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Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses

Titel: Amelia Peabody 09: Ein Rätsel für Ramses
Autoren: Elizabeth Peters
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waren beide tot, und seine Gefühle gegenüber Evelyn und Walter waren die eines gehorsamen und dankbaren Sohnes.
    Wie er zweifellos gehofft hatte, beschäftigte uns das Thema für den Rest der Fahrt, obwohl Ramses unverhältnismäßig still war, Nefret weniger erzählte, als es eigentlich ihre Art ist, und Emerson unruhig hin und her rutschte und sich irritiert die Krawatte richtete, die er auf meinen Wunsch hin trug. Als die Dahabije in Sichtweite kam, seufzte er erleichtert auf, entfernte das lästige Kleidungsstück und öffnete seinen Kragenknopf.
    »Es ist ungewöhnlich warm für November«, erklärte er. »Ich stimme Nefret voll und ganz zu. Auch ich möchte diese unbequemen Kleidungsstücke loswerden. Beeil dich, Peabody.«
    Aus der liebevollen Verwendung meines Mädchennamens und seinem vielsagenden Blick schloß ich, daß er vielleicht auch noch etwas anderes wollte. Trotzdem verharrte ich, nachdem er mir aus der Kutsche geholfen hatte, einen Augenblick, um einen stolzen, bewundernden Blick auf das Boot zu werfen, das ich als unser schwimmendes Heim bezeichnete.
    Emerson hatte die Dahabije einige Jahre zuvor gekauft. Das war eine der romantischsten und anrührendsten Gesten seiner Zuneigung gewesen, denn eigentlich verabscheut er, zu Wasser zu reisen. Er hatte dieses Opfer für mich auf sich genommen, und jedesmal, wenn ich das von ihm auf den Namen Amelia getaufte Hausboot sah, bekam ich Herzklopfen. Die prächtigen Segelboote, die einst den Schiffsverkehr auf dem Nil bestimmt hatten, waren jetzt vielfach von Dampfschiffen und vom Schienenverkehr verdrängt worden, aber ich würde niemals meine besondere Vorliebe für sie verlieren, geschweige denn diese erste wundervolle Reise vergessen, während der Emerson um meine Hand angehalten hatte.
    Die Mannschaft und das Dienstpersonal mit Kapitän Hassan an der Spitze erwarteten uns bereits auf der Landungsbrücke. Nachdem sie die zurückgekehrten Reisenden begrüßt und David und Ramses ihre Höflichkeiten erwidert hatten, wanderte der Blick unseres Sohnes übers Deck.
    »Wo ist Bastet, unsere Katze?« fragte er.
    Ich sah Nefret an. Sie biß sich auf die Lippe und senkte den Kopf. Wir alle hatten uns vor diesem Augenblick gefürchtet. Auch Nefret hatte eine enge Beziehung zu der Stammesmutter unserer stolzen Katzenschar, hing jedoch nicht so sehr an ihr wie Ramses; Bastet war seine Spielgefährtin gewesen und – nach Auffassung einiger besonders abergläubischer Ägypter – viele Jahre lang sein Schutzgeist. Sie wäre sicherlich die erste gewesen, die ihn begrüßt hätte.
    Als ich bemerkte, daß Nefret nicht den Mut aufbrachte, ihm die Nachricht mitzuteilen, räusperte ich mich.
    »Es tut mir leid, Ramses«, sagte ich. »Wirklich, ungeheuer leid. Nefret hat dir geschrieben, aber vermutlich hat dich der Brief nie erreicht.«
    »Nein«, sagte Ramses mit unterkühlter, ausdrucksloser Stimme. »Wann ist es passiert?«
    »Letzten Monat. Sie hat ein langes Katzenleben gelebt, Ramses. Als wir sie damals fanden, war sie schon ausgewachsen, und das ist schon einige Jahre her.«
    Ramses nickte. Kein Muskel in seinem Gesicht regte sich. »Ich habe im letzten Monat einmal von ihr geträumt, aber ich weiß nicht, wann das war.« Ich wollte etwas erwidern, aber er unterbrach mich mit einem Kopfschütteln. »In einem Beduinenlager nimmt man es nicht so genau mit der Zeit. Merkwürdig ist das. Für die alten Ägypter bedeutete es Glück, wenn man von einer großen Katze geträumt hatte.«
    »Ihr Tod war schnell und schmerzlos.« Nefret legte ihm sanft eine Hand auf seinen Arm. »Wir fanden sie zusammengerollt am Fußende deines Bettes. Es war, als schliefe sie.«
    Ramses drehte sich abrupt um. »Ich bin sicher, Mutter möchte mich lieber in zivilisierter Kleidung sehen. Ich gehe mich jetzt umziehen. Entschuldigt mich.«
    Er schlenderte mit seinen wehenden Gewändern fort.
    »Ich habe dir ja gesagt, er würde keinen Wirbel darum machen, Nefret«, sagte ich. »Er ist kein sentimentaler Mensch. Trotzdem meine ich, kurz bevor er sich umdrehte, einen feuchten Schimmer in seinen Augen bemerkt zu haben.«
    »Das hast du dir eingebildet«, sagte Emerson brüsk. »Ihr Frauen seid immer so sentimental. Männer weinen nicht wegen einer Katze.« Er wühlte in seiner Jackentasche, zog ein Taschentuch hervor, betrachtete es nicht wenig überrascht – sein Taschentuch ist fast nie da, wo es sein sollte – und schneuzte sich heftig. »Es war doch schließlich – hmhm – nur eine
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