vielleicht auch nach der Trennung regelmäßig verprügelte, dachte Fredrika für sich.
    » Wir haben nur ungefähr eine Minute lang geredet. Wahrscheinlich sogar weniger als das. Ich habe ihm gesagt, dass wir bald da wären und dass er später am Abend, wenn Lilian eingeschlafen wäre, zu mir kommen sollte.«
    » Und was ist dann passiert?«
    Sara richtete sich auf und seufzte tief. An ihrer Körperhaltung konnte Fredrika die Anstrengung ablesen, die sie die folgenden Worte kosteten.
    » Es war völlig unbegreiflich«, sagte Sara matt. » So vollkommen sinnlos.« Sie schüttelte müde den Kopf.
    » Eine Frau ist auf mich zugekommen. Oder eher ein Mädchen. Ziemlich groß, mager, sah ein bisschen mitgenommen aus. Wedelte mit den Armen und schrie irgendetwas davon, dass ihr Hund krank sei. Ich nehme mal an, dass sie zu mir kam, weil ich ein Stück von den anderen entfernt auf dem Bahnsteig stand. Sie sei mit dem Hund die Rolltreppe zum Gleis hinuntergefahren, und dann sei er plötzlich in sich zusammengesunken und habe angefangen zu krampfen.«
    » Zu krampfen? Der Hund?«
    » Ja, wirklich. Zumindest sagte sie das. Der Hund liege dort in Krämpfen, und sie benötige Hilfe, um ihn wieder auf die Beine zu kriegen. Ich habe selbst bis vor ein paar Jahren Hunde gehabt. Und ich habe ja gesehen, wie aufgeregt das Mädchen war. Also habe ich ihr geholfen.«
    Sara verstummte. Fredrika rieb nachdenklich die Hände aneinander.
    » Haben Sie nicht überlegt, dass Sie vielleicht den Zug verpassen könnten?«
    Zum ersten Mal während des Gesprächs wurde Saras Stimme scharf, und ihr Blick brannte. » Bevor ich ausgestiegen bin, habe ich den Schaffner gefragt, wie lange der Zug auf dem Bahnhof halten würde. Mindestens zehn Minuten, hat er gesagt. Mindestens.«
    Sie hob die Hände und spreizte die langen, schmalen Finger. Zehn Finger, zehn Minuten. Die Hände zitterten leicht. Und auch ihre Unterlippe vibrierte wieder.
    » Zehn Minuten«, flüsterte sie. » Deshalb habe ich dem Mädchen geholfen, den Hund wieder auf die Rolltreppe zu befördern. Ich dachte… Ich war mir sicher, dass ich es rechtzeitig zurückschaffen würde.«
    Fredrika atmete tief ein. » Haben Sie den Zug gesehen, als er wegfuhr?«
    » Wir waren gerade oben angekommen«, sagte Sara mit zitternder Stimme. » Wir hatten den Hund gerade hochbekommen, als ich mich umgedreht und gesehen habe, wie der Zug langsam aus dem Bahnhof rollte.«
    Sie atmete heftig und sah Fredrika direkt an.
    » Ich wollte meinen Augen nicht trauen«, sagte sie leise, und eine Träne rollte ihr über die Wange. » Es war wie in einem Horrorfilm.
    Ich rannte die Rolltreppe hinunter und wie eine Verrückte hinter dem Zug her. Aber er blieb nicht mehr stehen. Er blieb nicht mehr stehen!«
    Fredrika hatte zwar keine eigenen Kinder, aber bei Saras Worten stieg selbst in ihr Angst auf. Es schnürte ihr die Kehle zu.
    » Ein Typ vom Bahnhof in Flemingsberg hat mir geholfen, Kontakt zu dem Zug aufzunehmen. Und dann bin ich mit dem Taxi zum Hauptbahnhof.«
    » Und was hat das Mädchen mit dem Hund gemacht?«
    Sara wischte sich die Tränen weg.
    » Das war seltsam. Sie ist einfach weggegangen. Hat den Hund auf eine Art Postkarre gehoben, die zufällig da an der Rolltreppe stand, und ist durch die Tür verschwunden. Danach habe ich sie nicht mehr gesehen.«
    Sara und Fredrika verharrten eine Weile lang schweigend, jede in die eigenen Gedanken versunken. Saras Stimme war es, die die Stille schließlich durchbrach.
    » Wissen Sie, nachdem ich im Zug angerufen hatte, war ich gar nicht mehr so besorgt. Es kam mir irgendwie irrational vor, mich aufzuregen, nur weil Lilian die kurze Strecke von Flemingsberg zum Hauptbahnhof allein fahren musste.«
    Sara leckte sich über die trockenen Lippen und weinte jetzt zum ersten Mal ganz offen.
    » Im Taxi habe ich mich richtiggehend zurückgelehnt. Die Augen zugemacht und mich ausgeruht. Ich habe mich ausgeruht, während irgendein verdammter Scheißkerl mein Mädchen mitgenommen hat.«
    Fredrika ahnte mehr als sie wusste, dass sie der Frau nicht helfen konnte. Äußerst widerstrebend tat sie, was sie sonst nie fertigbrachte: Sie streckte eine Hand aus und strich Sara über den Arm.
    Inzwischen hatte es aufgehört zu regnen. Und Lilian war eine weitere Stunde verschwunden.

Mit dem Bus aus Flemingsberg wegzukommen war schwieriger, als Jelena es sich vorgestellt hatte.
    » Du darfst nicht mit der S-Bahn
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