Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Analog 01

Analog 01

Titel: Analog 01
Autoren: Hans Joachim Alpers , Hans Joachim (Hrsg.) Alpers
Vom Netzwerk:
funktioniert nicht.“
    Was sie sagte, war unmöglich. Vielleicht war es noch zu früh? Aber sie sah ganz normal aus. Nicht die geringsten Anzeichen einer Zyanidvergiftung. Trockene Haut. Keinerlei Atembeschwerden.
    Auch die Krankenschwester war verwirrt. Sie trat einen Schritt näher und fühlte Ellens Puls, dann wechselte sie einen Blick mit dem Richter. „Etwas stimmt nicht, Euer Ehren. Ich glaube, das Gift zeigt keine Wirkung.“
    Speyer runzelte die Stirn. „Wie kann das möglich sein? Wir waren Zeuge, wie es heute morgen frisch zubereitet wurde. Wir haben es getestet. Die Maus starb innerhalb von drei Sekunden. Geben wir ihr noch ein oder zwei Minuten.“
    Die Schwester zuckte die Achseln. „Meinetwegen.“
    Drei Minuten verstrichen. Nichts geschah.
    Thomas begann fast wieder zu hoffen. Er wandte sich um und betrachtete die erste Sitzreihe. Wo …? Ja, da war er … oder es , das hing vom jeweiligen Standpunkt ab. Faust. Schwebend, beobachtend, Faust hatte das getan. Aber wie ?
    Wieder sprach Speyer. „Vergessen wir das Glas. Wir geben ihr die Spritze.“
    Die beiden Assistenten kamen nach vorn und hielten ihren Arm fest. Die Schwester nahm die Spritze.
    „Einen Augenblick!“ rief Quentin Thomas. „Das Urteil wur de bereits vollstreckt! Sie hat das Gift getrunken. Die Spritze darf nur zum Einsatz kommen, wenn sie sich weigert, zu trinken. Das ist Mord!“
    „Mr. Thomas, Sie sind Ihrer Aufgabe enthoben!“ entgegnete Speyer. „Überdies ist das kein Mord, sondern eine rechtmäßige Exekution. Nach Ihrer Theorie wäre es jetzt vollkommen legal, die Verurteilte einer sofortigen Behandlung von Zyanidvergiftungen zu unterziehen, eingeschlossen künstliche Beatmung, Zufuhr von Amylnitratdämpfen und einer Injektion von Natriumthiosulfat. Die medizinischen Unterlagen berichten von ei nem Mann, der sechs Gramm schluckte und durch eine soforti ge Behandlung gerettet werden konnte.“ Er beendete seine Rede in grimmigem Tonfall. „Die Optierende wurde zum Tode verurteilt. Da sie nach dem Trinken nicht gestorben ist, muß sie nach der Injektion sterben. Wir werden die Nadel einsetzen, jeglichem Widerstand zum Trotz.“
    Plötzlich hallte eine laute, metallisch klingende Stimme durch den Gerichtssaal. „Sie wird überhaupt nicht sterben!“
    Das war Faust, der wieder vor die Richterbank geschwebt kam.
    „Werfen Sie dieses … Ding hinaus!“ brüllte Speyer.
    Der Gerichtsdiener und zwei bullige Polizisten näherten sich dem Computer vorsichtig.
    „Euer Ehren“, sagte Faust, „die Lösung im Glas und in der Spritze ist vollkommen harmlos. Ich habe sie telekinetisch desaktiviert. Ich brachte die Kaliumzyanidmoleküle einfach dazu, mit den Wassermolekülen zu Kaliumhydroxid und Ammoniumformiat zu reagieren. Danach trieb das Kaliumhydroxid den Ammoniak aus. Das war der Geruch, den Sie beim Öffnen des Gefäßes wahrnehmen konnten. Die Lösung ist jetzt ein wenig bitter, aber nicht mehr gefährlich.“
    „Sie geben vor dem versammelten Gericht zu“, sagte der fassungslose Speyer, „vor Hunderten von Zeugen, daß Sie sich der Gerechtigkeit in den Weg stellten und unzulässig in Angelegenheiten des Gerichts eingemischt haben? Daß Sie es tatsächlich wagten, diese Angelegenheit in Ihre eigenen Hände zu nehmen?“
    „Das tue ich“, stimmte Faust zu.
    Quentin Thomas wollte Speyer warnen: Provozieren Sie nichts, Richter! Sie spielen mit Kräften, die jenseits Ihrer wildesten Vorstellungskraft liegen!
    Aber es war bereits zu spät. Faust sagte: „Richter Speyer, ich muß Ihnen mitteilen, daß die Schicksalsgöttinnen – die Moiren – gearbeitet haben. Robert Morissey spielte Klotho, die Spinnerin, und ich fungiere nun als Lachesis, ich bestimme die Länge der Fäden von Ihnen, von Kull und von Ordway. Alles Weitere überlasse ich Atropos.“
    „Nehmen Sie ihn fest!“ bellte Speyer dem Gerichtsdiener und den beiden Polizisten zu. „Oder muß ich die Nationalgarde herbitten? Wa…!“ Er wandte seine Aufmerksamkeit von Faust ab und etwas Seltsamem zu, das sich etwas unterhalb der Decke des Gerichtssaales manifestierte.
    Die Assistenten, die Ellen Welles hielten, starrten in unverhohlenem Entsetzen nach oben. Quentin Thomas befreite daraufhin sofort Ellen Welles aus ihrem Griff und führte sie zu ihrem Stuhl zurück. Dort beobachteten sie beide das Bild, das immer deutlicher wurde.
    Speyer erkannte es zuerst. „Ein Netz! Ein Spinnennetz.“ Dann fügte er verwundert hinzu: „Ich kann sehen, wo es befe stigt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher