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Am Rande Der Schatten

Titel: Am Rande Der Schatten
Autoren: Brent Weeks
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Reihen, als fürchte er die Versuchung, ihnen allzu nahe zu kommen.
    Zu guter Letzt und nachdem er die letzte Gruppe verschlungen hatte, die groß genug war, um sich für ihn zu lohnen, floh der Ferali in Richtung der Berge. Cenaria war entweder gesegnet oder vom Glück begünstigt, oder Lilly hatte sich besser unter Kontrolle, als Logan gehofft hatte, denn der Ferali bewegte sich in eine Richtung, in der es auf hundert Meilen keine Dörfer gab.

    In der Stille stieß jemand ein Freudengeheul aus. Einen Moment lang hing der Laut allein in der Luft. Logan hatte ein neues Pferd bekommen, und im Sattel sitzend drehte er sich um und nahm abermals den Blick von Tausenden von Augenpaaren wahr, die auf ihn gerichtet waren. Warum sahen sie ihn alle an?
    Dann jubelte erneut jemand, und der Gedanke drängte sich in Logans Bewusstsein: Sie hatten gesiegt. Irgendwie und gegen alle Wahrscheinlichkeit hatten sie gesiegt.
    Zum ersten Mal seit Monaten verzog sich Logans Mund zu einem Grinsen. Dies entfesselte eine Sturzflut, und plötzlich konnte niemand aufhören zu lächeln oder aufhören zu brüllen oder aufhören, seinen Kameraden auf die Schulter zu schlagen. Es spielte nicht länger eine Rolle, welcher Adelsfamilie das Banner gehörte, unter dem sie gekämpft hatten. Agons Hunde umarmten Männer in Uniform von Cenarias Stadtwache: ehemalige Diebe und ehemalige Wachposten, die als Freunde beieinanderstanden. Edelleute standen Arm in Arm mit Bauern da und brüllten gemeinsam. Die zerschmetterten Glieder des Landes schienen sich neu zu formen, noch während Logan die Armee betrachtete, deren Reihen jetzt dicht geschlossen waren. Sie hatten gesiegt. Der Preis war furchtbar gewesen, aber sie hatten sich gegen die Macht eines Ungeheuers und die Magie eines Gottes gestellt, und sie hatten gesiegt.
    Ein Schrei erhob sich über das Klirren von Schwertern und Speeren, die rhythmisch auf Schilde geschlagen wurden.
    »Was sagen sie?«, rief Logan Agon zu, aber noch während er die Frage stellte, konnte Logan die Worte ausmachen, im Rhythmus mit jedem Krachen eines Schwerts auf einen Schild geschrien: »KÖNIG GYRE! KÖNIG GYRE! KÖNIG
GYRE!« Es war kühn; es war verräterisch; es war schön. Logan suchte im Gedränge nach Terah Graesin. Sie war nirgends zu finden. Und dann lächelte er wirklich.

72
    Der tote Gott fiel wie ein Sack Weizen. Vi zitterte, aber die Vir, die sich um ihren Körper geschlungen hatten, schienen ihr keinen Schaden zugefügt zu haben. Kylar starrte ungläubig auf Garoth Ursuuls Leichnam.
    Kylars Schicksal lag tot auf dem Boden, und Kylar hatte ihn nicht getötet.
    Der Wolf hatte seinen Teil des Handels gehalten: Kylar lebte. Aber irgendetwas fühlte sich anders an. Vi starrte ihn an, immer noch zitternd und aufgewühlt. Die Tränen brannten noch immer heiß und nass auf ihren Wangen. Er blickte auf und las Schock und Furcht in jeder Linie ihres Körpers - zusammen mit einem Anflug von Hoffnung?
    Was zur Hölle? Seit wann kann ich sehen, was eine Frau fühlt?
    Vi war bespritzt mit dem Blut des Gottkönigs. Es war unsichtbar auf ihrer dunkelgrauen Blutjungenrobe, aber die roten, nassen Flecken in ihrem Ausschnitt boten einen schrecklichen Anblick.
    Als Kylar sie ansah, war sie so außer sich, dass er sie gern in die Arme genommen hätte. Sie brauchte seine Liebe, brauchte ihn, damit er sie aus dem Tal des Todes führte, das der Weg der Schatten war. Jetzt kannte er den Weg hinaus. Der Weg war Liebe. Sie würden sich auf die Suche nach
Uly machen, und er und Vi würden diesen Pfad zusammen beschreiten …
    Ich und Vi?
    Ihre Augen weiteten sich vor Furcht und Reue. Sie weinte. Für den Bruchteil einer Sekunde wollte er verstehen, aber dann hoben sich seine Finger langsam zu seinem Ohr. Dort war ein Ohrring, ein perfekter Ring ohne Öffnung, und er war erfüllt von einer so mächtigen Magie, dass Kylar sie in den Fingerspitzen spüren konnte.
    »Es tut mir so leid«, sagte sie und wich vor ihm zurück. »Es tut mir so leid. Es war die einzige Möglichkeit.« Sie drehte sich um, und er sah sein letztes Geschenk an Elene - sein Gelöbnis von Liebe, für das er sein Geburtsrecht verkauft hatte -, das in Vis Ohr glänzte.
    »Was hast du getan?!«, brüllte er, und er konnte erkennen, dass sein Zorn durch den Ohrring vervielfacht wurde. Während Kylars Wut auf Vi prallte, konnte er ihre Reue spüren, ihr Entsetzen, ihre Verwirrung, ihre Verzweiflung, ihren Selbsthass und … bei allen Höllen, ihre Liebe? Liebe! Wie konnte
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