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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt
Autoren: Gregory Benford
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der Idee.
    Sie war auch erfolgreich. Die Theorie prophezeite Partikel, die bisher noch nicht gesehen worden waren, und Experimentatoren fanden sie dann auch, mit all den vorausgesagten Eigenschaften. Es bestand allerdings ein ernstes Problem, das sich um das Paulische Ausschließungsprinzip dreht.
    Einfach ausgedrückt, besagt dieses Prinzip, daß sich in einem abgeschlossenen System wie im Atombau niemals zwei Elektronen im genau gleichen Zustand befinden können. Alles, was ein Teilchen bestimmt, ist ein Satz von Quantenzahlen, die Energie, Impuls, Umdrehung und andere Eigenschaften beschreibt. Dies bedeutet, daß keine zwei Elektronen auf der Welt genau dieselben Zahlen haben können. Da sie in wenigstens einer Quantenzahl differieren, können sie in verschiedenen Atomen ausgemacht werden; das kommt Paulis Erfordernissen für nahezu alle Elektronen nach. Für Elektronen in ein und demselben Atom führt das Prinzip jedoch ein sehr wichtiges Element neuer Physik ein.
    Ein Heliumatom beispielsweise hat zwei Elektronen. Das Prinzip, das sehr gut verifiziert ist, besagt, daß sie, da sie viele Eigenschaften gemeinsam haben (Masse, Energie, Ladung, Orbitalimpuls) in ihrer Umdrehung differieren müssen. Und tatsächlich tun sie das.
    Betrachtet man die nächsthöhere Ebene in der periodischen Tabelle, so findet man beim Lithium, daß von seinen drei Elektronen zwei genau wie die eines Heliumatoms sind, das dritte aber einen höheren Energiezustand einnehmen muß; es kann keines der anderen nachahmen.
    Man kann auf diese Weise alle Elemente aufbauen, berücksichtigt man das Erfordernis, daß jedes hinzugefügte Elektron sich unterscheiden muß. Das erklärt den Unterschied in der Chemie zwischen Atomen und damit die gesamte periodische Tabelle. Dies war das revolutionäre neue Verständnis, das die Quantenmechanik mit sich brachte.
    Quarks laufen dem Pauli-Prinzip zuwider, weil man scheinbar identische Quarks nicht in einem größeren Teilchen unterbringen kann. Doch gab es Teilchen, die solch eine Erklärung verlangten. Um die verwirrenden Schwärme beobachteter Teilchen vollständig zu erklären und dennoch dem Pauli-Prinzip zu gehorchen, mußten die Physiker eine neue Quantenzahl einführen, die eine zusätzliche Eigenschaft, ›Farbe‹ genannt, beschrieb. Eine vielleicht unglückliche Wortwahl, weil diese Facette nichts damit zu tun hat, was wir gemeinhin unter Farbe verstehen.
    Dies läßt den Zusammenschluß von Quarks zu einem größeren Partikel zu und bestimmt seine Eigenschaften, denn die Quarks konnten in ihrer Farbe-Quantenzahl immer differieren. Zuerst waren die drei Farbwahlmöglichkeiten ›rot‹, ›weiß‹ und ›blau‹. Einige Europäer wiesen mit Recht darauf hin, daß Weiß keine Farbe ist und schlugen eine Veränderung zu ›gelb‹ vor. Ich habe mich immer gefragt, ob sie diesen Einwand insgeheim deshalb vorbrachten, weil es die Farben in der US- und der Britischen Flagge sind, nehme aber an, daß dies ein unfachmännischer Verdacht ist. Auch ›gelb‹ wurde jedoch nicht von allen gebraucht, aus dem einfachen Grund, daß Grün bei Vorträgen, in denen ein Episkop verwendet wird, besser zu sehen ist.
    Diese farbkodierte Theorie funktionierte einwandfrei, und mit ihrer Hilfe ließen sich erfolgreich Teilchen voraussagen, die dann auch beobachtet wurden. Es ist interessant, daß alle beobachteten Teilchen »farblos« sind – die drei Farben ergeben zusammengenommen keine Farbe. Nun schien dies alles wie eine Buchhaltungshilfe, und viele Physiker betrachteten ›Farbe‹ und sogar die Quarks selbst als mathematische Krücken, bloße Rezepte. Erfolgreiche Voraussagen in einer Vielzahl von komplizierten Experimenten haben jedoch die meisten Physiker überzeugt. Aber eine verdrießliche Frage stellte sich immer wieder: Warum sehen wir keine einzelnen, nackten Quarks?
    Auch hier wieder war ›Farbe‹ die Rettung. Es stellte sich heraus, daß sie eine ebenso grundlegende Facette der Teilchen ist wie ihre Ladung. Wir alle wissen, daß Ladung den Teilchen die elektrischen und magnetischen Kräfte mitteilt, deren Wirkungsweise wir täglich in allem sehen, angefangen von Toaströstern bis zum Blitzschlag. Farbe ist jedoch subtiler. Sie regelt die ›starke‹ Kraft, die winzige, subatomare Teilchen zusammenhält. Sie ist der Unterbau unserer ganzen Welt, und wir verlassen uns blindlings darauf, daß sie die Materie zu unserem Wohlergehen im Innersten zusammenhält.
    Der Unterschied ist, daß elektrische
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