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Am Ende der Straße

Am Ende der Straße

Titel: Am Ende der Straße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Keene
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lassen. Aus dem Schatten unter einer mächtigen, sterbenden Eiche trat Dez hervor.
    »Heilige Scheiße«, keuchte ich. »Du hast mich zu Tode erschreckt, Mann.«
    »Tut mir leid. Ich habe dich beobachtet. Ich wusste nicht, was du hier willst. Aber dann ist mir wieder eingefallen, wer du bist. Du bist der Mann, der so nett zu mir war.«
    »Ich… schätze schon.«
    »Doch, das warst du«, bekräftigte er. »Ich erinnere mich an dein Gesicht und an deine Farben – die Farben, die die meisten Menschen nicht sehen können. Dein Name ist Robbie. Robbie Higgins. Du warst nett. Du hast mich nicht beschimpft oder mit Sachen nach mir geworfen, wie manche Leute das tun. Das ist nett. Aber die Tür
wird sich trotzdem nicht für dich öffnen, ganz egal, wie nett du bist.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil sie dich nicht kennt«, wiederholte er und zeigte dabei auf das Symbol an der Tür. »Siehst du das da?«
    Ich nickte. »Klar.«
    »Das ist wie ein ganz spezielles Schloss. Es öffnet sich nur für mich.«
    »Noch mehr Runen und magische Bilder, wie?«
    Dez zuckte mit den Schultern. »Das sind nur Worte. Nur eine andere Art von Worten. Worte sind wichtig. Worte und Namen. Sie bedeuten alles. Wenn du den Namen von etwas kennst und dazu noch die Worte, die dafür sorgen, dass es verschwindet, dann ist das eine gute Sache, nicht wahr? Dann hast du Macht darüber.«
    »Klar, wenn du meinst.«
    »Möchtest du reinkommen? Ich habe Limonade, aber kein Eis.«
    Ich nickte. »Das wäre echt erfrischend jetzt, ja.«
    »Nein, sie ist warm. Wie gesagt, ich habe kein Eis.«
    Ich unterdrückte ein Schmunzeln. »Warm ist auch gut.«
    Dez schaute zum schwarzen Horizont und schauderte. »Sie beobachtet uns.«
    »Wer?«
    »Sie, deren Name nicht genannt werden darf. Es ist wie ein riesiger Tumor, der das ganze Universum infiziert. Und jetzt ist es hier. Begreifst du denn gar nichts?«
    »Eigentlich nicht. Deswegen bin ich hier. Ich hoffe, du kannst mir erklären, was zur Hölle eigentlich passiert ist. Und ich muss dir etwas sagen.«

    »Drinnen. Wir sollten das nicht hier draußen besprechen. Sie könnte uns hören.«
    Dez zog an der Tür, und sie öffnete sich problemlos. Er ging hinein, und nach einem Moment des Zögerns folgte ich ihm. Die Tür fiel hinter uns zu. Ich ließ den Strahl meiner Taschenlampe über die Wände wandern. Das Innere des Schuppens spiegelte auch den äußeren Zustand wider. Er war voller Schrott – alte Rasenmäher, Benzinkanister, Schaufeln, Hacken, Rechen, Gartenkrallen, Baumscheren, Kanister mit Unkrautvernichter und Rattengift, Plastikblumengestecke und winzige amerikanische Flaggen für den nahe gelegenen Friedhof, Feiertagsdekorationen, ein Planschbecken und anderes Zeug. In einer Ecke des Schuppens, wo das Dach noch einigermaßen stabil wirkte, waren sechs Holzpaletten nebeneinander aufgestellt und mit dicker Pappe bedeckt worden, so dass sie eine rechteckige Plattform bildeten. Auf dieser Plattform lagen eine halb aufgepumpte Luftmatratze, ein paar schmutzige Kissen, Laken und Bettdecke, eine Kühlbox aus Styropor und ein kleiner Petroleumofen. Während ich wartete, zündete Dez den Ofen an, dessen orangefarbenes Glühen bald den Schuppen beleuchtete. Die Gesichtszüge des Obdachlosen wirkten in diesem Licht nicht mehr ganz so abgehärmt. Irgendwie sanfter. Ich machte die Taschenlampe aus. Dez wühlte in der Kühlbox herum und reichte mir dann eine warme Dose Ginger Ale.
    »Danke.«
    »Gern geschehen.«
    »Also… du lebst hier?«

    Er nickte. »Ja. Die Leute von der Kirche waren sehr nett. Es hat ihnen nichts ausgemacht, dass ich hier gewohnt habe. Und jetzt sind die meisten von ihnen verschwunden – und die, die nicht verschwunden sind, kommen nicht mehr hierher. Ich bin der Einzige, der noch da ist.«
    »Ja, also, hör mal, Dez. Ich würde dir gerne ein paar Fragen stellen über das, was mit uns passiert ist. Weißt du noch? Die Dunkelheit?«
    »Ich habe euch gerettet.«
    »Ja, das hast du. Du hast uns alle gerettet. Wenn du nicht gewesen wärst, wären wir alle schon längst völlig am Arsch. Und wie ich dir draußen bereits gesagt habe, verstehe ich nicht so ganz, was eigentlich los ist. Ich muss mehr darüber erfahren. Würdest du also mit mir darüber reden?«
    Er runzelte zweifelnd die Stirn. »Und du wirst mich nicht als Teufelsanbeter beschimpfen?«
    »Nein, warum sollte ich das tun?«
    »Die Frau, die mit euch gegangen ist, hat mich so genannt. Und sie erzählt das auch den anderen. Sie denkt, ich

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