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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove
Autoren: Nola Nesbit
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Haare waren blond, ziemlich durcheinander, und sein Gesicht war ernst. Er saß aufrecht auf seinem Stuhl und hatte seine schmalen, hellen Hände vor sich auf dem Tisch gefaltet. Er sah gut aus. Gut auf eine selbstbewusste und entspannte Weise. Er war keiner griechischen Sage entsprungen. Für einen Sterblichen war er ein ganz schöner Hingucker. Sein Anzug war dunkel und teuer. Wenn er lachte, konnte man kaum den Blick von ihm abwenden.
    Er erinnerte mich an jemanden. Und während ich noch gedankenverloren an meinem Kaffee nippte, schaute er plötzlich zurück. Unsere Augen trafen sich nur eine Nanosekunde, bevor ich schnell meinen Blick senkte. Ich spürte, dass er mich weiter ansah. Warum hatte ich mich abgewendet? O Gott, war das peinlich! Ich hätte ihm standhalten sollen. An wen erinnerte mich der Typ? Na, ich konnte ja gleich wieder rüberstarren. Ich kam mir vor wie ein Idiot! Der Biss in mein Croissant wurde plötzlich zur Theatervorführung. Ich kaute vor, er schaute zu. Jede Faser des Hörnchens quoll in meinem Mund auf. Super. Gleich fällt es mir aus dem Mund, dachte ich. Trink was, du Idiot!, mahnte meine innere Stimme. Und da machte es endlich „klick“. Ich konnte nicht anders und schaute nochmals mit aufgerissenen Augen zu der Sitzecke rüber. Der kleine Blonde guckte mich immer noch an. Unsere Blicke verschränkten sich. Auch die anderen beiden sahen plötzlich zu mir rüber. Ich versuchte es mit einem kleinen Lächeln, aber jetzt hatte ich Gewissheit: Das musste Ethan Waterman sein. Die Haare stimmten, nur seine Gesichtszüge waren etwas jungenhafter als auf den Fotos. Als ich mich wieder abwendete, fragte ich mich: Was zum Teufel machte Ethan Waterman hier in meinem Coffeeshop?
    Schlecht für mich: Er hatte nicht zurückgelächelt. Ich ermahnte mich, professionell zu sein. Ich wollte schließlich etwas von ihm. Promis waren mir in der Regel egal. Ich hatte mich noch nie von irgendwelchem Starrummel anstecken lassen. Was mich interessierte, war, was die Leute taten, nicht wie sie aussahen oder welche Klamotten sie trugen. Ich hatte als Kind nicht mal Poster an meinen Wänden aufgehängt. Wenn ich meine Interviews machte, versuchte ich mich aufs Wesentliche zu konzentrieren und ein paar Überraschungen neben den üblichen PR-Infos rauszukriegen. Das gelang mir keinesfalls immer. Im Prinzip spielten alle Beteiligten die immer gleichen Rollen in dem Spiel der Stars und Sternchen: „Glänzet mit im Schein meines neuen Films/meines neuen Buches/meines neuen Kunstwerks“. Es war wie im normalen Leben auch: Man verstand sich nicht mit allen Künstlern gut, aber wenn man eine Ebene gefunden hatte, kamen dabei interessantere Informationen heraus als bei gegenseitiger Ablehnung. Ich versuchte jedenfalls, auch mit den Spinnern respektvoll umzugehen. Oft waren mir die noch am sympathischsten. Zugegebenermaßen stand industrieller Geldadel bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht auf meiner Liste.
    Was sollte ich jetzt tun? Mich blöd stellen? Nachher würde ich bei ihm zu Hause auflaufen und erklären müssen, warum ich nicht gleich heute Morgen geschaltet hatte. Aber hingehen und ihn ansprechen? War das nicht, als würde man King William um ein Autogramm bitten? Industriemagnaten hatten wahrscheinlich keine Übung mit hysterischen Fans, die ihnen überall auflauerten. Ich war eigentlich nicht hysterisch. Genau genommen war ich nicht mal ein Fan. Ich kam mir gerade eher vor wie ein verschüchtertes Highschool-Mädchen. Weil ich das nicht von mir kannte, beschloss ich, zu Mr. Ethan Waterman rüberzugehen und meine Annahme zu überprüfen.
    Ich schaute von meinen Hörnchen auf, holte tief Luft und musste zu meiner Überraschung feststellen, dass ich keinen Schritt mehr machen musste. Mr. Vielleicht-Ethan-Waterman stand keine dreißig Zentimeter von mir entfernt und sagte: „Hi, Sie sind Nia Petit. Ich bin Ethan Waterman. Freut mich“, und streckte mir seine lange, schmale Hand hin. Wie fürs Klavierspielen gemacht, dachte ich und schluckte trocken. Ich räusperte mich und versuchte, die roten Flecken in meinem Gesicht wegzudenken.
    „Hi. Schön, dass das geklärt ist.“ Ich entzog ihm meine feuchte Hand, die er immer noch festgehalten hatte.
    „Sie machen Ihrem Namen alle Ehre. Ich hatte mir Sie größer vorgestellt.“
    „Dito.“ Er lachte entwaffnend.
    Warum hatte er überhaupt eine Vorstellung von mir gehabt?
    Seine Freunde hatten sich hinter ihm aufgebaut und verfolgten die Begrüßung mit großer
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