Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Amnion 2: Verbotenes Wissen

Amnion 2: Verbotenes Wissen

Titel: Amnion 2: Verbotenes Wissen
Autoren: Stephen R. Donaldson
Vom Netzwerk:
werden, die andere eine Fälschung sein, die ihm im Notfall den Rücken deckte.
    Im Anschluß an das Vernehmungsgespräch konnte er die Version vorlegen, die er benötigte, und die andere spurlos tilgen. Als Stellvertreter des Sicherheitsdienstchefs wußte er, wie man aus einem Computer alle Beweise irgendwelcher Speichervorgänge löschte.
    Aber falls man ihn vorher erwischte…
    Dann würde die ziemlich zwiespältige Natur seiner Pflichttreue enthüllt. Und das wäre sein Untergang. Tief im Innern haßte er Angus dafür, ihn in diese Klemme gebracht zu haben.
    Doch er durfte keine Laschheiten zeigen. Sobald er seine Vorbereitungen beendet hatte, versteckte er seine Hände hinter der Computerkonsole und heftete den Blick über den Schreibtisch hinweg auf Angus. Indem er seine Beunruhigung mit Forschheit kaschierte, vergeudete er keine Zeit und kam sofort zur Sache.
    »Der Wärter ist seinen Verletzungen erlegen.« Das war eine Lüge, aber Milos hatte vorgesorgt, damit niemand Angus die Wahrheit verriet. »Nun können wir Ihnen einen Mordprozeß anhängen. Sie werden jetzt reden. Ich habe keine Absicht, Ihnen irgendeinen Handel anzubieten. Sie werden sprechen, mir alles erzählen, was Sie wissen, alles was Ihnen einfällt, und Sie können nur hoffen, daß wir Ihre Aussagen als wertvoll genug einstufen, um von einer Hinrichtung abzusehen.«
    Angus gab keine Antwort. Diesmal schaute er den Vernehmungsführer nicht an. Er ließ den Kopf hängen; er baumelte ihm vom Hals, als wäre das Genick gebrochen.
    »Haben Sie mich verstanden?« fragte Milos. »Haben Sie noch soviel Grips in der Rübe, um zu kapieren, was ich sage? Wenn Sie nicht auf mich hören und tun, was ich will, werden Sie sterben. Man schnallt Sie an und sticht Ihnen eine Nadel in den Arm. Und danach sind Sie schlicht und einfach tot, nicht einmal das werden Sie noch wissen, und kein Mensch wird sich je wieder dafür interessieren, was aus Ihnen wird.«
    Mit dem letzten Satz unterlief ihm ein Fehler: Milos ahnte es, kaum daß er ihn geäußert hatte. Einen Moment lang zuckten Angus’ Schultern. Es hätte so sein müssen, daß er weinte – jeder andere Gefangene mit einem Restchen menschlicher Schwäche hätte geweint –, doch das war nicht der Fall. Sobald Angus den Kopf hob, erkannte Milos, daß er zu lachen versuchte.
    »Was aus mir wird?« Angus’ Stimme klang, wie sein Gesicht aussah, nach Zerschlagenheit und Blut. »Sie Schweinepriester!«
    Unglücklicherweise handelte es sich bei ›Schweinepriester‹ um ein Schimpfwort, das Milos besonders nachdrücklich ablehnte. Ohne es verhindern zu können, lief er rot an. Er versuchte, sein Unbehagen mit dem Entzünden einer neuen Nik zu überspielen, aber er wußte, Angus hatte seine Reaktion bemerkt. Er vermochte das Zittern seiner Hände nicht zu unterbinden.
    Durch die Verunstaltung seiner Gesichtszüge wirkte Angus regelrecht wie ein irrsinniges Scheusal. »Also gut, ich rede«, sagte er, stierte Milos an. »Sobald Sie die Mordanklage einreichen, packe ich aus. Ich plaudere gegenüber jedem, der mich etwas fragt.«
    Milos erwiderte Angus’ Blick. Zwar war es Angus, der schwitzte, doch Milos spürte, daß als einziger im Zimmer er selbst sich fürchtete.
    »Ich sage aus«, erklärte Angus, »daß es beim Sicherheitsdienst einen Verräter gibt.« Er sprach den Satz aus, als könnte er seine Behauptung jederzeit beweisen. »Ich decke sogar auf, wer er ist. Ich erzähle, woher ich’s weiß. Ich kann erläutern, wieso außer Zweifel steht, daß ich die Wahrheit sage. Reichen Sie nur erst die Mordanklage ein. Gegen Nennung des Namens fordere ich Straffreiheit. Oder vielleicht« – höhnisch verzog Angus die Fratze – »sogar Rehabilitierung.«
    Um das Rumoren in seiner Magengegend zu unterdrücken, spannte Milos energisch den ganzen Körper an. »Wer ist es denn?«
    Angus hielt seinem Blick stand. »Warten Sie, bis die Mordanklage vorliegt.«
    Milos tat, was er konnte, um die Gefahr abzuwenden. »Sie bluffen.«
    »Sie sind’s, der hier blufft«, entgegnete Angus. »Sie betreiben keine Mordanklage. Sie möchten ja gar nicht offenlegen, was ich weiß. Von Anfang an wollten Sie’s nicht. Sie sind doch bloß« – letzteres fügte er voller diebischen Vergnügens hinzu – »so ’n Schweinepriester.«
    Milos biß auf seine Nik. Aufgrund seiner Neigung zur Reinlichkeit verspürte er kein Bedürfnis, gegen den Gefangenen tätlich zu werden. Womöglich Angus’ Schweiß und Schmerz mit eigenen Händen zu
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher