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Angelique und der Koenig

Angelique und der Koenig

Titel: Angelique und der Koenig
Autoren: Anne Golon
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kennen…«
»Alle Welt? Allerdings! Man muss sich der Menschen erinnern, damit sie sich an einen erinnern: ein Prinzip, das ich seit meiner frühesten Jugend zu verfolgen versuche. Mein Gedächtnis ist nicht zu schlagen!«
»Nun, so möchte ich gern wissen, wer jene Amazone in Rot ist, die so dicht hinter den Hunden folgte. Sie reitet wunderbar, so schnell wie ein Mann.«
»Da fragt Ihr den Richtigen«, sagte er lachend. »Es ist Mademoiselle de La Vallière.«
»Die Favoritin?«
»Nun ja, die Favoritin!« bestätigte er in einem selbstgefälligen Ton, den sie sich nicht gleich zu erklären vermochte.
»Ich habe sie nicht für eine so vollendete Jägerin gehalten.«
»Sie ist mit dem Pferd verwachsen. In ihrer Kindheit ritt sie die hitzigsten Pferde ohne Sattel. Wie ein Pfeil schoss sie im Galopp davon.«
Angélique warf ihm einen betroffenen Blick zu.
»Ihr scheint Mademoiselle de La Vallière recht genau zu kennen.«
»Sie ist meine Schwester.«
»Oh!« rief sie fassungslos. »Ihr seid…«
»Der Marquis de La Vallière, Euch zu dienen, schöne Unbekannte.«
Er zog erneut seinen Hut und fuhr ihr spöttisch mit den Spitzen der weißen Federn über die Nase. Sie wich leicht ärgerlich aus, trieb ihr Pferd an und ritt zur Talsohle hinunter. Der Nebel war dichter geworden und verhüllte die Lachen des Moors. Der Marquis de La Vallière folgte ihr.
»Horcht, was habe ich Euch gesagt?« rief er. »Man bläst nicht weit von hier zum Sammeln. Die Jagd ist zu Ende. Monsieur du Plessis-Bellière hat wohl schon sein großes Messer ergriffen und dem Hirsch fein säuberlich die Kehle durchschnitten. Habt Ihr je diesem Edelmann bei der Ausübung seines Amtes als Oberjägermeister zugeschaut? Ein lohnendes Schauspiel, kann ich Euch sagen. Er ist so schön, so elegant, so parfümiert, dass man ihn kaum für fähig hält, sich auch nur eines Federmessers zu bedienen. Doch er handhabt einen Hirschfänger, als sei er in die Schule der Schinder gegangen.«
»Philippe war schon in seiner Jugend berühmt für das Abstechen der Wölfe, auf die er ganz allein im Wald von Nieul Jagd machte«, sagte Angélique mit naivem Stolz. »Die Leute dort nannten ihn ›Fariboul Loupas‹, was ungefähr ›der kleine Wölfeschinder‹ bedeutet.«
»Ich stelle meinerseits fest, dass Ihr mit Monsieur du Plessis recht intim zu sein scheint.«
»Er ist mein Mann.«
»Beim heiligen Hubert, das Ding gefällt mir!«
Er lachte schallend. Er lachte gern, aus Vergnügen und aus Berechnung. Ein zum Scherzen geneigter Höfling ist überall willkommen. Er mochte sein Lachen ebenso sorgfältig einstudiert haben wie ein Schauspieler des Hôtel de Bourgogne. Doch hielt er plötzlich inne und fragte besorgt:
»Ihr seid also die Marquise du Plessis-Bellière? Ich habe von Euch reden hören. Habt Ihr... Himmel, habt Ihr nicht das Missfallen des Königs erregt?«
Beinahe entsetzt starrte er sie an, dann glitt sein Blick seitwärts. »Oh, da ist Seine Majestät!« rief er aus, kehrte ihr wortlos den Rücken und galoppierte zu einer Gruppe hinüber, die eben in der Lichtung auftauchte. Zwischen den Höflingen erkannte Angélique alsbald den König. In seinem Rock aus braunem Tuch, dessen Knopflöcher und Taschenklappen sehr sparsam mit Gold bestickt waren, und seinen mächtigen schwarzen, mit ihren Schäften bis zu den Hüften reichenden Reitstiefeln war er ebenso schlicht wie ein Landjunker gekleidet. Doch seine Haltung war unverwechselbar. Seine edlen Gesten, in die er viel Grazie, Beherrschtheit und Unbekümmertheit zu legen verstand, verliehen seiner Erscheinung ein wahrhaft königliches Gepräge. Neben ihm ritt die Amazone im roten Kostüm. Von der Erregung der Jagd noch belebt, war das ein wenig magere und nicht eben hübsche Gesicht der Favoritin rosig überhaucht. Angélique fand sie allzu zart, und insgeheim regte sich Mitleid mit ihr. Ohne sich klar darüber zu sein, woher dieses Gefühl rührte, schien ihr, als sei Mademoiselle de La Vallière, obschon zu höchsten Ehren aufgestiegen, nicht fähig, sich gegen die Intrigen des Hofs zur Wehr zu setzen.
    Doch im nächsten Augenblick war jeder Gedanke an die Favoritin wie weggewischt. Von der Einmündung eines schmalen Waldpfades her sprengte Philippe in die Lichtung, parierte sein Pferd vor dem König und nahm aus dessen Händen den Stab mit der Wildschweinklaue entgegen: Die Jagd war zu Ende.
    Angéliques Herz krampfte sich angesichts seiner Schönheit vor Zorn und Bedauern zusammen. Wie würde er reagieren, wenn
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