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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove
Autoren: Nola Nesbit
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Eindruck, dass diese weite Fläche jemals enden könnte. Kein Tier, kein Baum störte die künstliche Perfektion des grünen Rasens. Eine Scheiß-Fata-Morgana, dachte ich. Ich träumte. So viel Kunstrasen, das war unmöglich. Nach einigen Minuten konnte ich ein flaches Gebäude ausmachen, das sich weiß gegen die Landschaft und den Himmel abhob. Je näher wir kamen, desto breiter wirkte der flache Bau. Der Weg führte direkt und schnörkellos zu einem großen Portal. Das Gebäude war der größte Bungalow, den ich jemals gesehen hatte. Nach beiden Seiten erstreckten sich die weißen Mauern eingeschossig, deren Ebenmäßigkeit nur von schmalen Fensterschächten unterbrochen wurde. Ohne ein störendes Dach war die schlichte kubische Schönheit perfekt.
    Venus brachte das Auto seitlich vor der Tür zum Stehen. Sie machte die Musik leiser und wandte sich uns zu: „Ich fahre den Wagen weg und komme gleich nach.“
    Die Formulierung klang wie eine Drohung. Wir öffneten unsere Türen und stiegen aus. Durch die Sohlen meiner Schuhe hindurch fühlten meine Füße die feinen, kleinen Steinchen, bevor ich das Geräusch knirschender Kiesel von den Schritten der anderen vernahm. Ich umrundete das Heck des Wagens in reinweißem Kies und schloss mich den Männern an. Ich konnte es mir nicht verkneifen, mit den Fingerspitzen über die Grashalme zu streichen – sie waren tatsächlich echt.
    So viel echtes Grün kannte ich nur aus meiner Kindheit, aus Büchern und von alten Fotos. Heute waren die Felder braun, die Wiesen auch. Kakteen und widerstandsfähiges Kraut wucherten noch hier und da. An öffentlichen Plätzen gab es Kunstrasen wie eine Erinnerung an fruchtbarere Zeiten. Wie schützte Waterman seinen grünen Grund vor dem PET-Regen? War sein Gras gedopt?
    Die Tür öffnete sich geräuschlos wie von Geisterhand. Cool. Wo war der greise Butler im schwarzen Frack? Ohne Worte betraten wir die Halle hinter der Eingangstür. Weißer Steinboden, wohin ich nur sah. Der Raum musste mindestens hundert Quadratmeter groß sein. Am Ende gegenüber der Eingangstür öffneten sich Fenster über die komplette Front, die das gesamte Zimmer mit Licht versorgten. Trotz der enormen Größe war es angenehm warm: ein Hoch auf das Zeitalter der Fußbodenheizung.
    Ethan Waterman, der vorausging, meinte mit einem Blick über die Schulter nachlässig: „Willkommen!“
    „Danke“, antwortete ich gedankenverloren. Meine Aufmerksamkeit galt ausschließlich den großformatigen Bildern an den Wänden. Es handelte sich um asiatische Kunst, ob chinesisch, japanisch oder koreanisch, konnte mein beschränkter Kunstverstand nicht ausmachen, mindestens vier mal fünf Meter groß, darunter sowohl abstrakte als auch gegenständliche. Vor jedem Bild hätte ich eine Ewigkeit verbringen können. Farben, Formen, Struktur – Mr.
    Waterman hatte Geschmack. Und Geld. Offensichtlich spendete er nicht nur großzügige Summen, sondern legte auch selbst am Kunstmarkt an. Ein Besuch hier war so gut wie ein Museumsbesuch in Chicago. Während wir um die verschiedenen Sitzgelegenheiten, Sofas und Sessel, Diwane und Skulpturen herummanövrierten, öffnete Waterman eine der enormen Schiebetüren an der Fensterfront, die wir nach einem ausdauernden Marsch durch die aktuelle Kunstszene Asiens endlich erreicht hatten.
    Mir entfleuchte unwillkürlich ein „Wow“, als ich auf die Terrasse hinaustrat. Was vor dem Haus das satte Grün gewesen war, eine nicht enden wollende Welt aus Rasen, Gras und Halmen, das war hier das blaueste Blau.
    Wir hatten, wie ich nun verstand, auf der Fahrt hierher die Stadt verlassen und dann einen Bogen geschlagen. Wir standen auf der Rückseite des Hauses am Ufer des Mirror Lake. Was für eine fantastische Lage! Die Grundstückspreise mussten jeden Käufer zum Weinen bringen. Die hölzerne Terrasse ging nahtlos in einen gewaltigen Pool über, dessen Maße ich auf fünfzig mal fünfundzwanzig Meter schätzte. Jede Kleinstadt hätte Waterman um dieses Schwimmbad beneidet. Es war dekadent, der schiere Luxus. Ich hatte etwas Ähnliches in Klein schon einmal in einer Architekturzeitschrift gesehen. Das Wasser des Pools stürzte plötzlich über eine Kante hinab, sodass man nicht mehr sagen konnte, wo das Schwimmbad aufhörte und der See anfing. Das blaue Wasser des Sees erstreckte sich kilometerweit. Es war atemberaubend. Der Gang durch die private Galerie hatte nur den Ausblick auf das Naturelement Wasser vorbereitet.
    „Gefällt es Ihnen?“ Waterman
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