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Ange Pitou, Band 1

Titel: Ange Pitou, Band 1
Autoren: Alexander Dumas
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an keine Flucht, oder wenn es daran dachte, schämte es sich, indem es sich zählte.
    In der That, die Boulevards, die Rue Saint-Antoine, der Faubourg Saint-Antoine waren nur ein weites Menschenmeer; jede Welle hatte einen Kopf, jeder Kopf zwei flammende Augen, einen drohenden Mund.
    In einem Augenblick waren alle Fenster des Quartiers mit Planklern besetzt, selbst diejenigen, welche sich außer dem Bereiche befanden.
    Erschien auf den Terrassen oder in den Schießscharten ein Invalide oder ein kleiner Schweizer, so wurden hundert Gewehre auf ihn angelegt, und der Hagel der Kugeln stieß die Ecken des Steins ab, hinter dem sich der Soldat schirmte.
    Doch man wird bald müde, auf unempfindliche Mauern zu schießen. Nach Fleisch zielten die Schüsse, Blut wollte man unter dem Blei hervorspringen sehen, und nicht Staub.
    Jeder gab seinen Rat mitten unter der Menge und dem Geschrei.
    Man bildete einen Kreis um den Redner, und wenn man bemerkte, daß der Vorschlag unsinnig war, so entfernte man sich.
    Ein Stellmacher schlug vor, eine Katapulte nach dem Muster der alten römischen Maschinen zu bauen und in die Bastille eine Bresche zu schießen.
    Die Pompiers machten den Vorschlag, wonach sie mit ihren Feuerspritzen das Zündkraut der Kanonen und die Lunten der Artilleristen auslöschen wollten, ohne zu bedenken, daß die stärkste von ihren Spritzen das Wasser nicht bis zu zwei dritteln der Höhe von den Bastillemauern schleudern würde.
    Ein Brauer, der den Faubourg Saint-Antoine befehligte, und dessen Name seitdem eine unselige Berühmheit erlangt hat, schlug vor, die Festung dadurch in Brand zu stecken, daß man Mohnsamenöl und Spiekül, das man am Tage vorher weg' genommen, hineinwerfen und mit Phosphor entzünden solle.
    Billot hörte diese Vorschläge einen nach dem andern an. Beim letzten nimmt er eine Axt aus den Händen eines Zimmermanns, schreitet unter einem Hagel von Kugeln, der um ihn her die dicht gescharten Menschen trifft und wie die Ähren auf einem Kornfelde niederwirft, vor, erreicht ein kleines Wachhaus in der Nähe einer ersten Zugbrücke und haut unter Kartätschengeschoß, das auf dem Dache pfeift und prasselt, die Ketten ab und macht die Brücke fallen.
    Während einer Viertelstunde, die dieses fast wahnsinnige Unternehmen dauerte, blieb die Menge keuchend. Bei jedem Schuß glaubte wanden kühnen Arbeiter niederstürzen zu sehen. Die Menge vergaß die Gefahr, der sie selbst preisgegeben war, um nur an die Gefahr zu denken, die dieser Mann lief. Als die Brücke siel, ertönte ein gewaltiges Geschrei, und man stürzte in den ersten Hof.
    Die Bewegung war so rasch, so ungestüm, so unwiderstehlich, daß man es nicht versuchte, den Hof zu verteidigen.
    Die wütenden Freudenschreie verkündigten de Launan, daß das Volk diesen ersten Vorteil errungen hatte.
    Man gab nicht einmal darauf acht, daß ein Mensch unter der Holzmasse zermalmt worden war.
    Da brechen, wie aus der Tiefe einer Höhle, die sie beleuchten, die vier Kanonen, welche der Gouverneur Billot gezeigt hatte, auf einmal mit einem gräßlichen Lärmen los und fegen diesen ganzen ersten Hof.
    Der eiserne Orkan hat in der Menge einen langen Blutstreifen gezogen; zehn bis zwölf Tote, fünfzehn bis zwanzig Verwundete sind auf dem Wege der Kartätschen geblieben.
    Billot ist von seinem Dach auf den Boden geglitten; doch auf dem Boden hat er Pitou gefunden, der, er weiß nicht wie, hierher gekommen ist. Pitou hat ein rasches Auge; das ist eine Gewohnheit des Wilddiebes. Er hat die Artilleristen die Lunte dem Zündloche nähern sehen; er hat Billot beim Flügel seines Rockes gepackt und rasch rückwärts gezogen. Eine Mauerecke hat beide vor dieser ersten Salve geschützt.
    Von diesem Augenblick an ist die Sache ernst; der Tumult wird gräßlich, das Gemenge tödlich; gleichzeitig gehen um die Bastille her zehntausend Flintenschüsse los, die noch gefährlicher für die Belagernden, als für die Belagerten sind. Endlich mischt eine Kanone, von Soldaten der französischen Garde bedient, ihren Donner mit dem Gekrache des Musketenfeuers.
    Es ist ein entsetzlicher Lärm, bei dem sich die Menge berauscht, und dieser Lärm fängt an, die Belagerten zu erschrecken, die sich zählen und einsehen, sie werden ein ähnliches Getöse, das sie betäubt, nimmer hervorzubringen imstande sein.
    Die Offiziere der Bastille fühlen instinktartig, daß ihre Soldaten schwach werden; sie nehmen selbst Gewehre zur Hand und schießen.
    In diesem Augenblick, mitten unter
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