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Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt

Titel: Amelia Peabody 06 : Verloren in der Wüstenstadt
Autoren: Elizabeth Peters
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gehört«, sagte ich bedrückt. »Manche Frauen werden nach der Geburt eines Kindes von dieser Krankheit befallen.«
    Murtek kauerte sich neben die gewaltige, reglose Gestalt und begann, Gebete zu murmeln.
    »Kommt, Herrin«, sagte Tarek. »Ihr könnt nichts mehr für sie tun.«
    »Du hast ohnehin schon genug getan«, stimmte Emerson ihm zu. Ich sah ihn prüfend an, da ich glaubte, daß er sich über mich lustig machen wollte, doch sein Gesicht war ernst und mitfühlend. Außerdem war es leichenblaß. Obwohl er unbedingt meiner Pflege bedurfte, konnte ich mich nicht zum Gehen entschließen. Ich zögerte, die arme Frau ohne Abschied zu verlassen. Allerdings kamen mir die edlen Worte eines christlichen Begräbnisgottesdienstes in diesem Fall unpassend vor.
    Wie so oft sprang Emerson auch diesmal für mich in die Bresche. Leise und doch volltönend stimmte er »Schlaf, Diener Gottes, im Schutze des Herrn« an.
    Mit diesen Worten wenden sich im Islam die Engel an die neugeborenen Seelen der wahren Gläubigen, die die Prüfung bestanden haben und nun die süße Luft des Paradieses atmen dürfen.
    »Sehr hübsch, mein Liebling«, meinte ich. »Ganz gleich, woher sie stammen, diese Worte sind jedenfalls schön und tröstend.«
    »Und allgemein genug, um für jede Situation zuzutreffen, Peabody.«
    »Mich kannst du nicht täuschen, Emerson«, sagte ich und nahm seinen Arm – den ich rasch wieder losließ, als er vor Schmerz aufschrie. »Dein Zynismus ist nur gespielt.«
    »Hmmm«, brummte Emerson.
    Tarek brachte uns in prächtig ausgestattete Gemächer, die wahrscheinlich noch vor kurzem einen hochrangigen Priester beherbergt hatten.
    »Ruht Euch aus und kommt wieder zu Kräften, meine Freunde. Man wird Euch jeden Wunsch erfüllen; Ihr müßt es nur sagen. Verzeiht, wenn ich Euch nun verlasse, aber es gibt viel zu tun. Wenn es dunkel ist, komme ich zurück, führe Euch zur Karawane und sage Euch Lebewohl.«
    Er eilte hinaus, ehe ich ihm auch nur eine der vielen Fragen stellen konnte, die mir auf der Zunge lagen. »Stör ihn jetzt nicht, Peabody«, sagte Emerson und ließ sich erleichtert auf ein weiches Sofa sinken. »Ein erfolgreicher Thronräuber ist ein vielbeschäftigter Mann.«
    »Er ist kein Thronräuber, sondern der rechtmäßige König, mein Liebling.«
    »Hochstapler, Thronräuber, rechtmäßiger Erbe – das Schlüsselwort lautet >erfolgreich<, Peabody. Gibt es etwas zu trinken? Meine Kehle ist knochentrocken.«
    So an meine Pflichten erinnert, versorgte ich eilig meinen leidenden Gatten. Die Diener, die uns so ehrfürchtig wie Könige behandelten, brachten mir auf meine Bitten hin Wasser, Speisen, Wein und Verbände. Erst nachdem ich Emersons Wunden verarztet und mich vergewissert hatte, daß sich seine Wangen wieder rosig färbten, erlaubte ich ihm zu sprechen. Allerdings verbrachten wir auch die Zeit bis dahin nicht schweigend, denn Ramses hatte viel zu erzählen.
    Ich gestattete es ihm – ja, ich ermunterte ihn sogar –, denn ich war neugierig, wie er vom Tunnel ins Innere der Statue geraten war. Ich tadelte ihn nicht einmal, als er mit vollem Mund sprach. Während er den Braten und das frische Obst verschlang, das man uns gebracht hatte, erklärte er, es handle sich um seine erste Mahlzeit seit fast vierundzwanzig Stunden. »Etwa die Hälfte der Träger waren Anhänger von Tarek. Sie schmuggelten mich vor Tagesanbruch in den Tempel. Wie ihr, Mama und Papa, bestimmt festgestellt habt, ähnle ich den Leuten hier sehr im Aussehen. Also konnte ich mich im Dunkeln des Heiligtums als der Mann ausgeben, der von Nastasen und dem Hohepriester ausgesucht worden war, um die Statue zu bewegen. Der richtige wurde von Tareks Leuten … äh … aus dem Verkehr gezogen. Man versicherte mir, es werde ihm nichts geschehen.«
    Als er innehielt, um eine Portion Trauben herunterzuschlucken, an denen ein gewöhnlicher Junge wahrscheinlich erstickt wäre, fragte sein Vater neugierig: »Aber wie hast du Verbindung mit Tarek aufgenommen?«
    »Dank deiner Warnung, Papa, konnte ich einige nützliche Gegenstände im Tunnel verstecken, ehe ich selbst dort Unterschlupf suchen mußte. Natürlich hatte ich beobachtet, wie Amenit die Falltür öffnete …«
    »Natürlich«, murmelte ich.
    »Erwachsene neigen dazu, Kinder zu unterschätzen«, meinte Ramses mit selbstzufriedener Miene. »Sie gab sich alle Mühe, damit du nicht sehen konntest, was sie tat, Mama. Aber ob ich es sah, kümmerte sie nicht. Außerdem hatte mir Tarek, als ich bei
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