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Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Amelia Peabody 05: Der Sarkophag

Titel: Amelia Peabody 05: Der Sarkophag
Autoren: Elizabeth Peters
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Manor befand. Mit absoluter Sicherheit hatten die Museumsverantwortlichen ein solches Vorhaben nie gebilligt, also mußte sie von dem früheren Grafen oder seinem Sohn, Lord Liverpool, ausgeführt worden sein. Aber warum sollte einer von ihnen so etwas tun? Der verstorbene Graf war lediglich Sammler, aber keinesfalls ein informierter Beobachter der Ägyptologie. Sein Sohn interessierte sich noch weniger für dieses Thema. Und selbst wenn eine naive und unbedarfte wissenschaftliche Neugier zur Freilegung der Mumie geführt hätte, hätte keineswegs die verzweifelte Notwendigkeit bestanden, diese im nachhinein zu vertuschen. Welchen anderen möglichen Grund konnte es geben, eine Mumie zu enthüllen?«
    Emerson öffnete den Mund. An diesem Abend war er merkwürdiger Stimmung, und ich hielt es für klüger, wenn er keine seiner Bemerkungen einwarf. Also fuhr ich hastig fort.
    »Bereits aus dem 12. Jahrhundert stammt der Bericht eines Arztes, der zerstoßene Mumien als Heilmittel verschrieb. Vier Jahrhunderte später gehörte dieses Mittel zur Standardausstattung aller Apotheken in ganz Europa. Zu diesem Zweck wurden unsäglich viele Mumien importiert, und als der Vorrat zur Neige ging, stellten skrupellose Personen sie aus frischen Leichen her.
    Man sollte vermuten, daß der wissenschaftliche Fortschritt und die zunehmende Aufklärung unseres modernen Zeitalters diesen Aberglauben zerstört haben, tatsächlich jedoch gibt es in London immer noch Geschäfte, und, wie ich erfahren habe, auch in Paris und in New York, wo Mumienpulver verkauft wird. Die Dummheit stirbt nie aus, Ramses und meine Herren; und wenn sie mit Verzweiflung einhergeht, dürfen wir uns kaum wundern, daß der junge Graf nur zu gern glauben wollte, daß das außergewöhnliche Mittel, von unberührter und echter Herkunft, kombiniert mit feierlichen Ritualen und Gebeten, seine Heilung bedeuten konnte.
    Genau wie Oldacre lernte Wilson den Grafen über Lord St. John kennen, der ein interessierter Laie der Archäologie ist und einen perversen Sinn für Humor besitzt. An dem ursprünglichen Plan waren sie alle beteiligt. Warum sollte Lord St. John auch nicht teilnehmen, wenn er seinem Freund damit einen Gefallen tun und sich gleichzeitig über die von ihm verachteten Konventionen hinwegsetzen konnte? Zunächst fanden die Rituale und Orgien auf Mauldy Manor statt; von daher ist es nicht verwunderlich, daß die Dienstmädchen gelegentlich merkwürdige Geräusche aus besagtem Raum vernahmen. Dann entdeckte der Vater des Grafen, was in seinem Haus geschah. Er war beileibe kein Heiliger, doch diese Perversionen gingen ihm zu weit; er übereignete die geschändete Mumie dem Britischen Museum und verbat sich weitere Experimente. Kurz darauf starb er; und obwohl es möglicherweise nie bewiesen werden kann, halte ich seinen Jagdunfall nicht für einen Unfall. Es wäre interessant, eine Liste der anwesenden Jagdteilnehmer zusammenzustellen.
    Des weiteren vermute ich, daß Oldacre nicht zu den ursprünglichen Mitgliedern des Komplotts gehörte. Er könnte zufällig entdeckt haben, was sich in den heiligen Hallen des Museums abspielte, und durfte sich dann notgedrungen der Gruppe anschließen. Mit dieser untergeordneten Rolle unzufrieden, verlangte er mehr Einfluß und einen Teil des Geldes, das Wilson von Lord Liverpool erpreßte. Deshalb brachte Wilson ihn um. Er wog sich in ziemlicher Sicherheit, unser feiner Mr. Wilson, bis Emerson und ich die Ermittlungen aufnahmen. Er wußte um unseren Ruf und befürchtete (zu Recht, wie sich herausstellte), daß wir seinen Plan durchschauten. Es war meine Entdeckung von Ayeshas Beteiligung, die Aufschluß in die Sache brachte. Wie Emerson es einmal andeutete, werden die meisten Opiumhöhlen von Indern oder Chinesen betrieben; es war kein reiner Zufall, daß Lord Liverpool seinen Drogenvorrat aus ebendiesem Etablissement bezog. Er kannte die Spelunke und Ayesha und Wilson, der in Ägypten gearbeitet hatte, und hatte Kontakte zu der hier ansässigen ägyptischen Gemeinschaft.
    Schließlich sah sich Wilson mit einem weiteren gefährlichen Dilemma konfrontiert. Der Graf würde bald sterben; die abscheuliche, wenn auch einträgliche Farce konnte nicht beliebig weitergeführt werden. Am Anfang hatte Lord St. John noch bereitwillig an dem Plan mitgewirkt; alle übernahmen wechselseitig die Rolle des Seth -Priesters, weshalb uns auch das Verhalten des geheimnisvollen Individuums so verwirrte – einmal wirkte er zögernd und verunsichert,
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