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Asche zu Asche

Asche zu Asche

Titel: Asche zu Asche
Autoren: Jennifer Armintrout
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hatte. Sonst hätte es nur noch mehr wehgetan.
    Und als ich einmal nachts aufwachte – oder war es Tag, das war schwer zu sagen, weil wir keine Fenster hatten –, da konnte ich wieder reden.
    Ich rollte mich auf die Seite und berührte Nathans Gesicht. Er schreckte aus dem Schlaf hoch, als hätte er darauf gewartet, dass ich wieder zu Sinnen käme. Besorgt sah er mich an. „Carrie, geht es dir gut?“
    Nein. Es geht mir nicht gut. „Warum hast du mir nie von diesem Keller erzählt?“
    Als er tief Luft holte, war ich vor dem gewarnt, was jetzt kommen würde. „Für den Fall, dass ich ihn jemals brauchen würde. Für den Fall, dass … du wieder auf die andere Seite wechseln würdest.“
    „Oh.“ Ich zupfte am Reißverschluss des Schlafsacks. „Ich bin nie auf der anderen Seite gewesen.“
    „Du bist immer auf der anderen Seite gewesen, Carrie.“ Er streichelte meine Wange. „Oder auf deiner eigenen Seite. Aber du bist nie wirklich ganz auf meiner Seite gewesen.“
    „Ich muss auf meiner Seite sein. Wenn ich es nicht bin, wer ist es dann?“ Ich dachte an Cyrus. Nein, er ist nie aufmeiner Seite gewesen. Niemand war es jemals gewesen.
    „Ich wäre es gewesen“, sagte Nathan so aufrichtig, dass ich annahm, er glaubte es.
    „Nein, das wärest du nicht gewesen.“ Und das musste ich noch lernen. Dass niemand wirklich einen anderen Menschen hingebungsvoll liebte.
    Wir schwiegen lange. Dann legte Nathan seine Hand auf meine. „Ich liebe dich wirklich. Ich habe das nicht gesagt, weil ich dachte, dass wir sterben.“
    „Das hat nichts mit Liebe zu tun.“ Das sagte ich nicht, um ihn zu verletzen. „Ich liebe dich. Aber du hast mich verletzt. Und ich habe dich verletzt. Ob wir uns nun lieben oder nicht, wir können es nicht ignorieren, sonst … bauen wir unsere Beziehung auf Sand.“
    „Ich weiß.“
    Wir sagten nichts mehr. Ich glaube, wir hatten eine Art Verständnis füreinander bekommen. Wir waren wieder an verschiedenen Punkten angelangt. Der eine von uns war willens, sich zu öffnen und zu lieben, und der andere verzog sich in seine Einsamkeit. Aber ich brauchte noch Zeit, um zu trauern und nachzudenken. Es brauchte Zeit, zuzulassen, dass der Lauf der Dinge mich verändert hatte. Vielleicht konnte ich nach dieser Periode mit Nathan eine Beziehung führen, die aus den Ruinen unserer früheren Versuche bestand. Oder vielleicht wäre ich stark genug gewesen, noch einmal ganz von vorn anzufangen. Vielleicht wäre das einfacher gewesen, da wir beide Verluste zu verkraften hatten. Vielleicht war von Beginn an unser Problem gewesen, dass wir unterschiedliche Ausgangspositionen hatten, von denen wir gestartet waren. Aber im Moment musste ich für mich sein. Das „Wir“ funktionierte nicht für mich. Und es wäre nicht fair gewesen, ihm nur ein bisschen, nur einen Teil einer möglichen Beziehung zu geben.
    Es war verteufelt, das Leben. Sobald man entschied, wie die Dinge genau ablaufen sollten, passierte etwas – oder jemand kam daher und brachte alles durcheinander.
    Max sah Bella an. Er betrachtete sie zum ersten Mal seit Tagen aufmerksam. Sie saß kerzengerade auf einer Bank in der U-Bahn-Station T in Salem. Sie musste sich anstrengen, ohne ihre Beine das Gleichgewicht zu halten. Sie hatten den Rollstuhl irgendwo stehen gelassen, denn die Leute des Orakels würden natürlich nach einem Werwolf in einem Rollstuhl suchen. Sie hatten alle Tricks genutzt, um bis hierhin zu kommen.
    Ihre Augen fielen ihr für eine Sekunde lang zu, dann riss sie sie wieder auf und machte ein entschiedenes Gesicht. Max lächelte. Jetzt, da sie nicht mehr in Todesgefahr schwebten, nicht blind in jede Gefahr rannten, wurde ihm klar, wie dumm er gewesen war. Natürlich liebte er sie. Und ja, es war nicht ausgeschlossen, dass ihnen noch etwas Schlimmes passierte. Es war nicht gerecht. Das war nicht das Leben, das er sich gewünscht hatte. Aber so war es nun einmal. Und er wäre ein Idiot, würde er das wegwerfen, was er hatte, denn eines Tages könnte ihn natürlich wieder etwas so verletzen, wie Marcus’ Tod es getan hatte.
    Gott, er konnte aber auch manchmal anstrengend sein.
    „Wenn der Zug kommt, fahren wir bis North Station“, wiederholte sie zum fünften Mal, seitdem sie sich hingesetzt hatten. Sicherlich sagte sie es deshalb, weil sie ihn wach halten wollte, nicht weil sie Angst hatte, zu vergessen, welchen Weg sie nehmen wollten. Bellas Gedächtnis war so gut wie eine Falle aus Stahl. „Dort wird ein Wagen auf uns
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