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Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Am Sonntag blieb der Rabbi weg

Titel: Am Sonntag blieb der Rabbi weg
Autoren: Harry Kemelman
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hatte einen verrückten Tag. Überall gab’s Ärger.»
    «Kommt vor. Machen Sie jetzt Feierabend?»
    «Ich schau noch in Lynn rein, dann ist Schluss für heute.»
    «Also dann – schönes Wochenende, Mr. Paff. Und machen Sie sich keine Gedanken.»
     
    Die Kegelbahn in Lynn lag ausgestorben. Nur der Manager lehnte an der Theke und paffte an seiner Zigarre.
    «Lahmer Tag, was, Henry?»
    «Vor dem Abendessen ist nie viel los. Sie kommen doch sonst immer viel früher, Mr. Paff.»
    «Ich war heute zuerst in Gloucester. Alles in Ordnung hier? Es wäre kein ausgesprochener Luxus, wenn die Aschenbecher mal ausgeleert würden.»
    «Ich wollt nur ein paar Minuten verschnaufen. In ’ner halben Stunde ist hier der Teufel los.»
    «Sie haben ja nur noch eine Stunde Dienst.»
    «Ja – falls Moose pünktlich ist. Bisher ist er diese Woche jeden Abend zu spät gekommen.»
    Draußen fuhr ein Wagen vor; zwei Männer stiegen aus und gingen auf die Tür zu.
    Henry hob eine Augenbraue. «Bullen!», sagte er leise.
    «Polizei? Was hat denn die hier zu suchen?»
    «Hallo, Jungs!», begrüßte Henry die Polizisten in Zivil. «Bisschen kegeln?»
    «Heute nicht, Henry. Wir wollen uns bloß mal in deinem Laden umsehen.» Der eine schritt zielbewusst auf den schmalen Gang zu, in dem sich die Toiletten befanden. Henry kam hinter der Theke hervor und beobachtete ihn, wie er vor der Tür mit der Aufschrift LADYS stehen blieb.
    «Jemand drin?», rief er.
    «Nein, aber Sie können da nicht rein!», protestierte Henry.
    «Warum nicht?»
    «Können Sie nicht lesen? Das ist das Damenklo.»
    «Na und? Ich hab eben so was Feminines.» Er stieß die Tür auf.
    Der zweite Polizist hatte einen der Aschenbecher auf den Boden geleert und untersuchte den Inhalt.
    Paff ging auf ihn zu. «Was soll das alles?», fragte er.
    «Warum fragen Sie? Wer sind Sie?»
    «Ich heiße Paff. Ich bin der Besitzer.»
    «Gehn Sie mal zur Seite – Sie stehn mir im Licht.» Er erhob sich, ging zur nächsten Bahn und wiederholte das Manöver. «Polizeisache», knurrte er endlich. «Wir haben einen Tipp bekommen und müssen der Sache nachgehen … Kommen Sie oft her?»
    «Na ja – so alle paar Tage. Manchmal auch nur einmal in der Woche, je nachdem.»
    «Sagen Sie mal – wollen Sie den Dreck so liegen lassen?», erkundigte sich Henry böse.
    «Warum? Habt ihr keinen Staubsauger?»
    «Schon. Aber habt ihr einen Durchsuchungsbefehl?»
    «Nicht, Henry», sagte Paff. «Lassen Sie doch!»
    «Durchsuchungsbefehl?» Der Polizist sah den Manager überrascht an. «Wozu denn? Dies ist ein öffentliches Lokal, und mein Kollege musste mal aufs Klo.»
    «Aber nicht aufs Damenklo.»
    «Schluss, Henry!» Paff wandte sich an den Polizisten. «Würden Sie mir jetzt sagen, was Sie hier suchen?»
    «Wir suchen pot , Mister. Marihuana.»
    «Ausgerechnet hier?»
    Der zweite Beamte, der hinzugetreten war, schüttelte den Kopf als Antwort auf den fragenden Blick seines Kollegen.
    «Wir haben einen Tipp bekommen, und jetzt müssen wir der Sache nachgehen», fuhr der erste fort. «Kommen hier manchmal Jugendliche her, die high sind?», erkundigte er sich bei dem Manager.
    «Die spielen doch alle high!», fauchte Henry. «Aber deswegen dürft ihr noch lange nicht ohne Durchsu…»
    «Ach nee? Hör zu, Junge: Wenn wir erst mit’m Befehl kommen, dann nehmen wir den ganzen Laden hier auseinander.»
    Paff legte sich ins Mittel. «Kein Grund zur Aufregung», sagte er zu dem Beamten. «Natürlich helfen wir der Polizei – ganz klar.»
    «So? Dann sagen Sie das gefälligst auch dem da.»
     
    Zu Hause wurde Paff schon an der Haustür von seiner Frau empfangen. «Wo warst du? Es ist schon spät – ich hab mir Sorgen gemacht. Komm schnell, das Essen steht schon auf dem Tisch!»
    «Ich bin nicht hungrig, Laura. Ich bin todmüde. Ich werde später essen.»
    «Aber wir müssen zur Synagoge, Meyer. Es ist Freitagabend»
    «Ich glaube, ich geh heute nicht. Ich bin zu erledigt»
    «Komm, Meyer – setz dich und iss was; dann wirst du dich gleich besser fühlen … Und dann gehen wir in die Synagoge, und hinterher kannst du dich ausruhen. Heute ist doch Gottesdienst der Männergemeinde, da gehst du doch immer gern hm.»
7
    Ted Brennerman schritt zum Rednerpult, wahrend sich die Gemeinde erwartungsvoll zurücklehnte. Er galt als temperamentvoll und eigenwillig. («Der Brennerman, das ist ’ne Nummer. Der nimmt kein Blatt vor den Mund!») Er stützte sich in einer unübersehbar von Rabbi Small entlehnten Pose aufs
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