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anderbookz Short Story Compilation II

anderbookz Short Story Compilation II

Titel: anderbookz Short Story Compilation II
Autoren: Joyce Carol Oates , Peter Straub , Jewelle Gomez , Thomas M. Disch , Ian Watson , Robert Silverberg
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Software, als wir sie uns je hätten vorstellen können. Aber wir waren schließlich gerade erst dabei, etwas darüber zu lernen. Sie haben mich mit Verhaltensweisen aus dem 20. Jahrhundert vollgestopft, den richtigen Stimmungen, dem richtigen Geschmack, dem richtigen Maß an Vernunftwidrigkeiten, der richtigen Art von Kampfbereitschaft. Irgend jemand muß eine Menge darüber wissen, wie es war, als Mensch im 20. Jahrhundert gelebt zu haben. Die haben auch bei Willoughby gute Arbeit geleistet, die ganze elisabethanische Ausdrucksweise und Großspurigkeit. Und ich nehme auch an, sie haben Y’ang-Yeovil richtig hingekriegt. Er scheint es zu glauben, und wer könnte es besser beurteilen? Das 25. Jahrhundert, die Republik von Ober-Han, Leute mit grau-grüner Haut, halb Chinese und halb Marsianer, so weit ich informiert bin. Irgend jemand weiß das alles, irgend jemand ist ein ausgezeichneter Programmierer, Gioia.«
    Sie sah ihn nicht an.
    »Ich habe Angst, Charles«, sagte sie. Ihr Ton war immer noch abwesend.
    »Vor mir? Vor dem, was ich sage?«
    »Nein, nicht vor dir. Siehst du nicht, was mit mir geschehen ist?«
    »Ich sehe dich. Du hast dich verändert.«
    »Ich habe viel Zeit damit zugebracht, darauf zu warten, daß die Veränderungen einsetzten. Ich hoffte trotz allem, daß es nicht geschehen würde, nicht wirklich. Wer will schon daran glauben, daß er alt wird? In Ch’ang-An wurde es schlimmer. Und jetzt - jetzt ...«
    Er unterbrach sie. »Stengard hat mir erzählt, daß Konstantinopel bald aufmacht.«
    »So?«
    »Willst du nicht bei der Eröffnung dabei sein?«
    »Wir werden alt und häßlich, Charles.«
    »Wir gehen zusammen nach Konstantinopel. Wir werden morgen abreisen, ja? Was sagst du dazu? Wir werden ein Boot mieten. Es ist nur ein kleiner Sprung über das Mittelmeer. Meerfahrt nach Byzanz! Zu meiner Zeit gab es ein Gedicht, weißt du. Es ist vermutlich nicht vergessen, denn man hat mich damit programmiert. Tausende von Jahren ist das nun her, und jemand hat sich an den alten Yeats erinnert. Jugend schlang Jugend Arm unter Arm, in Bäumen Vogelbrut. Komm mit mir nach Byzanz, Gioia.«
    Sie zuckte die Achseln. »So wie ich aussehe? Wie ich von Stunde zu Stunde immer häßlicher werde? Während sie ewig jung bleiben? Während du ...« Sie zögerte, ihre Stimme brach, sie verstummte.
    »Bring den Satz zu Ende, Gioia.«
    »Bitte, laß mich zufrieden.«
    »Du wolltest sagen: Während du auch ewig jung bleibst, Charles. Stimmt das nicht? Du hast gewußt, daß ich mich nicht verändern würde. Ich wußte es nicht, aber du.«
    »Ja, ich habe es gewußt. Ich versuchte, mir vorzumachen, daß es nicht so war, daß du im selben Maße wie ich altern würdest. Das war sehr dumm von mir. In Ch’ang-An, als ich die ersten Anzeichen entdeckte, da wußte ich, daß ich nicht länger mit dir zusammenbleiben konnte. Denn ich hätte dich betrachtet, ewig jung, ewig unverändert, und ich hätte mich betrachtet und ...« Sie hob die Hände in einer Geste der Hilflosigkeit.
    »Also habe ich dich an Belilala übergeben und bin fortgelaufen.«
    »Das wäre alles nicht nötig gewesen, Gioia.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Aber du mußt nicht alt werden. Nicht, wenn du es nicht willst!«
    »Sei nicht grausam, Charles«, sagte sie tonlos. »Es gibt keine Rettung für mich.«
    »Doch, die gibt es«, behauptete er.
    »Du weißt doch nichts über diese Dinge.«
    »Nicht viel, nein«, gab er zu. »Aber ich sehe eine Möglichkeit, wie es gemacht werden könnte. Vielleicht ist es die primitive Lösung eines einfältigen Menschen aus dem 20. Jahrhundert, aber ich glaube, es könnte gehen. Ich verfolge diesen Gedanken schon, seit ich aus Mohenjo weggegangen bin. Sag mir eins, Gioia: Warum kannst du nicht zu ihnen gehen, zu den Programmierern, den Künstlern, den Planern, wer immer sie sein mögen, zu denen, die die Städte schaffen und die Temporären und die Besucher. Und sie dazu bringen, daß sie dich in das verwandeln, was ich auch bin?«
    Sie blickte erschrocken auf. »Was sagst du da?«
    »Sie können einen Menschen des 20. Jahrhunderts ausschließlich aus ein paar bruchstückhaften Überlieferungen zusammenbasteln, und er wirkt glaubhaft, nicht wahr? Oder einen Elisabethaner, oder einen beliebigen Menschen aus irgendeiner Zeit, und er ist echt, er ist überzeugend. Warum sollten sie dann nicht bei dir eine viel bessere Arbeit leisten? Sie könnten eine Gioia herstellen, die so real ist, daß nicht einmal die echte Gioia einen
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