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Aschenputtel: Thriller (German Edition)

Aschenputtel: Thriller (German Edition)

Titel: Aschenputtel: Thriller (German Edition)
Autoren: Kristina Ohlsson
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fahren, du darfst nicht mit dem Taxi fahren, du darfst nicht Auto fahren«, hatte der Mann ihr noch am Morgen eingebläut, als sie zum hundertsten Mal den Plan im Detail durchgegangen waren. » Du musst den Bus nehmen. Den Bus nach Skärholmen. Von dort mit der U-Bahn nach Hause. Kapiert?«
    Jelena hatte genickt und wieder genickt. Ja doch, sie hatte kapiert. Und sie würde ihr Allerbestes geben.
    Mindestens zehn unruhige Schmetterlinge flatterten in ihrem Bauch. Sie hoffte zutiefst, dass alles geklappt hatte. Es musste einfach alles geklappt haben. Der Mann würde wahnsinnig, wenn es ihm nicht gelänge, das Kind aus dem Zug mitzunehmen.
    Sie sah auf die Uhr. Es war bereits mehr als eine Stunde vergangen. Der Bus hatte Verspätung gehabt, und dann hatte sie auch noch auf die U-Bahn warten müssen. Bald würde sie zu Hause sein, und dann würde sie es erfahren. Sie rieb sich mit den verschwitzten Handflächen über die Jeans.
    Sie konnte nie ganz sicher sein, ob sie gerade etwas richtig oder falsch machte. Nicht bevor der Mann sie entweder lobte oder zurechtwies. In der letzten Zeit hatte sie fast alles richtig gemacht. Sogar als sie Autofahren lernen und als sie üben sollte, richtig zu sprechen.
    » Die Leute müssen verstehen können, was du sagst«, hatte der Mann immer wieder gesagt. » Du redest zu undeutlich. Und du musst mit diesem Zucken im Gesicht aufhören. Das verschreckt die Leute.«
    Jelena hatte wirklich mit sich kämpfen müssen, aber am Ende hatte der Mann sie gelobt. Inzwischen zuckte es nur noch ein wenig über dem einen Auge, und das eigentlich auch nur, wenn sie nervös und unsicher war. Wenn sie ruhig war, zuckte es gar nicht mehr.
    » Gutes Mädchen«, hatte der Mann gesagt und ihr über die Wange gestrichen.
    Jelena wurde ganz warm ums Herz. Sie hoffte auf weiteres Lob, wenn sie heimkam.
    Endlich erreichte die U-Bahn ihr Ziel. Sie musste sich beherrschen, nicht Hals über Kopf aus dem Wagen zu springen und dann den ganzen Weg nach Hause zu rennen. Sie musste sich ruhig und diskret verhalten, damit niemand sie bemerkte. Jelena hielt den Blick auf den Boden gerichtet und zwirbelte nur kurz eine Haarsträhne zwischen den Fingern.
    Regen prasselte auf die Straße, als sie aus der unterirdischen Welt nach oben kam, und verschlechterte die Sicht. Aber das tat nichts zur Sache– sie sah ihn dennoch. Eine kurze Sekunde lang begegneten sich ihre Blicke. Sie glaubte, dass er lächelte.

Skeptisch beobachtete Peder Rydh den hilflosen Versuch von Fredrika, der Frau Trost zu spenden. Sie streichelte Sara Sebastiansson mit demselben Widerwillen über den Arm, mit dem sie wohl einen nassen Hund tätscheln würde, um dem befreundeten Besitzer eine Freude zu bereiten. Leute wie Fredrika Bergman hatten bei der Polizei nichts verloren. Dort ging es schließlich darum, mit Menschen umgehen zu können. Mit verschiedenen Menschen. Mit allen Menschen.
    Peder seufzte verdrossen. Es war wahrhaftig keine gute Idee, Zivilpersonen in den Polizeidienst aufzunehmen.
    » Wir müssen der Behörde neue Kompetenzen zuführen«, hatten sie ihnen von oben herab gepredigt.
    Fredrika hatte bei mehreren Gelegenheiten erwähnt, was genau sie studiert hatte, aber um ehrlich zu sein, war Peder kaum irgendetwas gleichgültiger. Sie verkomplizierte die Dinge. Sie redete mit zu vielen und zu langen Wörtern. Sie dachte zu viel und spürte zu wenig. Sie war ganz einfach nicht aus dem Holz geschnitzt, das man bei der Polizei brauchte.
    Peder konnte nicht umhin, den sturen Widerstand der Polizeigewerkschaft gegen den Status und die Position zu bewundern, die die Zivilen in der Polizeiorganisation erhalten hatten. Völlig ohne jede relevante Berufserfahrung. Völlig ohne jene einzigartige Kompetenz, die man nur erwarb, indem man die Polizeiarbeit von der Pike auf erlernte. Indem man Jahre im Streifenwagen verbrachte. Besoffene herumkarrte. Mit Männern sprach, die ihre Frauen schlugen. Betrunkene Jugendliche nach Hause fuhr und mit ihren Eltern ein ernstes Wort redete. In Wohnungen einbrach, in denen einsame Seelen gestorben und dann liegen geblieben waren, um zu verrotten.
    Peder schüttelte den Kopf. Er hatte über anderes nachzudenken als über inkompetente Kolleginnen. Er vergegenwärtigte sich noch einmal all das, was er bislang aus seinen Verhören mit dem Zugpersonal in Erfahrung gebracht hatte. Henry Lindgren, der Zugchef, redete zu viel, aber er hatte einen guten Sinn für Details, und mit seinem Gedächtnis war offenkundig alles in
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