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Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen

Titel: Anastasija 07 - Mit tödlichen Folgen
Autoren: Alexandra Marinina
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wies Spuren eines Erstickungstodes auf, doch Stassow war lange genug Kripobeamter gewesen, um sich nicht an eine einzige Hypothese zu klammern und alles andere zu ignorieren. Gleich nachdem er von Xenijas Treffen mit der Freundin aus der Beratungsstelle erfahren hatte, rief er Masurkewitsch an und bat ihn, die Tasche seiner Frau zu untersuchen. Sie enthielt weder ein Rezept noch entsprechende Tabletten. Auch in ihrem Nachtschränkchen fanden sich keine unangebrochenen Tablettenpackungen. Das bewies natürlich gar nichts, Xenija konnte das Rezept oder die Tabletten sonst wo aufbewahren. Vielleicht benutzte sie das Rezept als Lesezeichen oder trug die Tabletten in der Hosentasche bei sich . . . Aber dennoch, dennoch . . . Was, wenn sich herausstellte, dass Alina Wasnis vergiftet worden war? Dafür brauchte man zwar einen ganzen Haufen Tabletten, aber wer sagte denn, dass Xenija den nicht besessen hatte? Das Mädchen aus der Beratungsstelle sträubte sich lange, bekannte aber schließlich, es seien zwei Rezepte gewesen, eins für fünfzig Tabletten, eins für dreißig. Einen Grund, Alina Wasnis umzubringen, hatte Xenija Masurkewitsch, und was für einen! Verdammtes Pech.
    Stassow bog vom Sadowoje-Ring auf die Brestskaja-Straße ab, als sein Telefon klingelte.
    »Wladislaw Nikolajewitsch, hier ist Degtjar vom Musikstudio«, sagte eine unsichere Stimme. »Ich hoffe, es ist nicht schlimm, dass ich so spät noch anrufe?«
    »Nein, nein, ich bin noch nicht zu Hause. Was gibt es denn, Leonid Sergejewitsch?«
    »Bei mir sitzt gerade . . . Also, gewissermaßen ein Gast. . . Eine Kripobeamtin, Anastasija Pawlowna Kamenskaja. Sie möchte Sie sprechen.«
    »Bitte.«
    Kamenskaja. Stassow hatte schon viel von ihr gehört, als er noch in der Petrowka arbeitete. Alles Mögliche, von Staunen und Begeisterung bis zu unverhohlenem Schmutz. Ihr Gehirn funktioniere wie ein Computer, sie kenne keine Müdigkeit und habe ein phänomenales Gedächtnis. Und sei angeblich die Geliebte vom Chef des Dezernats Kapitalverbrechen und arbeite darum unter Sonderkonditionen, säße meistens nur im Büro rum und trinke Kaffee. Außerdem sollte sie einen Beschützer im Ministerium haben, keinen Geringeren als General Satotschny höchstpersönlich, einen mächtigen, einflussreichen Mann. Ob sie mit ihm schlief oder nicht, das war eine andere Frage, aber auf jeden Fall war sie mehrfach mit ihm gesehen worden, quasi Arm in Arm, frühmorgens beim Spaziergang im Park. Kamenskaja . . .
    »Guten Abend«, sagte eine angenehm tiefe Stimme im Hörer. »Kamenskaja am Apparat.«
    »n’Abend«, erwiderte er mürrisch. »Was verschafft mir die Ehre?«
    »Der Mord, was sonst, Wladislaw Nikolajewitsch. Können wir uns treffen?«
    »Wann?«
    »Je eher, desto besser. Von mir aus jetzt gleich.«
    »Sehen Sie auch ab und zu auf die Uhr, oder ignorieren Sie solche Kleinigkeiten?«, erkundigte er sich. »Mein Kind ist allein zu Hause.«
    »Entschuldigen Sie«, sagte sie sanft. »Das wusste ich nicht. Wenn das so ist, dann sagen Sie mir, wann es Ihnen passen würde.«
    »Morgen früh um zehn?«
    »Danke. Morgen um zehn. Wo?«
    »Bei Sirius. Ich bin für eine offizielle Atmosphäre.«
    »Gut. Ich bitte nochmals um Entschuldigung. Alles Gute.«
    Stassow bog in den Suschtschewski-Wall ein und jagte in Richtung Sawjolowoer Bahnhof. Das Gespräch mit der Kamenskaja hatte einen unangenehmen Nachgeschmack hinterlassen. Vielleicht hatte er überzogen reagiert? Sich hinter Lilja versteckt wie eine Büroschnepfe, die nie Überstunden macht, von wegen: Ich habe Kinder, und nach mir die Sintflut. Warum sollte er sich nicht mit der Kamenskaja treffen? Würde er sich etwa einen Zacken aus der Krone brechen? Er war müde? Schließlich machte sie auch noch nicht Feierabend. Hatte er etwa in den vier Monaten, seit er den Dienst quittiert hatte, seine ehemaligen Kollegen schon vergessen? Empfand keine Solidarität mehr mit ihnen? War gleichgültig geworden?
    Er rief bei sich zu Hause an, überzeugt, dass Lilja ohnehin noch nicht schlief. So war es auch, seine Tochter nahm beim ersten Klingeln ab.
    »Warum schläfst du nicht?«
    »Aber morgen ist doch Sonntag . . .«
    »Na schön, lies nur, ich habe heute meinen netten Tag. Übrigens, was liest du denn?«
    »›Angelique‹.«
    »Das ist noch nichts für dich. Lies lieber Conan Doyle.«
    »Ich hab den ganzen Sherlock Holmes schon gelesen.«
    »Dann lies was über die Liebe, er hat auch was über die Liebe geschrieben.«
    »In ›Angelique‹
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