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ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)

Titel: ANDERSENS MÄRCHEN ((Sämtliche Werke)) (German Edition)
Autoren: Hans Christian Andersen , H.C. Andersen
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Gesellen, der wenig sprach, aber desto mehr arbeitete und fromm und christlich war, lieb. Es war ihm nun, als habe Gott die schwere Last von seinem Herzen genommen.
     
    Seine größte Freude war, bisweilen die große Marmorkirche hinaufzusteigen, die ihn aus dem heimatlichen Schnee geschaffen schien, und mit ihren Bildern, spitzen Türmen und blumengeschmückten offenen Hallen einen gar schönen Anblick bot. Aus jeder Ecke, von jeder Spitze und jedem Bogen lächelten die weißen steinernen Bilder ihm zu.
     
    Oben hatte er den blauen Himmel über sich, unter sich die Stadt und die weite grüne Ebene der Lombardei, und nach Norden zu die hohen Berge mit ihrem ewigen Schnee - und dann dachte er wieder an die Kirche von Kjöge mit den Efeuranken um die roten Mauern, aber er sehnte sich nicht mehr zurück, hier hinter den Bergen wollte er begraben sein.
     
    Ein Jahr lang hatte er hier gelebt; es war nun drei Jahre her, seit er aus der Heimat gezogen war, da führte ihn sein Meister einmal in die Stadt, nicht in den Zirkus, um die Kunstreiter zu sehen, nein, in die große Oper, und das war auch ein Saal, der wert war, gesehen zu werden. Sieben Etagen hoch hingen dort Seidenvorhänge, und vom Boden bis zur Decke hinauf, schwindelnd hoch, saßen die feinsten Damen mit Blumen in den Händen, als wollten sie zum Ball gehen. Auch die Herren waren in vollem Staat und viel Gold und Silber glänzte. Es war so hell wie im liebtesten Sonnenschein und dann brauste die Musik so stark und so herrlich empor, es war noch weit prachtvoller als in der Kopenhagener Oper, aber dort war doch Johanne und hier - da, es war wie ein Zauber, die Gardine wurde zur Seite gezogen - auch hier stand Johanne, in Gold und Silber gekleidet und mit einer goldenen Krone auf dem Haupte. Sie sang, wie nur ein Engel Gottes singen kann. Sie trat vor, so weit sie es konnte und lächelte, wie nur Johanne es vermochte; sie blickte gerade Knud an.
     
    Der arme Knud griff nach seines Meisters Hand und rief laut: "Johanne." Aber es war nicht zu hören, die Musikanten spielten so laut, und der Meister nickte ihm zu: "Ja, gewiß heißt sie Johanne" und dann nahm er ein gedrucktes Blatt und zeigte ihm, wo ihr Name stand, ihr ganzer Name.
     
    Nein, es war kein Traum. Und alle Menschen jubelten und warfen ihr Blumen und Kränze zu und jedes Mal, wenn sie ging, wurde sie wieder hervorgerufen; sie ging und kam wieder.
     
    Auf den Straßen draußen scharten sich die Leute um ihren Wagen und zogen ihn, und Knud war der allervorderste und der allerglücklichste. Und als sie an ihr prächtiges, hellerleuchtetes Haus kamen, stand Knud gerade vor der Wagentür. Sie wurde geöffnet und sie stieg heraus, das Licht fiel hell auf ihr anmutiges Gesicht und sie lächelte und dankte so freundlich; sie konnte ihre Rührung kaum verbergen. Und Knud blickte ihr gerade ins Antlitz und sie blickte Knud gerade ins Antlitz, aber sie erkannte ihn nicht. Ein Herr mit einem Stern auf der Brust reichte ihr den Arm - sie wären verlobt, sagte man.
     
    Da ging Knud nachhause und schnürte sein Ränzel, er wollte, er mußte heim zum Holunder und der Weide - ach, unter den Weidenbaum. In einer Stunde kann man ein ganzes Menschenleben durchleben!
     
    Sie baten ihn, zu bleiben; kein Wort konnte ihn zurückhalten. Sie sagten ihm, es sei Winterszeit und in den Bergen fiele schon Schnee; aber in der Spur der langsam fahrenden Wagen, vor denen ja Weg gebahnt werden müsse, könne er mit seinem Ränzel auf dem Rücken und auf seinem Stab gestützt gehen.
     
    Und er ging auf die Berge zu, stieg rastlos hinauf und hinab; ganz entkräftet, konnte er noch immer weder Stadt noch Haus erblicken. Er war schon weit gegen Norden. Über ihm erglänzten die Sterne, seine Füße wankten, der Kopf schwindelte ihm. Tief unten im Tale erglänzten jetzt auch Sterne; es war, als erstreckte sich der Himmel auch unter ihm. Er fühlte sich krank. Die Sterne dort unten wurden mehr und mehr, und sie leuchteten immer heller und bewegten sich hin und her. Es war eine kleine Stadt, aus der die Lichter herauf blinkten, und als er es begriff, nahm er seine letzten Kräfte zusammen und erreichte eine geringe Herberge.
     
    Einen ganzen Tag lang blieb er hier, denn seine Glieder verlangten nach Ruhe und Pflege. Es war Tau und Regenwetter im Tale. Aber am Morgen kam ein Drehorgelmann vorbei, und als er auch eine Melodie aus der dänischen Heimat spielte, konnte Knud es nicht länger aushalten, er wanderte tagelang, viele Tage
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